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Einfach göttlich

Einfach göttlich

Titel: Einfach göttlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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er dort viele Philosophen, die alle den Hals reckten. Verdrießliche und mürrische Stimmen erklangen, ein sicherer Hinweis auf philosophische Diskussionen.
    In diesem Fall nahm das Gespräch folgenden Verlauf:
    »Meine zehn Obolusse sagen, daß sie so etwas nicht wiederholen kann!«
    »Sprechendes Geld? Das haben wir hier nicht jeden Tag, Xeno.«
    »Ja. Und gleich sagt es Lebewohl.«
    »Ach, sei doch nicht dumm. Es ist eine Schildkröte. Wahrscheinlich zeigt sie uns nur eine Art Paarungstanz oder so.«
    Angespanntes Schweigen folgte, und dann seufzten alle kollektiv.
    »Na bitte!«
    »Das ist nie im Leben ein rechter Winkel!«
    »Ich bitte dich. Unter solchen Umständen könntest du es kaum besser machen!«
    »Was stellt sie jetzt an?«
    »Ich glaube, sie zeichnet eine Hypotenuse.«
    »Das soll eine Hypotenuse sein? Ist ja ganz krumm.«
    »Sie ist nicht krumm. Die Schildkröte malt gerade Linien, und du schaust sie dir krumm an!«
    »Ich wette dreißig Obolusse, daß sie kein Quadrat hinkriegt!«
    »Und ich wette vierzig, daß sie es schafft!«
    Wieder war es einige Sekunden still, und dann ertönte Jubel.
    »Potzblitz!«
    »Das ist eher ein Parallelogramm, wenn ihr mich fragt«, nörgelte jemand.
    »Hör mal, ein Quadrat erkenne ich auf den ersten Blick, und dies ist eins.«
    »Na schön. Ich verdopple den Einsatz und wette, daß sie kein Zwölfeck darstellen kann.«
    »Ha! Eben hast du geglaubt, sie sei nicht zu einem Siebeneck imstande.«
    »Ich habe den Einsatz gerade verdoppelt. Entweder alles oder nichts. Jetzt also ein Zwölfeck. Wirst du plötzlich unruhig? Fühlst du ein bißchen avis domestica? Muffensausen?«
    »Es ist eine Schande, dir einfach so das Geld abzuknöpfen…«
    Wieder eine Pause.
    »Zehn Seiten? Zehn Seiten? Ha!«
    »Ich hab’ gewußt, daß sie es nicht schafft! Welche Schildkröte kennt sich schon mit Geometrie aus?«
    »Eine weitere dumme Idee, Didaktylos?«
    »Ich hab’s die ganze Zeit über gesagt. Schließlich ist es nur eine Schildkröte.«
    »Sollen ausgezeichnet schmecken…«
    Die Philosophen schoben sich an Brutha vorbei, ohne ihm Beachtung zu schenken. Er bemerkte feuchten Sand, darin eingeritzte Striche, die geometrische Figuren bildeten. Om hockte daneben. Hinter ihm saßen zwei schmutzige Denker und zählten Münzen.
    »Nun, wie ist es gelaufen, Urn?« fragte Didaktylos.
    »Wir haben zweiundfünfzig Obolusse gewonnen, Meister.«
    »Na bitte. Mit jedem Tag wird’s besser. Schade, daß die Schildkröte nicht den Unterschied zwischen zehn und zwölf kennt. Schneid ihr ein Bein ab; genügt sicher für eine Suppe.«
    »Ich soll ihr ein Bein abschneiden?«
    »Ja, eine Schildkröte wie diese ißt man nicht auf einmal.«
    Didaktylos wandte sich einem dicken jungen Mann mit X-Beinen und rosarotem Gesicht zu, der auf die Schildkröte hinabblickte.
    »Ja?« fragte er.
    »Sie kennt den Unterschied zwischen zehn und zwölf«, sagte der korpulente Junge.
    »Durch ihre Schuld habe ich acht Obolusse verloren«, meinte Didaktylos.
    »Ja, aber morgen…« Die Augen des Jungen trübten sich, und er schien etwas zu wiederholen, das ihm jemand zuflüsterte. »Morgen… könnt ihr noch bessere Wetten abschließen. Mindestens… drei zu eins.«
    Didaktylos’ Kinnlade klappte nach unten.
    »Gebt mir die Schildkröte, Urn«, sagte er.
    Der Philosophenlehrling bückte sich und hob Om vorsichtig hoch.
    »Mir kam dieses Geschöpf gleich zu Anfang seltsam vor«, erklärte Didaktylos. »Ich habe zu Urn gesagt: He, da kommt das Abendessen für morgen. Und er erwiderte: Nein, sieh nur, das Reptil benutzt seinen Schwanz, um geometrische Figuren in den Sand zu malen. Nun, normalerweise sind Schildkröten nicht besonders gut in Geometrie.«
    Om starrte Brutha durchbohrend an.
    »Mir blieb nichts anderes übrig«, meinte der kleine Gott. »Nur auf diese Weise konnte ich seine Aufmerksamkeit erringen. Jetzt ist er neugierig geworden. Wenn Leute wie er neugierig werden, dann denken sie nach.«
    »Die Schildkröte ist ein Gott«, sagte Brutha.
    »Ach?« entgegnete der Philosoph. »Und wie heißt er?«
    »Verrat’s ihm nicht! Verrat’s ihm nicht! Sonst hören die hiesigen Götter den Namen!«
    »Keine Ahnung«, sagte Brutha.
    Didaktylos drehte Om hin und her.
    »Die Schildkröte bewegt sich«, murmelte Urn.
    »Wie bitte?« fragte Brutha.
    »Der Meister hat ein Buch geschrieben«, sagte Urn.
    »Nun, nicht unbedingt ein Buch«, schränkte Didaktylos bescheiden ein. »Eher eine Schriftrolle. Darauf habe ich einige

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