Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
finden wir auch was, Sie werden’s sehen!«, versprach er.
Judith wandte ein: »Es sind nur seine Hose und sein Pullover. Wo ist der Rest?«
»Taucht vielleicht nie wieder auf«, gab Grede zu bedenken, »aber sehen Sie mal, mit Hilfe von Dr. Renz können wir jetzt genau nachweisen, dass das Beil vom Wiepker Feuerlöschteich die Tatwaffe ist. Hier«, er hielt ihr eine Fotografie vom Schädelknochen des Opfers hin, »das ist die genaue Lage der Wunde. Und hier auf der Vergrößerung sind die Spuren der Tatwaffe zu sehen – sie passen genau zu den Riefen am Beil – es ist definitiv die Tatwaffe; der Rost passte ja auch.«
Das waren brauchbare Indizien. Judith war froh, dass wieder etwas geklärt werden konnte.
Dr. Grede hatte aber noch mehr Neuigkeiten und berichtete von Walter Dreyers Anruf aus Waldau. »Das mit den Eisblumen hat er wirklich gut beobachtet«, erkannte Grede an, »bin gespannt, was Ritter dort findet.«
»Das bin ich allerdings auch«, bekannte Judith und vermutete, dass sich Walters Eintreffen mit Gisela Neubauer wohl verzögern würde. Einstweilen konnte sie wenig tun.
Am Morgen hatte Judith einen Mitarbeiter in das Krankenhaus nach Uchtspringe geschickt, um ihn dort nach möglichen Forschungen oder Projekten zur NS-Zeit fragen zu lassen. Sie erhoffte sich nicht wirklich einen konkreten Hinweis, wollte aber keine Möglichkeit auslassen. Ihre Erwartungen waren nicht hoch, als sie Lisa im Ermittlungsbüro fragte: »Was hat der Kollege in Uchtspringe erfahren? Gab es in letzter Zeit Nachfragen?«
»Erinnern konnte sich niemand an aktuelle Dinge. Aber uns soll am besten ein pensionierter Chefarzt weiter helfen können, ein Dr. Theodor Meden, der sich wohl früher mal mit der Klinik während der Nazizeit beschäftigt hat. Er leitet jetzt auch ein in diese Richtung gehendes Forschungsprojekt. Hier ist seine Adresse.« Lisa reichte Judith einen Zettel.
»Den genauen Bericht haben Sie heute Nachmittag«, versprach sie abschließend und wurde mit einem Lächeln belohnt.
Dann fiel Lisa noch ein: »Ach, ich war bei den Kolleginnen von der Meldekartei. Bei den Ärztelisten gab es keine Treffer. Zu Frau Neubauer habe ich Ihnen hier alles notiert: Gisela Neubauer hat ihren Mädchennamen quasi gleich mit der Scheidung wieder angenommen, noch vor der Geburt von Karoline. Die Ehe hielt nur ein paar Wochen.«
»Wo haben die beiden denn geheiratet?«
»In Meißen. Das Standesamt habe ich auch vermerkt, soll ich mich genauer erkundigen?«
»Nein, noch scheint mir das nicht nötig, später vielleicht.« Judith wollte zurück in ihr Büro gehen. Aber Lisa Lenz hielt sie noch zurück. »Übrigens hat Laura Perch keinen Erfolg gehabt. Die akademische Welt scheint sich derzeit mit der Altmark im Zusammenhang mit der NS-Euthanasie nicht zu befassen.«
Judith überlegte. Laura hatte recht behalten, ein exotisches Thema. Und dennoch hatten sie diese Notizen in Robert Wolffs Auto gefunden. Hatte seine Tochter etwas mit seinem Tod zu tun? Inzwischen war es an der Zeit, dass sie aus Meißen zurückgekommen sein müsste. Doch erst eine Stunde später klingelte Judith Brunners Telefon und Karoline Neubauer wurde angemeldet.
»Bringen Sie mir bitte Wasser und Kaffee in mein Büro, Lisa? Für zwei.«
Karoline Neubauer wirkte irgendwie pubertär, obwohl sie de facto schon über zwanzig war. Es sah aus, als hätte sich ihr Babyspeck noch nicht völlig ausgewachsen. Ihr welliges, glänzendes Haar hielt sie mit einem bunten Reifen aus dem Gesicht und dazu passende Ohrringe baumelten bis auf ihre Schultern. Ihre Kleidung war im Vergleich dazu zurückhaltend, weiße Turnschuhe, Jeans und ein weißer, dicker, handgestrickter Pullover. Die junge Frau schüttelte ihr langes Haar beim Hinsetzen ein wenig und die Ohrringe taten ein Übriges, um sie effektvoll in Szene zu setzen. Eine harmonische Bewegung, die sie schon tausendmal geübt hatte. Judith ging davon aus, dass dem Mädchen dieser Narzissmus nicht bewusst war. Sonst würde es nicht so geräuschvoll Kaugummi kauen.
Karoline Neubauer verstand die ganze Aufregung nicht: Sie war mit ihrem Vater verabredet, der war nicht erschienen, da hatte sie sich am Wochenende auf den Weg zu ihm gemacht. Was ging das die Polizei an? »Oder hat meine Mutter etwa Theater gemacht? Sie wusste nicht, dass wir uns treffen wollten.«
Die Meißner Kollegen hatten offenbar nichts von dem Mord gesagt.
»Nun, Frau Neubauer, setzen Sie sich bitte erst einmal.« Judith Brunner bot ihr einen
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