Eis und Wasser, Wasser und Eis
zu zahlreich und die Augen zu klein. Ganz zu schweigen von der albernen Nase, die hartnäckig nach oben zeigte. Ingalill sagte immer, sie sehe aus wie ein Baby.
Aber für solche Gedanken hatte sie im Augenblick keine Zeit, denn jetzt wogte Frau Salomonsson in den Raum. Sie hatte eine Überraschung dabei, eine äußerst schlanke, blonde Überraschung, und schnaubte ein wenig vor Begeisterung, als sie sie vorstellte:
»Das hier ist meine Tochter Eva. Sie ist achtzehn Jahre alt und soll heute Abend mitmachen, denn sie fürchtet, dass ich modisch nicht so ganz up to date bin …«
Alle erkannten Eva wieder, alle waren schon einmal in Frau Salomonssons Laden in der Stora Norregatan gewesen und hatten sie hinter dem Tresen stehen sehen, in einem hocheleganten rosa Nylonkittel von Toni-Lee, den weißen Kragen zur Hälfte hochgestellt und die Ärmel nonchalant zu drei Vierteln hochgekrempelt. Sie war immer perfekt geschminkt und manikürt, mit frisch gewaschenem Haar, frisch frisiert, immer gut duftend und leise, und gerade deshalb fürchteten sie sich ein wenig vor ihr. Ab und zu, besonders wenn ein paar jüngere Mädchen in Gruppen in den Laden kamen, konnte sie Blicke abschießen, dass sie ganz verlegen wurden. Aber jetzt nicht. Jetzt stand sie hinter ihrer Mutter und zeigte in einem freundlichen Lächeln ihre weißen Zähne.
«Eyeliner«, sagte sie mit leicht belegter Stimme und ließ ihren Blick um den Tisch gleiten, als suchte sie jemanden. »Eyeliner ist eine Erfindung, von der ältere Damen nicht allzu viel verstehen.«
Frau Salomonsson schnaubte in gespielter Empörung.
»Ältere Damen! Na, besten Dank auch.«
Eva schob ihren Arm unter den ihrer Mutter und stupste sie kameradschaftlich an.
»Ich mache doch nur Spaß.«
Frau Salomonsson schaute ihre Tochter an und legte ihre Hand auf deren Hand.
»Ich weiß ja, Eva. Ich weiß.«
»Aber wäre es nicht einfach schön, wenn alle einmal sagen könnten, wie sie heißen?«, sagte Eva und ließ ihren Blick noch einmal die Runde machen. »Damit ich weiß, wer wer ist.«
Sie suchte sich Susanne aus. Nicht Britt-Marie. Nicht Ann. Nicht Lillemor oder Ingalill oder eine der anderen. Sondern Susanne.
»Jetzt wollen wir mal sehen«, sagte Eva, öffnete ihre Beautybox und suchte darin herum. »Seht ihr, was ich hier habe? Das ist ein Haarband, das ich aus einem kaputten Nylonstrumpf gemacht habe. Man schneidet einfach ein fünf Zentimeter langes Stück ab, und dann kann man es benutzen, um das Haar aus dem Gesicht fernzuhalten, während man sich schminkt.«
Sie schob das Strumpfstück über Susannes Kopf und entblößte so die weiße Stirn.
»Du bist eigentlich richtig hübsch«, sagte sie und sah Susannes Spiegelbild ernst an. »Eine wunderschöne Haut. Aber hell, vielleicht eine Spur zu hell …«
Und schon fing sie an, die Grundierungscreme herauszudrücken.
Susanne blieb vor dem Spiegel in der Garderobe stehen und musterte ihr Gesicht, während sie den Parka anzog. Sah sie aus wie ein Mädchen, dessen Bruder – oder Cousin oder wie man das nun nennen sollte – auf Platz eins der Top Ten war? Ja. Auf jeden Fall. Sie erkannte sich selbst kaum wieder, aber das, was sie sah, gefiel ihr. Eva hatte einen dicken Strich am Lidrand entlanggezogen und ihn mit einem kalligrafischen Fischgrätenstrich abgeschlossen. Sie war es auch gewesen, die die schwarze Wimperntusche und den perlmuttglänzenden rosa Farbton für die Lippen ausgesucht hatte. Und deshalb sah Susanne endlich aus wie ein richtiger Teenager, eine langhaarige Twiggy oder eine sehr junge, blonde Jane Asher. Das war Evas Verdienst. Es war Eva, die sie von einem unansehnlichen Riesenbaby in ein richtig niedliches Mädchen verwandelt hatte. Ja. Tatsächlich. Richtig niedlich.
Aber Ingalill war natürlich sauer. Ingalill war in letzter Zeit immer sauer.
Susanne zog sich die Stiefel an und seufzte leise. Ingalill war schon sauer gewesen, als Susanne ankam, und das hatte sich nicht geändert, als Eva anfing, Susanne zu schminken. Jetzt stand sie mit tief in die Stirn gezogener Mütze da und knöpfte sich den Mantel zu.
»Willst du noch lange dein Spiegelbild bewundern?«, fragte sie.
Susanne schob die Kapuze ihres Parkas zurecht. Die anderen Mädchen waren bereits draußen auf der Treppe, als Eva und ihre Mutter aus dem Kursraum kamen. Beide lächelten Susanne an.
»Das ist wohl nicht verwunderlich, dass sie sich im Spiegel betrachtet«, sagte Frau Salomonsson. »Wo sie so hübsch geworden ist …«
»Hier,
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