Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
Brunner. Damit hatte sie nun schon den zweiten Freimaurer in Gardelegen kennengelernt.
Es war längst dunkel geworden. Judith begegnete auf ihrem Weg zurück zur Dienststelle kaum anderen Menschen. Interessiert sah sie im Vorbeigehen in die beleuchteten Schaufenster der geschlossenen Geschäfte in der Einkaufsstraße und überlegte beim Blick in die abzweigenden Gassen, ob sich wohl da oder dort eine hübsche Wohnung finden ließe.
In ihr stellte sich das angenehme Gefühl ein, heute schon allerhand erreicht zu haben: Die einstige Ehefrau und die Tochter von Robert Wolff hatten sich zu ihrer Überraschung als Bewohnerinnen von Waldau herausgestellt und konnten schon befragt werden; ebenso war in Waldau der Ort entdeckt worden, wo der Leichnam gelagert und mit Schnitten präpariert worden war; die gefundene Hose und der Pullover gehörten sehr wahrscheinlich Fritzi Bauer und einige Befragungen hatten interessante Fakten erbracht.
Lisa Lenz empfing Judith Brunner mit einer guten Nachricht: »Vor ein paar Minuten kam diese Mitteilung rein. Ein Fernschreiben!«, betonte sie gewissenhaft, »Der Exmann von Elvira Bauer sitzt fest ein, und das wohl auch noch eine ganze Weile.«
Sie reichte Judith Brunner das Blatt Papier.
»Na, das ist ja wirklich erfreulich. Eine Sorge weniger. Danke, Lisa. Gehen Sie jetzt nach Hause. Wir sehen uns dann morgen wieder«, verabschiedete Judith ihre Mitarbeiterin und wollte sich gerade umdrehen und das Haus wieder verlassen, als das Telefon am Empfang klingelte und Walter Dreyer vom Wirtshaus in Poppau anrief: »Stell dir vor, bei Dampmann brennt tatsächlich Licht. Er ist zu Hause; ich habe ihn durch sein Küchenfenster gesehen.«
»Gut. Unglücklicherweise ist in der Dienststelle kaum noch jemand, Walter. Da können wir heute nichts mehr ausrichten. Ich schicke dir aber einen Mann, der ihn observieren wird. Weist du ihn bitte noch ein? Morgen früh holen wir uns Dampmann dann.«
»In Ordnung, ich warte hier, bis jemand kommt. Und du?«
»Ich war gerade beim Losgehen. Bin in einer halben Stunde in Waldau und werde mich erst einmal stärken und dann duschen.«
»Das kannst du auch bei mir. Da wartet ein ganzes Schwein darauf, vertilgt zu werden.«
»Das ist ein Angebot, mit dem mich noch keiner ködern wollte.«
»Siehst du, schon deshalb kannst du es nicht ablehnen«, gab Walter aufgeräumt zurück.
»Stimmt.«
Walter war auf seinem Dachboden zugange, um nach den Würsten zu sehen, die im Rauch hingen, als er unten die Tür gehen hörte.
Wilhelmina hatte ihn unters Dach begleitet, musste aber feststellen, dass sie auf dem Weg die Bodentreppe hinauf umsonst fest aufgetreten war. Zwar wurde sie bemerkt, gleichwohl war hier oben nichts für sie zu holen. Also machte sie in der Hoffnung kehrt, unten im Haus Futter zu bekommen.
Walter benötigte noch ein paar Minuten; er füllte erst frische Sägespäne auf die Glut – aus Buchenholz, die er extra für diesen Zweck aufgehoben hatte und wartete, bis sie richtig zogen. Das mit dem Rauch musste genau stimmen.
»Ich bin gleich unten, Liebste«, rief er, »mach es dir ruhig schon bequem.«
Als er kurz darauf in sein Büro trat, bekam er einen ziemlichen Schreck. Nicht nur Judith saß in einem seiner Sessel, auch Laura hatte Platz genommen.
Wilhelmina schien ihn vom Fensterbrett her auszulachen.
Allerdings schien Laura zu sehr in Gedanken, um irgendetwas von Walters Lapsus zu bemerken. Ihr gingen immer noch die Umstände, die zu Astrids Schwangerschaft führten, nicht aus dem Kopf.
Judith startete augenblicklich ein Ablenkungsmanöver. Sie trat zu einem von Walters Bücherregalen und meinte: »Interessante Mischung, wirklich. Timur und sein Trupp, Blaulichthefte, Knabes Jugendbücherei, Mosaik-Hefte.«
»Ich bin auch froh, dass ich die gerettet habe.« Erleichtert ging Walter auf das Thema ein: »Bevor ich hier meine Räume für die Ortspolizeistelle eingerichtet habe, war in diesem Haus auch die Gemeindebibliothek untergebracht. Lauras Großvater hatte die mit viel Liebe und Leidenschaft geführt und eine zahlreiche Leserschaft angelockt. Dann ist er gestorben und niemand hat sich gefunden, sie weiterzuführen.«
»Wir haben uns sogar um ein paar Bücher streiten müssen, Walter und ich«, beteiligte sich Laura, nun aus ihren düsteren Gedanken erwacht, am Gespräch. »Bevor alles im Schredder der Papiermühle landen würde, haben wir eben zugegriffen.«
Walter ergänzte: »Ein paar Bilderbücher und Märchenbände hat die
Weitere Kostenlose Bücher