Einsatzort Vergangenheit (German Edition)
Jammer. Ich
will es Euch erklären: Ich habe gestern, bevor ich zu Bett ging, Hanfsamen
unter mein Kopfkissen gelegt, denn die Träume, die man in der Nacht vor dem
Valentinstag hat, sagen einem, wer der Zukünftige wird. Allerdings ist es auch
so, dass derjenige Mann, dem man am Valentinstag als Erstes außerhalb des
Hauses begegnet, derjenige ist, den man heiratet! Und jetzt weiß ich immer noch
nicht, wen ich zum Gatten bekomme!“ Ihre verzweifelte Ausführung ließ mich
lächeln, sie hielt diesen Aberglauben wirklich für bare Münze.
„Im
Gasthaus meines Vaters ist heute eine Wahrsagerin, vielleicht weiß die eine
Antwort“, fuhr sie gleich fort. Wahrscheinlich nannte diese ihr noch einen
dritten Mann und dann wäre das Chaos perfekt. In meinen Augen war eine
Vierzehnjährige sowieso noch zu jung für die Ehe, aber nicht hier. Immer wieder
musste ich mir ins Gedächtnis rufen, dass man mit über sechzig als steinalt
galt. Man musste schon früh den Bund der Ehe eingehen, um die Nachkommenschaft
zu sichern. Auch ich zählte in dieser Zeit nicht mehr zu den Allerjüngsten,
aber doch noch nicht ganz zum alten Eisen, wie ich festgestellt hatte.
„Und
welcher der Herren wäre dir lieber?“ Ich konnte nicht anders, ich musste sie
einfach auf den Arm nehmen. Außerdem konnte ich es ihrer Nasenspitze ansehen,
dass sie nur so darauf brannte, darüber zu reden.
„Billy
gefällt mir am besten, denn er ist noch jung und er küsst gut! Für ihn habe ich
auch ein Geschenk besorgt!“ Ihr Gesicht nahm einen verträumten Eindruck, als
sie sich an die Küsse ihres Billys erinnerte. Geschenke? In meinem Kopf
klingelten sämtliche Alarmglocken. Was wenn Raleigh mir ein Geschenk machte und
ich nichts für ihn hatte? Immerhin konnte man ihn so etwas wie meinen Galan
nennen und anscheinend war es auch zu dieser Zeit üblich, dass man dem Liebsten
ein kleines Geschenk machte, um seine Zuneigung zu zeigen. Ich konnte doch
schlecht mit leeren Händen da stehen. Ein unverzüglicher Besuch an der Royal
Exchange war wohl der beste Ausweg aus meiner Misere. Da ich ihr den Rest des
Tages frei versprach, wenn sie mich nur zügig fertigmachte, arbeitete Meg noch
einmal so schnell und zauberte mir eine wunderschöne Hochsteckfrisur.
Kaum
war ich komplett angekleidet und frisiert, machte ich mich auf die Suche nach
Phil, damit er mich zur Börse begleiten konnte. Die Ereignisse des Vorabends
waren noch zu frisch, als dass ich mich gewagt hätte, das Haus ohne Begleitung
zu verlassen. Im Haus konnte ich ihn allerdings nicht entdecken und so ging ich
nach draußen, wo er im Hof stand und gerade dabei war sein Pferd zu besteigen.
„Halt,
warte!“, rief ich und eilte auf ihn zu. Er hielt inne und wartete, bis ich bei
ihm angekommen war.
„Wie
wäre es mit einem guten Morgen?“, fragte er fröhlich. Er schien an diesem
Morgen besonders guter Laune zu sein. Nichts an ihm wies darauf hin, dass er
noch unter den Nachwirkungen des vorherigen Abends stand.
„Guten
Morgen! Wo willst du denn hin?“, testete ich vorsichtig an.
„Einfach
nur einen Ausritt machen, warum? Möchtest du mich begleiten?“
„Könnten
wir den Ausflug vielleicht mit einem winzig kleinen Umweg zur Royal Exchange
machen?“
„Und
was willst du da kaufen? Was ist so wichtig, dass es jetzt sein muss?“ Er sah
nicht so aus, als wäre es sein Herzenswunsch mit mir einkaufen zu gehen. Da
musste ich wohl noch ein bisschen Überzeugungsarbeit leisten.
„Heute
ist Valentinstag und ich habe kein Geschenk für Raleigh! Was, aber mache ich,
wenn er was für mich hat? Diese Blöße will ich mir nicht geben. Würdest du mich
also bitte, bitte begleiten? Wir sind auch ganz schnell fertig, versprochen!“
Mein Augenaufschlag hätte einem Beagle alle Ehre gereicht. Bittender konnte man
nicht schauen.
„Und
wenn er kein Geschenk für dich hat, was dann?“ Phil schien noch nicht ganz
überzeugt von meiner Idee zu sein.
„Dann
bekommst du es!“
„War
schon immer mein innigster Wunsch deinen Lückenfüller zu spielen!“, erwiderte
er eingeschnappt.
„Jetzt
spiel‘ nicht die beleidigte Leberwurst und komm schon!“
„Gut,
du Landplage, aber nur das Geschenk für Raleigh und dann gehen wir wieder!“,
willigte er dann doch, wenn auch widerwillig, ein. Vermutlich hatte er keine
Lust auf eine längere Diskussion mit mir, er konnte sich denken, dass er da den
Kürzeren zog.
Schnell
ließ er auch noch Fee satteln und wir machten uns auf den Weg zur Royal
Exchange.
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