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Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)

Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)

Titel: Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Schroll
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die Gummigriffe an den Holmen sah, war er sich sicher, dass Ritters Leute Spuren finden würden, falls die Karre für den Transport der Leiche benutzt worden war.
Mehr als frierend warten konnten sie vorerst nicht. Als nach einer halben Stunde das Fahrzeug der Spurensicherung aus Gardelegen eintraf, hatte sich inzwischen niemand für die beiden Polizisten oder den Mistfuhrpark interessiert. Nachdem der Unterstand fotografiert und vermessen, der Boden abgesucht und die Fundstücke eingetütet waren, half Dreyer beim vorsichtigen Aufladen der Karre und blickte dem Auto voller Hoffnung nach. Dann sah er auf seine Uhr. »Gleich müssten die Männer vom Stall wiederkommen. Wollen wir auf Rudolf Stoll warten?«
Schwere schlurfende Schritte enthoben Judith Brunner einer Antwort. Ein zierlicher, kleiner Mann, der in viel zu großen Klamotten daherkam, lief mit tief gesenktem Kopf in einem wiegenden Gang direkt auf sie zu. Er kam erschrocken schwankend zum Stehen, als er die fremde Frau bemerkte. Misstrauisch wurde Judith mit glasigen Augen taxiert, ihre städtische Garderobe, die sauberen Schuhe, die aparte Frisur. »Wat wolln Se denn hier?« Abschätzig steckte der Mann sich eine verknitterte Zigarettenkippe an, was seinen ohnehin kaum erträglichen Ausdünstungen nicht eben zuträglich war. Er roch nicht nach Stall oder Mist, sondern stank nach Schmutz, ungewaschenem Körper und feuchten Lumpen. Außerdem hatte er sein Mittagsmahl reichlich begossen.
Judith Brunner schauderte innerlich. »Ich habe auf Sie gewartet.« Sie hatte ihn als einen der Zuschauer am Leichenfundort erkannt.
Stoll verschlug es einen Moment die Sprache, bis er Walter Dreyers gewahr wurde. Sofort wankte er zwei Schritte rückwärts und stolperte über eine Kante im Betonboden. »Wat issn los?«
»Wir haben nur ein paar Fragen an Sie, Herr Stoll.«
Der beruhigte sich etwas und sah nur Dreyer an. »Hä?«
»Wann sind Sie heute Morgen unterwegs gewesen?«
»Wegen dem Toten, wa? Na ich wa wie immer um fünfe hier. Die annern könns bestätigen.«
»Wer denn? Wem sind Sie begegnet?«
»Niemand, ich meine olle Moltke unn sen Sohn. Ham uns hier getroffen.«
»Fällt Ihnen noch mehr ein?«
»Wat soll mir noch einfalln?«
Judith Brunner mischte sich in das Gespräch ein: »Herr Moltke meinte, Sie hätten sich über eine fehlende Karre gewundert.«
Stolls Blick huschte zum Unterstand. »Dat jibt’s doch janich! Iss dat Ding schon wedder wech!«
»Wann ist Ihnen denn das Fehlen der Karre aufgefallen?«
»Na jestern schon, gleich früh wa se nich da. Hab jedacht, is ’n anner mit los. Na ja, meine isses ja nich. Aber heut morjen war se wedder da. Unn nu isse wedder wech.« Er staunte noch einmal.
Walter Dreyer versicherte: »Darum werden wir uns kümmern, Herr Stoll. War sonst noch etwas anders? Haben Sie hier jemanden gesehen, der nicht hierher gehört?«
»Ne, nur die da«, wies der Mann schwankend in Judiths Richtung.
Die nahm es hin. Freitagmorgen fehlte also die Karre. Der Dieb hatte die ganze Donnerstagnacht über Zeit gehabt, das Gefährt zu entwenden und seine Last damit zu transportieren. »Wann machen Sie hier abends Schluss?«, wollte sie noch wissen.
»Jegen acht, halb neun. Dann gehn wir wedder nach Hause.«
»Danke, Herr Stoll. Wenn Ihnen noch etwas einfallen sollte, melden Sie sich bitte bei Herrn Dreyer.«
     
     
    ~ 14 ~
     
    Bei einem heißen Tee hatten sich Judith und Walter in seinem Büro aufgewärmt und von der Begegnung mit Rudolf Stoll erholt. Nun machten sie sich auf den Weg nach Gardelegen. Dr. Renz war mit der Obduktion des Opfers sicher schon so weit, dass er erste Ergebnisse verkünden konnte. Möglicherweise war auch bei der Kriminaltechnik etwas Neues zu erfahren.
Zunächst aber unterbrachen sie ihre Fahrt in der Hoffnung, Hartmut Dampmann, den Fahrer des Postautos, zu Hause anzutreffen.
»In Poppau ist der Mittelpunkt der Welt?!« Judith staunte.
»Genau, du kannst ihn sogar sehen.« Walter deutete auf einen stattlichen Findling, der aus dem Poppauer Dorfteich ragte. »Von hier aus ist die Welt mit einer unendlichen Kette vermessen worden. Und als man damit fertig war, ist man auf acht Wegen genau hier wieder angekommen. Ein Stück der sagenhaften Kette wurde sogar noch um den Stein gewickelt. Siehst du?«
Wie zum Beweis hatte man am Teich eine Tafel aufgestellt, die uralte Geschichte darauf illustriert beschrieben und jedem angeboten, er könne das ja überprüfen, wenn er es nicht glauben wolle. Für

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