Einsatzort Vergangenheit (German Edition)
Stimme
kam sehr bekannt vor. Landen? Er sah nicht aus, als sei er Pilot. Bei wem
wollte er denn landen? Bei einer Frau? Deshalb das merkwürdige Kostüm? Ob das
seinen Erfolg bei Frauen ausmachte?
„Herr
Berger, ist heute anschaulicher Unterricht? Wollen Sie heute die Renaissance
durchnehmen?“, rief ich ihm zu, nachdem er sein Telefongespräch beendet hatte,
wohl wissend, dass er keine Klasse hatte, die das gerade durchnahm. Mein
Kollege drehte sich zu mir und der Blick, den er mir zuwarf, war alles andere
als freundlich, doch nur für den Bruchteil einer Sekunde. Schnell hatte er sich
gefasst und schenkte mir ein strahlendes Lächeln, das seine Augen jedoch nicht
erreichte.
„Guten
Morgen Frau Simon. Wissen Sie, ich wollte Theaterspielen in meiner Klasse. Sie
wissen schon „Die Weber“ von Hauptmann und so weiter. Und ich dachte mir, dass
es spaßig sei, das im Kostüm zu machen. Jetzt muss ich aber los, ich wollte
schnell mal schauen, ob wir die Bühne auch nutzen können.“ Und ließ mich
einfach stehen. Ohne auf meine Antwort zu warten. Warum bitte zog man sich für
eine einzelne Unterrichtsstunde ein Kostüm für den ganzen Tag an, und riskierte
damit sich zum Clown der Schule zu machen? Das passte nicht zu diesem Mann, der
sonst immer wie aus dem Ei gepellt aussah. Zumal dieses Kostüm definitiv nicht
passte. Shakespeare wäre passender gewesen, aber doch nicht Hauptmann.
Kopfschüttelnd ging ich zurück zum Schulgebäude, dabei fiel mir auf, dass ich
seinen Wagen gar nicht auf dem Parkplatz gesehen hatte. Dass er in dem Kostüm
im Bus zur Schule gekommen war, stand gar nicht erst zu Debatte. Irgendetwas
war mit diesem Mann nicht in Ordnung. Nach außen hin erschien er immer korrekt,
andere hielten ihn für einen guten Lehrer. Meine Meinung wich zwar davon ab,
aber die war nicht gefragt. Erst die Geschichte mit meinen Unterlagen, dann
diese Sache mit dem Kostüm und immer wieder hatte ich beobachtet, wie er in
allerletzter Minute ins Schulgebäude huschte, als hätte er ein größeres Problem
mit der Pünktlichkeit.
„Es
ist etwas faul im Staate Dänemark! Und was, werde ich auch noch rausfinden“,
murmelte ich auf meinem Rückweg zur Schule. Sein Verhalten war äußerst
merkwürdig und ich fragte mich langsam, ob ich die Einzige war, die merkte,
dass er einen an der Klatsche zu haben schien.
Die
nächsten Tage vergingen, auch was Herrn Berger betraf, ohne größere
Zwischenfälle über die Bühne und schneller als mir lieb war, war es Mittwoch.
Schon beim Aufwachen fühlte ich mich unwohl und war kurz davor in der Schule
anzurufen, um mich krankzumelden. Dann aber fiel mir ein, dass dies der Tag
war, an dem ich mit Herrn Berger wegen der Projektwoche verabredet war und mein
Unwohlsein wohl rein psychosomatischer Natur war. Die Genugtuung, dass er dies
als Kneifen meinerseits ansah, wollte ich ihm nicht geben. Also raffte ich mich
auf aus dem Bett zu kommen und fuhr zur Arbeit. Und wie sollte es anders sein?
Es war Herr Berger, dem ich bei meiner Ankunft in der Schule als Erstes an
diesem Morgen über den Weg laufen musste. War das wirklich nötig? Reichte es
nicht, dass ich den Nachmittag mit ihm verbringen musste? Und warum war er
immer und überall, fast als verfolgte er mich. War er etwa ein Stalker und ich
sein neues Opfer?
„Frau
Simon, Sie denken an unsere Verabredung heute Nachmittag? Wir treffen uns
einfach nach Schulschluss im Lehrerzimmer und nehmen dann meinen Wagen, in
Ordnung?“, begrüßte er mich fröhlich, als könnte er keinem Wässerchen trüben.
Ich konnte gerade noch ein „Geht klar“, murmeln, da war er schon wieder
verschwunden. Oh ja, ich freute mich unbändig auf diesen Ausflug mit ihm, wie
auf eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt.
Viel
zu schnell ging der Vormittag vorbei und der Schulschluss kam immer näher.
Missmutig packte ich meine Sachen und wartete auf Herrn Berger, der auch schon
nach wenigen Augenblicken erschien.
„Fertig?
Prima, dann kann es ja losgehen!“ Er schien sich tatsächlich über unsere
Exkursion zu freuen. Hatte er den Besuch in einer mittelalterlichen
Folterkammer vorbereitet und wollte nun die einzelnen Instrumente an mir
austesten? Am Parkplatz stiegen wir in seinen Luxusschlitten ein. Noch immer
fragte ich mich, wie man sich mit einem Lehrergehalt ein solches Auto leisten
konnte. Hauste er in einem Verschlag unter der Treppe? Alleine für den
Unterhalt des Fahrzeugs musste schon ein halbes Gehalt draufgehen, da war ich
mir sicher. Herr
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