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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Germanien zugedacht hat?« Ahnungen waren nicht seine starke Seite. »Na schön, versuchen wir’s anders herum: Was wollte der Kaiser mir über den Rebellenführer Civilis erzählen? Er wurde mitten im Satz unterbrochen, weil Sie kamen.« Hoffnungslos.
    Ich hatte Geldbeutel und Geduld umsonst strapaziert. Noch immer brauchte ich eine Menge Fakten; wenn ich erst einmal vor Ort war, würde ich die offenen Fragen – und die Antworten darauf – selbst ausbaldowern müssen.
    Im stillen verfluchte ich mich dafür, daß ich zu diesem Schwachsinnigen so gastfreundlich gewesen war, aber ich ließ ihm die Flasche. Natürlich ließ er mich bezahlen. Er war eben ein typischer Beamter.
    Auf dem Heimweg besorgte ich einen Laib Brot und ein paar Brühwürste. Vor meinem offenen Fenster wurde es Nacht. Das Haus erzitterte unter fernen Schlägen und Geschrei; die anderen Mietparteien gerbten sich auf diverse glückspendende Weisen gegenseitig das Fell. Die Straße unter meinem Balkon hallte wider von seltsam raunenden Stimmen, denen ich lieber nicht zuhörte. Die Nachtluft wehte den typischen Stadtlärm herein; knarzende Räder, verstimmte Flöten, maunzende Katzen und die Klagelieder von Betrunkenen. Aber noch nie war mir aufgefallen, wie still es in der Wohnung war ohne Helena.
    Bedrückend still, bis sich Schritte näherten.
    Sie waren leicht, aber zögerlich – müde vom langen, beschwerlichen Aufstieg. Keine Stiefel. Auch keine schlappenden Sandalen. Zu große Schritte für eine Frau, ausgenommen eine, die mir nicht willkommen gewesen wäre. Zu lässig für einen Mann, den ich hätte fürchten müssen.
    Die Schritte machten vor meiner Tür halt. Dann war es lange still. Jemand klopfte. Ich lehnte mich auf meinem Sitz zurück und blieb stumm. Vorsichtig öffnete jemand die Tür. Der vornehme Duft einer kostspieligen Salbe stahl sich herein und geisterte neugierig durchs Zimmer.
    Dann folgte ein Kopf, darauf sorgfältig gelegte dunkle Locken, die von einem geflochtenen Stirnband gehalten wurden. Dieser Haarschnitt sollte ins Auge springen. Der Kopf wirkte sauber, adrett, wohlgepflegt und war auf dem Aventin so fehl am Platz wie Bienen in einem Federbett. »Sind Sie Falco?«
    Mein eigener Schädel wurde plötzlich heiß und juckte, als hätte ich Schuppen. »Wer will das wissen?«
    »Ich bin Xanthus. Man sagte mir, Sie würden mich erwarten.«
    »Ich erwarte niemanden. Aber wenn du schon mal da bist, kannst du ruhig reinkommen.«
    Er tat, wie ihm geheißen. Für die Wohnung hatte er nur ein abfälliges Grinsen übrig; damit waren wir schon zwei. Er hatte die Tür aufgelassen. Ich sagte, er solle sie schließen. Er tat es mit einer Miene, als fürchte er, von einem Paar wilder Zentauren zu Boden geworfen und unter feurigem Wiehern seiner Männlichkeit beraubt zu werden.
    Ich musterte ihn. Ein Schwuler. Nicht der übliche Palastkurier, mit einem Hirn so zäh wie Honig. Nein, der hier hatte Klasse – auf seine Art.
    Während ich ihn noch angaffte, nistete sich der Duft seiner unpassenden Rasiercreme in meiner Wohnung ein. Auf dem Kinn, das sich mit dieser ägyptischen Zaubersalbe schmückte, sproß seit schätzungsweise zehn Jahren ein zarter Flaum. Der Kurier trug eine weiße Palastuniform mit Goldsaum, aber die Schuhe, die ich draußen auf der Treppe gehört hatte, waren gewissermaßen seine persönliche Note: eine vorn abgerundete, zinnoberrote Kalbslederkreation, die bestimmt ein Vermögen gekostet hatte, auch wenn sie beileibe nicht jedermanns Geschmack war. Die Art feine Fußbekleidung, wie ein drittklassiger Schauspieler sie von einer dankbaren Verehrerin bekommen mag, die er erhört hat.
    »Ich habe einen Brief für Sie.« Er streckte mir die Papyrusrolle entgegen, vor der mir schon die ganze Zeit graute: fest wie Pastetenkruste und beschwert mit mindestens einer Unze feierlich gesiegelten Wachses. Ich wußte, daß sie die Instruktionen für meine Reise nach Germanien enthielt.
    »Danke«, sagte ich nachdenklich. Dieser komische Kerl in den schrillen Schuhen hatte mich neugierig gemacht. Er war nicht ganz das, was er schien. Nun traf das zwar auf die meisten Römer zu, aber seit Titus Cäsar sich so eifersüchtig in mein Privatleben einmischte, machten solche Blender mich besonders nervös. Ich nahm den Brief. »Häng du dich derweil an einen Kleiderhaken, für den Fall, daß ich eine rüde Antwort zurückschicken möchte.«
    »So ist’s recht«, schimpfte er. »Verfügen Sie nur über mich! Ich habe ja auch nichts

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