Eine Welt für Menschen
abergläubisch wäre, würde ich sagen, es hat jemand diese Stadt verhext.«
Ashley antwortete nicht. Er spürte einen Schauder des Grauens.
Zwei Stunden später war einigermaßen für Ruhe gesorgt. Die Menschen der CONQUEST hatten sich der freistehenden Wohnungen bemächtigt und fühlten sich in der Geborgenheit ihrer neuen Behausungen einigermaßen sicher. Die Angst allerdings war nicht gewichen. Stichproben, die Bob Koenig und Ashley Bannister gemeinsam durchführten, ergaben, daß die meisten ihre Wohnungstüren sorgfältig verriegelt hielten. Nach dem Grund befragt, wußten sie keine Antwort. Es sei ihnen unheimlich, sagten sie.
Kommunikationsmittel waren inzwischen gefunden worden. Sie waren – im Vergleich mit den Möglichkeiten, die den Qahiren zur Verfügung standen – primitiv. Es handelte sich um eine Art Telephonsystem. In jeder Wohnung fand sich ein Rufverzeichnis. Die Qahiren hatten jedem einzelnen Appartement einen besonderen Rufkode zugeteilt. Das System war übersichtlich, aber trotzdem brauchten die Menschen der CONQUEST den Rest des Tages, um die Systematik zu durchblicken und jedem Appartementsbewohner mitzuteilen, welches sein Kode war und wie er seine Nachbarn – und vor allen Dingen den Kommandostand in der Stadtmitte – erreichen konnte. Diese Aufgabe war Chet Sawyer zugefallen, der sich inzwischen mit einem Stab von achtzig Helfern umgeben hatte. Ashley Bannister und Bob Koenig erforschten inzwischen die Stadt und versuchten zu erkennen, in welcher Umgebung die Qahiren ihre Prüfung durchzuziehen beabsichtigten.
Die städtische Anlage war leicht zu überblicken. Es gab eine Längsstraße und eine etwas kürzere Querstraße. Unweit der Kreuzung befand sich das Gebäude, von dem aus die Verantwortlichen »regierten«. Zu beiden Seiten der Straßen standen Wohnhäuser von variabler Architektur. Die Mehrzahl besaß außer einem Erdgeschoß drei Stockwerke, aber es gab ein paar höhere. In den Erdgeschossen mehrerer Gebäude waren große, leere Räume untergebracht, die offensichtlich nicht Wohnzwecken dienten, sondern von den Einquartierten nach ihren Bedürfnissen hergerichtet werden sollten. Überall gab es Licht, Klimatisierung, Wasser, Proviant und Getränke, außerdem sanitäre Einrichtungen und die entsprechende Kanalisation. Daß sich die Stadt in tropischem Gelände befand, wurde jedem offenbar, der sich aus dem klimatisierten Inneren eines Hauses hinaus auf die Straße bewegte. Bob Koenig und Ashley Bannister fanden mehr als das. Sie drangen bis an die vier Enden der beiden Straßen vor und erkannten, daß ihre Stadt von einer weglosen Wald- und Buschlandschaft umgeben war, die sich in allen vier Himmelsrichtungen bis an den Horizont erstreckte. In der Ferne gab es ein paar bewaldete Hügel; aber es war völlig unmöglich, aus dieser Warte zu erkennen, in welcher Gegend der Erde man sich befand.
Die Hitze war drückend. Ashley Bannister erinnerte sich nicht, dergleichen auf Pellgons Domäne empfunden zu haben. Dort, wo sie wohnten, hatten die Qahiren das Wetter wahrscheinlich unter Kontrolle. Nur in der Wildnis ließen sie der Natur ihren freien Lauf.
Es ging auf den Abend zu. Sie hatten das südliche Ende der Längsstraße erreicht. Der Straßenbelag bestand aus einer glasharten, hellgrauen Substanz. Zehn Meter jenseits des letzten Gebäudepaars endete er abrupt, und die Trasse selbst verlor sich ein paar Schritte weiter im tropischen Busch.
Bob Koenig sah in die trostlose Landschaft hinaus.
»Merkst du was?« fragte er. »Kein Vogel, keine Grille. Sie scheinen ihre Erde von allem minderen Getier befreit zu haben.«
Ashley horchte. Bobs Beobachtung war richtig. Die Buschlandschaft gab kein Geräusch von sich außer dem leisen Sausen des Windes.
»Du hast was gegen sie, nicht wahr?« fragte er.
»Gegen Pellgon und die ganze aufgeblasene Bande? Und wie!«
»Du bist dir darüber im klaren, daß wir es mit gänzlich fremdartigen Mentalitäten zu tun haben«, sagte Ashley. »Die Qahiren stehen uns nicht näher, als wenn wir sie auf einem völlig fremden Planeten gefunden hätten. Sie sind so weit von uns entfernt wie … wie …«
»Wie die Steinwesen auf Kronos?« ergänzte Bob den Satz.
»Ja. Etwa so weit.«
»Aber sie haben Ideale«, widersprach Bob. »Friede, Schönheit, Harmonie. Das sind Begriffe, die wir verstehen. Wie wär’s mit ein paar mehr Dingen? Anstand, Aufrichtigkeit, Bescheidenheit?«
Ashley dachte darüber nach. Er fand keine Antwort. Bob hatte
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