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Einfach göttlich

Einfach göttlich

Titel: Einfach göttlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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gewesen zu sein. Gestern abend hätte er nicht gezögert, Vorbis gegenüberzutreten und ihn herauszufordern. Gestern abend hatte er geglaubt, daß es tatsächlich eine Chance gab. Gestern abend existierten keine Beschränkungen oder Hindernisse irgendeiner Art…
    Das Problem mit einem solchen Abend bestand darin, daß ihm ein Morgen der Ernüchterung folgte.
    Der ehemalige Novize erreichte den Küchentrakt, und kurz darauf trat er nach draußen. Einige Köche waren zugegen und bereiteten das traditionelle Essen zu – die entsprechende Mahlzeit bestand aus Fleisch, Brot und Salz –, aber sie schenkten Brutha überhaupt keine Beachtung.
    Vor einem Schlachthaus nahm er Platz. Er wußte, daß es irgendwo eine Art Hintertür gab. Sicher hinderte ihn niemand daran, die Zitadelle durch ein kleines Nebentor zu verlassen. Die Wächter hielten in erster Linie nach unerwünschten Ein dringlingen Ausschau.
    Ja, er konnte einfach fortgehen. Die Wüste erschien Brutha recht attraktiv, wenn man einmal von Durst und Hunger absah. St. Ungulant schien mit Wahnsinn und Pilzen ganz gut zu leben. Es spielte keine Rolle, wenn man sich selbst etwas vormachte, vorausgesetzt, man ging dabei so geschickt vor, daß man fest an die Scheinrealität glaubte. In der Wüste konnte das Leben viel einfacher sein…
    Erstaunlicherweise standen zehn oder mehr Wächter am Tor, und ihre Mienen wiesen deutlich darauf hin, daß sie gerade an diesem Tag keinen Spaß verstanden. Brutha kehrte zurück, setzte sich in eine Ecke und starrte trübsinnig zu Boden.
    Wenn Om noch lebte… Warum schickte er ihm kein Zeichen?
    Ein Gitter neben den Sandalen des Jungen hob sich einige Zentimeter weit nach oben und glitt dann zur Seite. Brutha blickte in das Loch hinein.
    Ein Kopf erschien, halb verborgen unter einer Kapuze. Jemand erwiderte den neugierigen Blick des Erzbischofs und zögerte kurz, bevor er wieder in der Dunkelheit verschwand. In einer Tiefe von ein oder zwei Metern flüsterte jemand. Kurz darauf erschien der Kopf erneut, diesmal gefolgt von einem Körper. Ein Mann kletterte aus dem Loch, strich die Kapuze zurück und lächelte verschwörerisch. Er stand auf, hob den Zeigefinger an die Lippen – und sprang vor.
    Brutha rollte übers Kopfsteinpflaster und hob verzweifelt die Arme, als er glänzendes Metall sah. Eine schmutzige Hand preßte sich ihm auf den Mund, und vor dem Licht zeichneten sich in aller Deutlichkeit die Konturen einer Klinge ab…
    »Nein!«
    »Warum nicht? Wir haben doch beschlossen, alle Priester zu töten!«
    »Dieser hier bildet eine Ausnahme!«
    Brutha wagte es, zur Seite zu sehen. Eine zweite Gestalt kletterte aus dem Loch und trug ebenfalls einen langen Kapuzenmantel, aber er konnte sie trotzdem erkennen, nicht zuletzt aufgrund des auffälligen Haarschnitts.
    »Urn?« brachte er hervor.
    »Sei still«, knurrte der andere Mann und hielt ihm das Messer an die Kehle.
    »Brutha?« erwiderte Urn. »Du lebst?«
    Der Blick des Jungen wanderte zum Messer und wies darauf hin, daß er es unter den gegebenen Umständen vermeiden wollte, sich festzulegen.
    »Er ist in Ordnung«, sagte Urn.
    »In Ordnung? Er ist ein Priester!«
    »Aber er befindet sich auf unserer Seite. Nicht wahr, Brutha?«
    Der ehemalige Novize versuchte zu nicken und dachte: Ich stehe immer auf der Seite von anderen Leuten. Es wäre zur Abwechselung einmal ganz nett, wenn jemand auf meiner Seite stehen würde.
    Die Hand löste sich von seinem Mund, doch das Messer blieb an der Kehle. Bruthas normalerweise recht träge Gedanken bewiesen jetzt, daß sie unter bestimmten Umständen ziemlich flink sein konnten.
    »Die Schildkröte bewegt sich?« fragte er versuchsweise.
    Das Messer wich mit offensichtlichem Widerstreben zurück.
    »Ich traue ihm nicht«, sagte der Mann. »Wir sollten ihn wenigstens ins Loch werfen.«
    »Brutha gehört zu uns«, entgegnete Urn.
    »Das stimmt«, bestätigte Brutha rasch. »Ja, das stimmt. Äh, wer seid ihr?«
    Urn beugte sich etwas näher.
    »Wie steht’s mit deinem Gedächtnis?«
    »Unglücklicherweise ist es noch immer so gut wie vorher.«
    »Ausgezeichnet. Hm. Nun, vielleicht solltest du dich von Schwierigkeiten fernhalten. Ich meine, wenn etwas passiert oder so. Erinnere dich an die Schildkröte. Oh. Natürlich erinnerst du dich daran.«
    »Was soll denn passieren?«
    Urn klopfte ihm auf die Schulter, und dadurch dachte Brutha an Vorbis. Der angebliche Prophet ließ kaum eine Gelegenheit ungenutzt, andere Menschen zu berühren, aber

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