Eine zweite Chance für den ersten Eindruck (German Edition)
stehen.
Oben angekommen kann ich es kaum erwarten, unter die heiße Dusche zu gehen und mir die Anspannung des Tages vom Körper zu waschen. Eine Nachricht von Eric lässt noch einen großen Teil dieser Anspannung von mir abfallen.
Egal wie es morgen für deinen Bruder läuft, ich werde ein Auge darauf haben, dass es nicht zu sehr eskaliert. Die Jungs sind nicht so schlimm, wie ihr glaubt. Sweet dreams. Eric
10.
Einen Tag nach dem Coming-out meines Bruders bin ich mit Jule, David und Thorsten im Schwimmbad. Wir liegen entspannt auf einer Reihe Liegen am Beckenrand und beobachten das Treiben im Becken. Mein Bruder ist glücklich. So glücklich, wie ich ihn lange nicht mehr erlebt habe. Das Team hat die Nachricht tatsächlich gut aufgenommen. Die meisten haben sich über die Nachricht der Hochzeit einfach nur gefreut. Sie haben ihm gratuliert und direkt der Einladung zugesagt. Ein paar von den Jungs haben sich lieber im Hintergrund gehalten und die Neuigkeit stillschweigend aufgenommen. Ich habe gestern Abend noch mit Eric telefoniert und er meint, der Rest würde auch noch drüber wegkommen.
David liegt neben mir und grinst wie ein Honigkuchenpferd. Ich freue mich so sehr für die Beiden, auch wenn das nicht heißt, dass schon alle Hürden überwunden sind. Doch der größte Schritt ist gemacht.
Immer wieder kann ich beobachten, wie Thorstens Hand zaghaft zu David wandert, doch im letzten Moment zieht er sie wieder zurück.
Jule wird das Spielchen langsam zu blöd. Sie kann es nicht unkommentiert lassen. „Mein Gott, Thorsten. Jetzt nimm schon seine Hand. Ihr seid bei Weitem nicht so interessant, wie du glaubst. Die Leute sind viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um euch beim Händchen halten zu beobachten.“
Ich kann nicht anders, als laut loszulachen. Dezente Hinweise waren noch nie ihr Ding.
„Komm, Jule. Wir gehen in den Whirlpool und lassen die Zwei noch ein bisschen alleine turteln“, sage ich und ziehe sie von der Liege hoch.
Unser Gang zum Whirlpool bleibt nicht unbeachtet. Das mag daran liegen, dass ich rote Haare und Jule eine voluminöse, blonde Lockenpracht auf dem Kopf hat. Es könnte aber auch daran liegen, dass wir beide exakt den gleichen schwarzen Triangel-Bikini tragen.
Als wir uns vor den Umkleiden gegenüberstanden, bekamen Thorsten und David einen hysterischen Lachanfall. Sie haben Tränen gelacht und bekamen sich kaum noch ein. Dabei war das wirklich nicht beabsichtigt. Wir wussten noch nicht mal, dass wir beide im Besitz des gleichen Bikinis sind.
Mit einem Seufzer lasse ich mich im heißen Wasser des Whirlpools nieder. Zum Glück sind wir gerade die einzigen Badegäste hier drin. Ich hasse es, wenn geile, alte Männer mit mir füßeln wollen. Jule setzt sich gleich neben mich und legt mit geschlossenen Augen den Kopf in den Nacken.
„Wie läuft es mit Eric?“, fragt sie.
„Gut. Glaube ich. Ich weiß auch nicht. Er gibt sich Mühe und ich habe Probleme, mich zu beherrschen.“
Jule lacht. „Jetzt macht er es schon richtig und du würdest ihn am liebsten gleich wieder anspringen. Verstehe ich das richtig?“
„So was in der Art, ja. Ich meine, hast du ihn mal gesehen?“
Jule sieht in die Ferne. „Ja, hab ich. Ich sehe ihn sogar jetzt gerade. Nur in Shorts. Und ich verstehe deine Probleme“, sagt sie verträumt.
Ich folge ihrem Blick und sehe Eric, der mit Lucy im Wellenbecken tobt. OH. MEIN. GOTT.
„Was macht er denn hier?“, frage ich mit glasigem Blick. Jule grinst mich von der Seite an. „Woher soll ich das denn wissen? Komm, wir gehen mal rüber.“
Sie zieht mich aus dem Whirlpool und schleift mich unter Protest zum Wellenbecken. Eine junge Frau, die ich als Erics Schwester wiedererkenne, sitzt am Beckenrand und lässt die Füße ins Wasser baumeln. Mit einem zufriedenen Lächeln beobachtet sie die Beiden.
„Jule, ich geh da nicht rein. Ich habe nicht vor, meinen Bikini in den Wellen zu lassen. Das käme überhaupt nicht gut, vor einem unserer Kindergartenkinder.“
„Aber ich kenne jemanden, der sich darüber vermutlich sehr freuen würde“, erwidert sie und zieht mich in die Fluten.
Lucy entdeckt uns zuerst und brüllt lauthals durch die ganze Halle. „Miss Nina! Miss Jule! Look! I can fly!“ Eric wirft sie in dem Moment in die Luft und lässt sie beinahe ins Wasser fallen, weil er sich zu uns umdreht. Im letzten Moment packt er sie, bevor sie untertaucht.
Er wechselt ein paar Worte mit Lucy und setzt sie sich dann auf die
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