Einklang der Herzen
waren.
»Ich finde«, bemerkte Travis mit träger Stimme, »dass wir die Zeit auf diese Weise effektiver nutzen als mit Streiten.«
Adelia sah, wie er den Blick auf ihre Lippen senkte und spürte, wie er den Griff in ihrem Haar verstärkte. Dann ließ er lächelnd los. »Es scheint auch die einzige Möglichkeit zu sein, Sie mal für einen Moment zum Schweigen zu bringen.«
Er setzte ihr die Kappe wieder auf, dann strich er mit einem Finger über ihre Wange. »Das irische Temperament hat definitiv seine Vorteile.«
Damit schlenderte er davon, während Adelia grübelnd seinen langen Schritten hinterhersah, eine Hand an der Wange, die er gerade noch berührt hatte.
Schließlich verdrängte sie das Rätsel, das sie zu lösen sowieso nicht in der Lage war, und verbrachte den Rest des Tages wie berauscht. Sie durfte bleiben! Sie hatte ihren Platz auf der gigantischen Pferdefarm gefunden, sie hatte einen Onkel, der sie mochte und brauchte und einen Job, von dem sie niemals zu träumen gewagt hätte. Und außerdem, dachte sie glücklich, bin ich auf diese Weise in Travis’ Nähe, kann ihn fast jeden Tag sehen und ab und zu auch mit ihm reden. Das reichte für diesen Moment. Und um das, was in der Zukunft geschehen würde, konnte sie sich später noch kümmern …
Lange nachdem sich ihr Onkel schlafen gelegt hatte, war Adelia noch immer hellwach. Sie hatte versucht, sich mit einem Buch abzulenken, aber sie war zu aufgeregt, um stillzusitzen. Sie klappte das Buch zu und schlüpfte durch die Tür nach draußen.
Sie beschloss, zum Stall zu gehen, nahm sich aber vor, auf keinen Fall Sattelzeug zu polieren, sondern einfach nur die Pferde zu besuchen. Die Nacht war warm, der Himmel von Sternen übersät, so klar und lebendig, dass sie eine Hand hinaufstreckte und sich vorstellte, sie könnte einen von dem seidigen schwarzen Vorhang pflücken. Vollkommen eins mit der Welt, schlenderte sie auf das große weiße Gebäude zu.
Als sie das Licht anknipste, hörte sie leises Stöhnen. Sie folgte dem Geräusch bis zu einer Box, in der zusammengekrümmt ein Mann lag.
»Gütiger Himmel! Was ist passiert?« Sie beugte sich über ihn. »Oh!«, stieß sie dann empört aus und stand wieder auf. »Du bist betrunken, George Johnson! Was für ein jämmerlicher Anblick! Und du stinkst wie eine Whiskeyfabrik. Wie kannst du dich nur so volllaufen lassen und hier im Stall herumliegen?«
»Ach, die hübsche kleine Dee«, lallte George und beförderte sich in eine sitzende Position. »Wolltest du mich besuchen? Vielleicht einen Schluck mit mir trinken?«
Oft genug hatte sie bemerkt, wie der Stallbursche sie anzüglich grinsend beobachtet hatte, weshalb sie ihm bisher so gut wie möglich aus dem Weg gegangen war. Jetzt aber war sie wütend und angeekelt, was sie gar nicht erst zu verbergen versuchte.
»Nein, ich werde mit jemandem wie dir bestimmt keinen Schluck trinken – ich habe nichts für betrunkene Kerle übrig. Steh auf und mach dich davon. Du hast hier drinnen nichts zu suchen.«
»Oh, jetzt möchtest du mir schon Befehle erteilen, kleine Dee?« Er kämpfte sich auf die Beine und starrte sie an. »Bist du dir zu fein, mit mir eine Flasche zu teilen?« Er musterte sie von Kopf bis Fuß mit seinen Triefaugen, ließ den Blick auf ihren Brüsten ruhen und leckte sich die Lippen. »Vielleicht willst du ja nichts trinken, weil es viel interessantere Dinge zu tun gibt.« Er packte sie an den Schultern und presste den Mund auf ihren. Der Geruch von Whiskey ließ sie schwindlig werden, als sie versuchte, ihn wegzuschieben.
»Du dreckiges Schwein!«, schrie sie, außer sich. »Du großer, wimmernder, besoffener Mistkerl, wage es nicht, mich noch einmal anzufassen. Sonst werde ich dir in die Eier treten, dass du es nie mehr vergisst!« Sie fuhr fort, ihn zu beschimpfen, bis er sie mit solcher Kraft packte, dass sie nach Luft schnappte.
»Ich werde noch viel mehr tun als dich nur anzufassen.« Er drückte ihr die Hand auf den Mund und drückte sie auf den mit Stroh bedeckten Boden. Sie kämpfte in wilder Wut, strampelte und kratzte, versuchte, die Übelkeit zu bekämpfen, als er sich wieder auf ihre Lippen stürzte. Er zerriss ihre Bluse, zerrte sie von ihren Schultern; das Geräusch schien in ihren Ohren zu explodieren. Aus Wut wurde Angst. Adelia begann, noch verzweifelter zu kämpfen, grub ihm die Nägel in den Arm, zerkratzte seine Haut, und als er fluchend den Kopf hob, gellte ihr Schrei durch die stille Nacht.
Er schlug ihr quer ins
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