Einsatzort Vergangenheit (German Edition)
Berger versuchte sich mit mir zu unterhalten, gab aber,
nachdem er immer nur kurze einsilbige Antworten erhalten hatte, Gott sei Dank
auf. Das hier war keine Veranstaltung zum Teambuilding, sondern ein
Überlebenskampf. Die Fahrt führte uns heraus aus der Stadt in ein bekanntes Naherholungsgebiet.
Was konnte es hier geben, was mit meinem Projekt zu tun hatte? An einem der
Parkplätze angekommen, stiegen wir aus. Wobei Herr Berger sich beeilte, um das
Auto herum zu laufen, mir die Beifahrertür zu öffnen, um mir dann auch noch
beim Aussteigen behilflich zu sein.
„Äh,
danke!“, stieß ich verwirrt hervor, denn bisher hatte kein Mann, den ich
kannte, so etwas getan. Wahrscheinlich war das auch nur eine seiner Maschen, um
bei Frauen zu landen. Bestimmt waren auch andere Frauen für solch zuvorkommendes
Handeln empfänglich und somit konnte er die Frauen leichter um seinen Finger
wickeln. Aber nicht mit mir! Schnell schüttelte ich seine Hand ab, die noch
immer meinen Unterarm umfasste.
Eine
Zeit gingen wir schweigend auf einem der Wanderwege durch den Wald. Vereinzelt
konnte man das Zwitschern der Vögel hören, vermischt mit dem Rascheln des
Laubs, das durch unsere Schritte aufgemischt wurde. Mit Schrecken stellte ich
fest, dass wir vermutlich die einzigen menschlichen Wesen waren, die zu dieser
Tageszeit durch den Wald gingen. Oh mein Gott, hoffentlich war ich nicht in die
Hände eines Psychopathen geraten. Ich war ihm hilflos ausgeliefert und gegen
seine Größe konnte ich wohl kaum etwas ausrichten. Die Bilder des Films in
meinem Kopf drehten sich immer schneller. In meinen Gedanken lag ich schon in
Einzelteilen zerstreut auf dem Waldboden. Als Herr Berger mich an der Schulter
berührte, stieß ich einen spitzen Schrei aus.
„Himmel,
was ist denn mit Ihnen los? Ich wollte Ihnen nur zeigen, dass wir fast da
sind!“
„Ich…
ich dachte, dass Sie ein Tier seien“, lautete meine unlogische Antwort, aber
auf die Schnelle war mir nichts Besseres eingefallen. Er zog die Augenbrauen
hoch und warf mir einen Blick zu, der ganz klar darauf schließen ließ, dass er
an meinem Verstand zu zweifeln schien und er mir die billige Ausrede unter
keinen Umständen abnahm. Ich konnte ihm noch nicht mal einen Vorwurf machen,
denn was ich von mir gegeben hatte, klang wirklich mehr als bescheuert. Und kam
in meinen Augen gleich nach „Ich habe eine Wassermelone getragen".
Wir
waren an einer großen Lichtung angelangt und was ich da erblickte, ließ mich an
meiner eigenen Wahrnehmung zweifeln. Vor meinen Augen stand ein
mittelalterliches Dorf! Leute in einfachen Leinenkleidern liefen auf
Lehmpfaden, Tiere wurden entlang getrieben. Nur das Flugzeug, das über uns
flog, hielt mich davon ab, mich um tausend Jahre zurückversetzt zu fühlen.
„Was
ist das?“, fragte ich fassungslos. Wie konnte es mir entgangen sein, dass es in
meiner unmittelbaren Nähe ein solches Dorf gab? Ich las die Regionalzeitung,
ging auf Fortbildungen und dann war hier quasi über Nacht das Dorf aufgetaucht?
„Das
ist ein Projekt der Uni, die Studenten und ihre Professoren haben hier nach und
nach ein Dorf errichtet. Im Rahmen ihres Seminars leben sie hier für einige
Wochen und wollen so dem Leben im Mittelalter näherkommen. Wir dürfen an einem
Tag der Projektwoche hierher kommen. Das ist übrigens eine absolute Ausnahme,
bisher hat man das Ganze nicht an die große Glocke gehängt. Sie befürchteten
wohl zu viele Neugierige.“ Ohne innezuhalten, ging er weiter auf das Dorf zu.
Mir blieb nichts anderes übrig, als ihm schnellen Schrittes zu folgen. Und zu
meiner Schande musste ich gestehen, dass ich mehr als begierig darauf war, mir
dieses Projekt näher anzusehen. Die Idee einen Tag im Mittelalter zu
organisieren, war mir zwar auch gekommen, aber immer wieder an der Art der
Durchführung von mir verworfen worden. Dieses Dorf jedoch war so viel besser,
als ich es mir je hatte vorstellen können. Und ausgerechnet Herr Berger hatte
diesen Einfall gehabt.
„Wie
haben Sie das denn hinbekommen?“, fragte ich wider Willen beeindruckt. Mir war
klar, dass ich diese Idee nicht ablehnen würde. Mein ursprünglicher Plan hatte
es zwar so vorgesehen, aber dafür war das Ganze zu großartig, als dass ich das
durchziehen konnte.
„Ach,
ich kenne einige Leute, die hier mitarbeiten und dachte mir, dass fragen nichts
kostet. Und sie haben zugestimmt. War gar nicht so schwer.“ Wir gingen auf eine
Gruppe von Leuten zu, die zusammenstand und sich zu
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