Einfach bezaubernd

willensschwachen Leuten und bei solchen, deren Verstand durch Lust getrübt ist. Haben Sie sich nie gefragt, warum es bei Ihren Schwestern nicht funktioniert? Und sagen Sie mir nicht, Sie hätten das nicht versucht – ich würde Ihnen nicht glauben.«
    »Ja, ich hab’s versucht, und Sie haben Recht, es funktioniert nur bei Männern. Und offensichtlich nicht bei allen Männern«, setzte sie hinzu. »Ein Glück für Sie, dass Ihr Verstand nicht durch Lust auf mich getrübt ist.«
    »Ein Glück für mich«, bestätigte er, und seine ruhigen dunklen Augen betrachteten sie. »Warum haben Sie sich für Charles
entschieden? Das Willensschwache, nehme ich an. Sie hätten keine Probleme, Männer zu finden, deren Verstand durch Lust getrübt ist, aber Sie wollten wohl jemanden, den Sie leicht steuern können. Dabei scheinen Sie so ein süßes, liebes Mädchen zu sein.«
    »Charles geht Sie gar nichts an«, wies sie ihn zurecht. »Wen ich heiraten will und was ich mit meinem Leben anfange, das ist nicht Ihre Sache.«
    »Sie sind ein Dickkopf. Und Sie haben wirklich etwas Besseres verdient, aber nein, Sie entscheiden sich für dieses Hinterwäldlerkaff und für einen Holzkopf von Liebhaber, und früher oder später jagen Sie noch dieses Haus in die Luft, und Ihre Schwestern auch, wenn dem nicht jemand einen Riegel vorschiebt.«
    Sie wandte ihm den Rücken zu, bebend vor Wut. Wie sie Ärger hasste. Das Seltsame aber war, dass sie nun selbst wütend wurde, anstatt sich wie sonst nur vor der Wut anderer in ihr Zimmer zu flüchten. »Lassen Sie mich in Ruhe.« Sie hob die Spülschüssel an, um das schmutzige Spülwasser auszuschütten. »Gehen Sie endlich und lassen Sie mich zum Teufel noch mal in Ruhe.«
    »Ich gehe nirgendwohin«, erwiderte er.
    Lizzie gab auf. Sie begann, die Spülschüssel zu neigen, da zuckte plötzlich ihre Nase, und sie erschauerte zweimal heftig.
    »Dann gehe ich«, versetzte sie, wirbelte herum und schleuderte das Spülwasser in seine Richtung.
    Und dann rannte sie.

    Das Greasy Fork war überfüllt, als Mare endlich in die Mittagspause gehen konnte, doch Crash hatte eine Nische für sie ergattert, wie immer. Sie bahnte sich einen Weg durch die Menge
und behielt dabei ihre herzförmige Sonnenbrille auf der Nase, um ihre Augen zu verstecken, damit sie nichts verraten konnten, zum Beispiel dass sie glücklich war, ihn wiederzusehen, und vielleicht sogar noch immer hoffnungslos in ihn verliebt war, nur dass sie eben keine solche Verliererin war, zum Teufel, nein, sie war eine Königin des Universums, und er durfte ruhig ihre Füße küssen. Oder etwas anderes.
    Er erblickte sie und stand auf, und dabei wirkte er so groß und breitschultrig und stark wie immer und sah genauso gut aus, und sie erinnerte sich daran, wie es sich angefühlt hatte, wenn er seine Arme um sie legte. Macht nichts . Sie würde ganz cool bleiben, sie stand über der Sache …
    »Danke, dass du gekommen bist«, begrüßte er sie, und seine Stimme klang tief und einfach gut. Ihn nur zu hören fühlte sich so gut an, dass sie vor Genuss die Augen schloss.
    »Ich musste.« Mare ließ sich auf den Sitz gleiten. »Im Laden konnte ich nicht mit dir reden. Wir haben gerade einen Vizepräsidenten da.«
    »Ja, hab ihn gesehen.« Crash setzte sich ihr gegenüber, und es kam ihr als das einzig Richtige vor, wieder mit ihm in einer Sitznische im Fork zu sitzen, doch dann dachte Mare: Stopp, genau so hat er dir letztes Mal wehgetan. Er wird nicht bei dir bleiben …
    »Tja, es ist lange her«, bemerkte sie.
    »Stimmt.« Crash kippte seine leere Kaffeetasse hin und her, und Mare dachte: Kaffee, das ist neu. Vor fünf Jahren hat er keinen Kaffee getrunken .
    »Na ja, willkommen daheim.« Sie nahm die Speisekarte, schlug sie auf und hob sie vor ihr Gesicht, denn sie fühlte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen, Tränen der Wut, verdammt, aber das würde er nicht begreifen; wenn sie ihr unter der Brille hervor über die Wangen hinabliefen, würde er glauben, dass sie um ihn weinte.

    »Du brauchst nicht nachsehen, du hast die Speisekarte doch im Kopf«, sagte er.
    Mare schniefte kurz und dachte: Ja, erinnere mich nur wieder daran, dass sich in meinem Leben nie etwas ändert . »Es könnte ja auch mal was Neues drinstehen.«
    Er hakte einen Finger um den Rand ihrer Speisekarte und drückte sie ärgerlich so weit hinunter, dass er Mare sehen konnte. »In dieser öden Ein-PS-Stadt gibt’s nie irgendwas Neues.«
    Mare knallte die Speisekarte auf die