Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eines Tages geht der Rabbi

Eines Tages geht der Rabbi

Titel: Eines Tages geht der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
Vom Netzwerk:
nicht zu wecken, mit ihrer Taschenlampe den Weg ins Badezimmer, zog sich dort aus und legte sich neben ihn ins Bett.
    Meist stand er zuerst auf und machte Toast und Kaffee für sie beide. Wenn er daheim blieb, revanchierte sie sich, indem sie für das Mittagessen sorgte – meist Suppen aus der Dose und belegte Brote. Abends aßen sie in preiswerteren italienischen oder chinesischen Restaurants, hinterher gingen sie ins Kino oder setzten sich zu Hause vor den Fernseher.
    Tagsüber lief sie in Morgenrock und schlappenden Hausschuhen in der Wohnung herum, las die Zeitung oder Romanhefte, die sie sich im Drugstore holte, oder ließ auf der Mattscheibe rührselige Filme an sich vorüberflimmern. Irgendwann zwischendurch machte sie das Bett und putzte die Wohnung, und hin und wieder kaufte sie die wenigen Lebensmittel ein, die sie brauchten.
    Sonntags standen sie beide spät auf, und während er in Bademantel und Pyjama herumsaß, machte sie ein besonders gutes Frühstück mit Zimttoast und Würstchen, und damit setzten sie sich dann vor den Fernseher, weil er gern die politischen Magazinsendungen sah. Als sie sich an diesem Sonntag anzog, fragte er: «Willst du weg, Baby?»
    «Nur zum Drugstore, die Zeitung holen.»
    «Bringst du mir Zigaretten mit? Brauchst du Geld?»
    «Nein, noch reicht’s.»
    In einer knappen Viertelstunde war sie wieder da. Aus der Papiertüte, die sie mitgebracht hatte, holte sie eine Packung Zigaretten und warf sie ihm in den Schoß. Dann angelte sie einen gelben Umschlag hervor. «Die Abzüge von dem Film, den ich für dich zum Entwickeln gebracht habe.»
    «Gut geworden?»
    «Hab sie noch nicht angesehen.» Sie gab ihm den Umschlag und sah ihm über die Schulter, als er die Fotos herausnahm. «Da hast du ein Stück von meinem Kopf abgeschnitten», sagte sie, als sie das erste hochhielt.
    «Wahrscheinlich, weil ich mich auf deine Beine konzentriert habe.»
    Beim nächsten Bild hatte er auf den Auslöser gedrückt, als eine Bö ihr gerade den Rock hochgeweht hatte. «Du, das war gemein, da sieht man ja ganz deutlich meinen Dingsbums.»
    Er schob die Hand unter ihr Kleid und ließ sie an den Schenkeln entlang zu ihrem Gesäß gleiten. «Ein sehr hübscher Dingsbums», sagte er und rubbelte ihn zärtlich.
    «Du bist mir einer.» Sie nahm ihm die Fotos aus der Hand, blätterte sie durch und machte ihre Bemerkungen dazu. «Das hier ist ’ne Spur unscharf … du, das ist gut … bei dem hier hast du gewackelt … Was ist denn das?»
    Er nahm ihr das Bild aus der Hand. «Das Blainey-Festbankett, ist schon ein paar Monate her. Siehst du die fünf Typen am Präsidiumstisch?» Er lachte laut auf. «Rocco Vestucci, Charlie Mays, der in der Mitte ist Jim Blainey, und die auf der anderen Seite sind Frank Callahan und Peterson, wie heißt er gleich, Nels Peterson. Und alle miteinander sind sie rechtskräftig verurteilt und müssen in den Knast. Wie findest du das?»
    «Schöne Freunde hast du.»
    «Geschäft ist Geschäft, Baby. Wenn du mit ihnen im Geschäft bist und sie dir ’ne Karte für ein Festbankett für einen ihrer Kumpels andienen, nimmst du sie natürlich.»
    «Aber du brauchst nicht hinzugehen.»
    «Das Essen ist meist recht anständig, und du hast schließlich bezahlt. Außerdem gibt’s meist noch ’ne Vorstellung, deshalb hatte ich den Fotoapparat mitgenommen, du verstehst schon …»
    «Klar, nackte Weiber.»
    «Aber diesmal war’s nichts damit, sie hatten einen Pfaffen dabei. Der Typ, der ihm die Karte verkauft hat, wird vom Festausschuß schon was zu hören gekriegt haben. Oder – nein, ’nem Pfaffen verkaufen die keine Karte, der hat sie sicher umsonst gekriegt. Vielleicht hat das Jim Blainey sogar selber veranlaßt, der ist nämlich mächtig fromm, geht jeden Sonntag in die Kirche.»
    «Und wenn er im Knast ist?»
    «Glaubst du, die haben da keine Kirche?»
    «Da hast du auch wieder recht. Und wer ist der am Ende? Ist der auch verurteilt?»
    «Zeig mal. Hm, an den kann ich mich gar nicht erinnern. Vielleicht ist er bloß mal eben vorbeigekommen, um ein Wort mit Nels Peterson oder einem der anderen zu reden. Kommt er dir nicht irgendwie bekannt vor?»
    «Ich wüßte nicht.»
    «Findest du nicht, daß er ein bißchen wie Tommy Baggio aussieht?»
    «Wer ist Tommy Baggio?»
    «Stadtrat in Revere. Kandidiert für den Senat. Gestern war er in der Zeitung. Hast du die Zeitung von gestern noch, oder hast du sie schon weggeworfen?»
    «Glaub ich nicht. Warte, ich seh mal nach.»
    Sie ging zur

Weitere Kostenlose Bücher