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Einfach göttlich

Einfach göttlich

Titel: Einfach göttlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Kopf.
    »Gut«, sagte der Exquisitor. »Ausgezeichnet. Äh… Brutha?«
    »Ja, Herr?«
    »Du wirst diese Begegnung vergessen. Du bist nie hiergewesen und hast uns nie gesehen.«
    Brutha blinzelte erstaunt. Das war doch Unsinn: Man konnte nichts vergessen, nur weil man sich das wünschte. Manche Dinge vergaßen sich selbst – in den verschlossenen Zimmern –, doch dieser Umstand ging auf einen Mechanismus zurück, der sich seiner bewußten Kontrolle entzog. Was meinte Vorbis mit seinen letzten Worten?
    »Ja, Herr«, erwiderte er.
    Das schien am einfachsten zu sein.
     
    G ötter können zu niemandem beten.
    Der Große Gott Om eilte mit gestrecktem Hals und mühsam pumpenden Beinen zur nächsten Statue. Sie stellte ihn selbst dar, und zwar als mächtigen Stier, der Ungläubige unter seinen Hufen zerstampfte. Om empfand diese Darstellung kaum als Trost.
    Seit fast drei Jahren mußte er ein Dasein als Schildkröte fristen, doch mit der Gestalt erbte er auch viele Instinkte. Die meisten davon konfrontierten ihn mit Entsetzen angesichts des einzigen Tiers, das herausgefunden hatte, wie man Schildkröten verspeisen konnte.
    Götter haben niemanden, der ihre Gebete erhört.
    Das bedauerte Om sehr. Jeder brauchte jemanden.
    »Brutha!«
     
    B rutha wußte nicht genau, was er von seiner nächsten Zukunft halten sollte. Diakon Vorbis hatte ihn ganz offensichtlich von seinen normalen Pflichten als Novize befreit, doch das bedeutete: An diesem Nachmittag erwarteten ihn keine Aufgaben mehr.
    Aus reiner Angewohnheit begab er sich in den Garten. Die Bohnen mußten gebunden werden, was der Novize begrüßte. Bei Bohnen wußte man genau, woran man war. Sie forderten einen nicht auf, etwas Unmögliches zu bewerkstelligen, wie zum Beispiel, etwas zu vergessen. Außerdem: Wenn er längere Zeit fort blieb, mußte er die Melonen mulchen und Lu-Tze alles erklären.
    Lu-Tze gehörte praktisch zum Garten.
    In jeder Organisation gibt es jemanden wie ihn. Solche Leute fegen in irgendwelchen fernen Ecken oder wandern in den rückwärtigen Bereichen von Geschäften an Regalen entlang – und nur sie wissen, wo was liegt. Es kommt auch vor, daß sie ebenso seltsame wie nützliche Beziehungen zum Kesselraum unterhalten. Allen ist bekannt, um wen es sich handelt, und niemand erinnert sich an eine Zeit, zu der die Betreffenden nicht zugegen gewesen sind. Außerdem weiß niemand, wo sie sich befinden, wenn sie nicht den ihnen angestammten Platz im Hintergrund einnehmen. Jemand, der besser beobachtet als die meisten anderen – was nicht besonders schwer ist –, hält manchmal inne und fragt sich, was es mit diesen Leuten auf sich haben mag… Doch diese Art von Neugier schläft schon nach wenigen Sekunden ein. Sie scheint sich einfach nicht zu lohnen.
    Zwar schlurfte Lu-Tze im riesigen Gebäudekomplex der Zitadelle von einem Garten zum anderen, aber den Pflanzen brachte er kaum Interesse entgegen. Er arbeitete vor allem mit Boden, Dung, Mist, Kompost, Lehm und Sand. Und natürlich mit den Werkzeugen, die es ihm gestatteten, alle eben erwähnten Dinge zu bewegen. Meistens fegte er oder drehte gerade einen Misthaufen um. Sobald jemand etwas pflanzte, verlor er das Interesse daran.
    Er harkte die Pfade, als Brutha den Garten erreichte. Das Harken der Pfade kam bei ihm einem Kunstwerk gleich: Er hinterließ hübsche Muschelmuster im Boden, fügte ihnen manchmal sanfte, beruhigend wirkende Wellen hinzu. Es behagte Brutha nie, über solche Wege zu gehen; er hatte dabei das unangenehme Gefühl, etwas Schönes zu zerstören.
    Er versuchte kaum jemals, mit Lu-Tze zu sprechen, denn inzwischen wußte er: Ganz gleich, was man dem Alten sagte – er nickte immer nur und lächelte ein fast völlig zahnloses Lächeln.
    »Ich verlasse die Zitadelle für eine Weile«, sagte Brutha laut und deutlich. »Ich nehme an, es wird sich jemand anders um den Garten kümmern, aber einige Dinge müssen so bald wie möglich erledigt werden…«
    Ein Nicken, dann ein Lächeln.
    Der Alte folgte dem Novizen an den Beeten entlang, während Brutha von Bohnen und Kräutern sprach.
    »Verstanden?« fragte der Junge nach etwa zehn Minuten.
    Nicken, lächeln. Nicken, lächeln, winken.
    »Was?«
    Nicken, lächeln, winken. Nicken, lächeln, winken, lächeln.
    Lu-Tze bewegte sich wie eine Mischung aus Krabbe und Affe, als er den Novizen zum Ende des Gartens führte. Dort gab es mehrere Misthaufen, lange Reihen aus Blumentöpfen und all die anderen kosmetischen Artikel der Pflanzenpflege.

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