Eine von Zweien (German Edition)
drei Stunden mussten wir auch langsam aufbrechen. Ich war schon ganz
gespannt. Ich hoffte, wenn ich nach Hause kommen würde, würde Alice mit Anna
schon da sein. Ich freute mich auf meine Schwester und auch darauf, meine
Nichte zu sehen. Ich wollte auch unbedingt mit Beth sprechen, mich mit ihr über
das Gehörte austauschen. Es war schon merkwürdig: Für die vier Mädels mit denen
ich hier am Tisch saß, war ich noch Beth, aber im Vergleich zu meiner Beth
wusste ich, wieweit ich vom Beth-Sein noch entfernt war. Hatten sie es nicht
gemerkt? Wohl nicht. Sie gaben mir die Möglichkeit, so zu tun, als ob ich Beth
schon sehr viel mehr ähnelte. Es gab mir Antrieb, Beth Aufgaben noch
fokussierter zu erledigen und dranzubleiben. Dranzubleiben an der Suche nach mir
selbst, was ich wirklich wollte und brauchte, auch wenn ich vielleicht
Entscheidungen in der nahen Zukunft treffen musste, die auch unangenehm sein
können. Ich würde alles offen lassen. Einfach schauen, was ich brauchte. Das
war zumindest mein Plan und mit Beth an meiner Seite –so war ich mir
sicher- könnte ich ihn auch erfüllen.
Wir zahlten und verabschiedeten uns alle herzlich. Mir wurde
das Versprechen abgenommen, mindestens alle drei Monate wieder nach Nürnberg
zurückzukommen. Würde ich mich nicht daran halten, würden sie mich eine nach
den anderen immer wieder aus Berlin holen. Für mich war es ein Leichtes, dieses
Versprechen abzugeben. Ich hatte es so genossen, wieder mit meinen Mädels
zusammenzusitzen und einfach nur zu reden, über nichts und wieder nichts. Mit
keinem Ziel, das erreicht werden musste, einfach nur zusammenzukommen um gemeinsam
Zeit zu verbringen und nicht, um zu arbeiten. Ich fragte mich auf dem Heimweg, wie
ich es all die Zeit ohne solche Treffen hatte aushalten können? Ich hatte mich
einfach immer mit der Arbeit abgelenkt, oder Sport getrieben. Ich konnte es mir
jetzt, wo ich die Luft der Freundschaft wieder geschnuppert hatte, nicht mehr
erklären. Ich war mir sicher, dass ich immer versuchen würde, die
Drei-Monats-Verabredung einzuhalten. In der Zwischenzeit, um mich über die
Runden kommen zu lassen, würde ich Kathrin in Beschlag nehmen, sie einfach
überzeugen, sich mit mir zu treffen. Ob sie wollte oder nicht. Bei dem Gedanken
daran musste ich grinsen. Wie konnten sich Dinge so schnell ändern? Zum Glück
hatte ich ja auch noch Beth an meiner Seite. Mit ihr verbrachte ich neuerdings
auch richtig gerne Zeit.
Vor der Haustür angekommen, hörte ich schon von drinnen ein
lautes, schrilles Quieken. Da es keine Tiere im Haus meiner Eltern gab, musste
es sich um die Laute meiner kleinen Nichte handeln. Ich konnte es plötzlich
kaum mehr erwarten, sie kennenzulernen. Ich schloss schnell die Tür auf und
wäre beinahe in meiner Hast in den Kinderwagen gelaufen, der im Flur geparkt
war. Lachen kam aus dem Wohnzimmer. Als ich ins Zimmer kam, lag die kleine Anna
am Boden auf dem Rücken und erfreute sich daran, mit ihren nackten Füßen zu spielen.
Immer wieder juchzte sie einfach so, ohne Grund. Sie war das hübscheste Kind,
das ich je gesehen hatte. Kinder hatte sonst nie eine Faszination auf mich
ausgeübt und ich konnte nie richtig verstehen, warum so viele Menschen immer
dahinschmolzen, wenn sie ein Baby sahen. Aber bei Anna war das anders. Sie
hatte mich sofort in ihren Bann gezogen. Auch Alice, sie stand auf und kam auf
mich zu und mir blieb die Spucke im Halse stecken. Sie war schon immer die
hübschere von uns beiden gewesen, aber die Schwangerschaft, die neuen Rundungen
und das Mutterdasein standen ihr so gut! Sie war für ihre Verhältnisse
ungewöhnlich natürlich. Vor der Schwangerschaft war sie, ohne viel Aufwand zu
betreiben, immer auf der Höhe der neuesten Trends. Jetzt war sie in einer
gemütlichen Jogginghose und Strickjacke unterwegs. Trotzdem war sie unfassbar
hübsch! Sie strahlte einfach von innen. Sie sah zugegeben sehr müde aus, aber
mit so einem kleinen Ding an ihrer Seite, da war nichts anderes zu erwarten.
„Du siehst wunderschön aus!“ stammelte ich, als wir uns
umarmten.
Es musste die Luft hier in Nürnberg sein. Was war hier los,
alle hatten sich in wunderschöne Frauen verwandelt! Oder hier waren einfach
alle rundum glücklich? War das schon immer so gewesen und ist es mir vorher
einfach nie aufgefallen? War ich jetzt erst aufmerksam genug, um es zu sehen?
Oder trug ich gerade eine riesige rosarote Brille? Vielleicht von allem ein
wenig. Bis jetzt war ich eigentlich immer darauf
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