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Einer trage des anderen Schuld

Einer trage des anderen Schuld

Titel: Einer trage des anderen Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Mickey Parfitt ihnen verkauft?«, fragte Monk.
    ’Orrie starrte ihn mit leerer Miene an, als hätte er nicht verstanden.
    »’Orrible, was hat Mickey Parfitt diesen Männern mit Geld verkauft?«, wiederholte Monk vorsichtig. »Er muss doch ein prächtiges Leben geführt haben, sonst hätte er sich so ein Boot nie leisten können, ganz zu schweigen von der edlen Ausstattung.«
    »Keine Ahnung!« ’Orrie stöhnte hilflos. »Glauben Sie denn, er hätte Leuten wie mir so was auf die Nase gebunden?«
    »Das nicht, ’Orrie, aber Sie haben doch genug Verstand, um es sich zusammenzureimen!«
    ’Orrie schüttelte den Kopf. »Ich nich’! Ich bin nie auf dem Boot gewesen. Ich hab Leute hingebracht und abgeholt. Was sie gemacht haben, weiß ich nich’. Glücksspiel vielleicht?« Er blickte hoffnungsvoll drein.
    Monk starrte ihn an. Angesichts ’Orries herumwirbelnden Auges ließ sich unmöglich beurteilen, ob er Angst hatte, nur halb bei Versand war oder unter einer körperlichen Behinderung litt. Kurz erwog Monk, ihn zu fragen, wozu die Jungen dort gewesen waren, aber vielleicht war es besser, sich diese Frage für später aufzuheben. ’Orrie sollte ruhig noch eine Weile darüber rätseln, was aus diesen Jungen geworden war. Oder vielleicht wusste er es wirklich nicht. Vielleicht war Crumble oder sogar Tosh derjenige gewesen, der sie versorgt hatte.
    ’Orrie grinste und sagte wie auf ein Stichwort: »Fragen Sie Tosh. Er wird es wissen.«
    Monk bedankte sich und machte sich auf die Suche nach Tosh. Nach einer Stunde und vielem Herumfragen entdeckte er ihn schließlich in einem engen, aber erstaunlich aufgeräumten Büro. In einer Ecke stand ein Holzofen, der trotz des verhältnismäßig warmen Wetters eingeheizt worden war. Blitzartig erfasste Monk, was geschehen war, und verfluchte sich selbst für seine Dummheit. Er hätte Tosh und wahrscheinlich auch Crumble beschatten lassen müssen, dann hätten sie die Dokumente rechtzeitig finden und retten können. Auch wenn Tosh es geleugnet hätte, lag es doch auf der Hand, dass Mickey zwangsläufig von bestimmten Vorgängen Notizen hatte anfertigen müssen. Auf jeden Fall gab es Rechnungen und Mahnungen.
    Tosh blickte zu Monk auf. Seine Miene zeigte Gelassenheit, wenn nicht sogar Interesse. »Schon was gefunden, was Sie zu dem Mörder vom armen Mickey führt?«, erkundigte er sich höflich. Heute trug er eine gelbe Weste, von der er sorgfältig ein Körnchen Asche schnippte.
    Monk stand regungslos in der Mitte des Zimmers, je drei Fuß vom Ofen und von Tosh entfernt. »Konkurrent oder unzufriedener Kunde«, antwortete er. »Oder jemand, der es nicht mehr aushielt, erpresst zu werden. Wie der arme Tropf, der sich letztes Jahr auf dem Fluss erschossen hat.«
    Toshs Gesicht spannte sich beinahe unmerklich an; nur ein kurzes Zucken der Schädelmuskeln konnte er nicht verhindern. »Keine Ahnung, warum der das getan hat«, erwiderte er glatt. »Könnte alles Mögliche gewesen sein. Vielleicht is’ ihm seine Frau durchgebrannt. So was kommt vor.«
    »Unsinn!«, blaffte Monk. »Gut verheiratete Frauen der besseren Gesellschaft brennen nicht mit anderen Männern durch. Das würde nur für einen Skandal sorgen. Sie bleiben zu Hause und nehmen sich einen Liebhaber. Das machen sie ganz diskret, und alle anderen tun so, als wüssten sie nichts davon. Das lässt ihnen die Freiheit, es ebenso zu halten, wenn das ihr Wunsch ist.«
    »Sieht so aus, als wüssten Sie besser darüber Bescheid als ich«, erwiderte Tosh mit einem spöttischen Lächeln. »Aber das sollten Sie wohl auch, wo Sie doch Polizist sind. Deswegen sind Sie auch am ehesten in der Lage, rauszufinden, warum dieser arme Scheißer sich selber erschossen hat. Allerdings is’ mir nich’ ganz klar, wieso das irgendwas mit der Frage zu tun haben soll, wer Mickey abgemurkst hat. Da steht jedenfalls fest, dass er es nich’ war.«
    Monk achtete nicht auf die Spitze. »Rache?«, regte er an.
    »Das ergäbe bloß dann Sinn, wenn Mickey den Mann umgebracht hätte.« Tosh beobachtete Monk jetzt mit Habichtsaugen. »Was er nich’ getan hat.«
    Monk lächelte. »Ich dachte mir, dass Sie das wissen würden.«
    Ein Anflug von Zorn huschte über Toshs Gesicht. »Ich weiß nich’, wer’s war! Ich weiß überhaupt nix darüber!«
    »Was verkaufte Mickey seinen Kunden, Tosh? Und sagen Sie mir nicht wieder, dass Sie es nicht wüssten! Sie haben soeben sämtliche Dokumente vernichtet, außer denjenigen, die ihn als Inhaber des Boots

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