Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einer trage des anderen Schuld

Einer trage des anderen Schuld

Titel: Einer trage des anderen Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
ins Wasser befördert wurde. Oder haben wir uns getäuscht? Die nächste Werft ist meilenweit entfernt, und wozu ihn den ganzen Weg zurücktragen? Nur um uns zu verwirren?«
    Orme schürzte die Lippen. »Geplant!«, erklärte er im Brustton der Überzeugung. »Jemand ist mit dem Vorsatz, ihn zu töten, gekommen. Keine Überraschung, wenn man seinen Beruf bedenkt. Die einzige Überraschung ist, dass es nicht schon früher geschehen ist.«
    »Vielleicht passten ’Orrie, Crumble und Tosh auf ihn auf«, überlegte Monk laut. »In diesem Fall wurden sie entweder überlistet, oder aber sie wechselten die Seiten, und mindestens einer hatte ihn an seinen Mörder verkauft.«
    Orme blickte ihn von der Seite an. Belustigung, bei ihm etwas Seltenes, funkelte in seinen Augen. Gefiel ihm Monks Idee womöglich? Doch bevor dieser vollkommene Sicherheit erlangen konnte, schaute Orme schon wieder weg. »Wir sollten wohl besser nach dem Kerl suchen, der es gewesen sein könnte«, sagte er mit ausdrucksloser Stimme.
    Sie verbrachten den Vormittag damit, alle möglichen Männer zu befragen, die sich an oder auf dem Fluss ihren Lebensunterhalt verdienten: Bootsbauer, Schiffszimmerleute, Schiffsausrüster, Lieferanten von Rudern, Riemen und anderen Bestandteilen von Booten. Allerdings erfuhren sie nichts, was sie weiterbrachte.
    Zu Mittag verzehrten sie einen Laib Brot, kalten Braten und Hühnerfleisch und tranken jeder ein Glas Bier. Danach begann Orme, die Fährmänner zu verhören. Monk kehrte nach London zurück, wo er erneut mit ’Orrie Jones sprechen wollte. Wie am Vortag traf er ihn im Keller des Gasthauses beim Schleppen von Bierfässern an.
    »Ich hab’s Ihnen doch schon gesagt«, knurrte ’Orrie, und sein eines Auge bewegte sich unkontrolliert, während das andere Monk fixierte. »Ich hab ihn zum Boot rausgefahren. Nach elf war das. Er hat gesagt, dass ich ihn wieder holen soll, aber dann bin ich aufgehalten worden und hab mich verspätet. Als ich dann dort kurz vor eins ankam, war er weg. Ich hab sonst niemand gesehen und weiß nich’, wer ihn umgebracht hat.«
    »Weswegen wollte er eigentlich zu dem Boot hinaus?«, fragte Monk geduldig. Er wusste nicht, warum er überhaupt noch fragte. Wahrscheinlich verschwendete er damit seine Zeit. Er tat es wohl nur, um sich selbst davon zu überzeugen, dass er ernsthaft versuchte, die Wahrheit zu ermitteln und Parfitts Mörder zu überführen.
    ’Orrie, der sich gegen einen Stapel Fässer gelehnt hatte, starrte ihn ungläubig an. »Woher soll ich das wissen? Glauben Sie etwa, dass ich ihn gefragt hab?«
    »Wem sonst haben Sie davon erzählt?«, drängte Monk.
    ’Orrie starrte ihn empört an. »Niemand! Wollen Sie sagen, dass ich ihn in die Falle gelockt hab?«
    »Haben Sie?« Denkbar war es zumindest: ein Kampf um Beute.
    »Natürlich nich’!«, ereiferte sich ’Orrie. »Wieso sollte ich so was tun?«
    »Wegen Geld«, erwiderte Monk. »Oder weil Sie vor dem, der Sie bezahlt hat, noch größere Angst hatten als vor Mickey Parfitt.«
    ’Orrie holte schon Luft, um wütend zu widersprechen, überlegte es sich dann aber anders und stieß sie wieder aus. Von der Seite her musterte er Monk, und zum ersten Mal schauten beide Augen mehr oder weniger in dieselbe Richtung. »Ich hab’s niemand erzählt, aber Mickey is’ dort oft rausgefahren. Es gab eben Dinge, bei denen er nach dem Rechten sehen musste, und er traute keinem zu, dass er das richtig erledigte.«
    »Zu Ihnen hatte er kein Vertrauen?«, fragte Monk mit gespielter Überraschung.
    ’Orries Züge spannten sich an. Die beleidigende Absicht hatte er sehr wohl gespürt. Seine in tiefe Furchen gelegte Stirn verriet deutlich, dass er jetzt sehr viel genauer auf seine Worte achtete. »Vielleicht hat ihn einer beobachtet?«, sinnierte er. »Er war ungeheuer schlau, der Mickey, aber er hatte Feinde. Er war der König von dem Teil des Flusses hier oben.«
    »Wen haben Sie noch alles gesehen, als Sie zu ihm zurückkehrten?«
    ’Orrie überlegte einen langen Augenblick, ehe er antwortete.
    Monk wartete gespannt und studierte unterdessen ’Orries ungewöhnliches Gesicht. Bisweilen verriet die Lüge, die ein Mensch wählte, mehr über ihn als die Wahrheit.
    »Es sind ja immer Leute auf dem Wasser«, begann ’Orrie vorsichtig.
    Monk lächelte. »Natürlich. Wenn das nicht so wäre, gäbe es keinen Handel.«
    »Richtig.« ’Orrie nickte bedächtig. Offenbar beobachtete er seinerseits Monk. »Leute mit Geld«, fügte er hinzu.
    »Was hat

Weitere Kostenlose Bücher