Eisenherz - Förg, N: Eisenherz
Psychologen die Zähne ausgebissen. Für uns die entscheidende Frage: Wieso verübt Holzer so viele Jahre später Anschläge auf die Ritter, die ja neue Ritter sind und aus einer ganz anderen Stunttruppe stammen?«
»Weil er allen Hass und alle Verantwortung für die Tragödien seines Lebens auf französische Stuntmen projiziert?« Evi sprach sehr leise.
»Warum jetzt?« Gerhard schüttelte unwillig den Kopf.
»Weil er Angst um seine Enkelin hat.« Baier sah von Gerhard zu Evi. »Sie haben keine Kinder. Es ist ein Beschützerinstinkt.
»Aber warum sollte er Angst um seine Enkelin haben?« Evi schaute Baier überrascht an.
»Weil sie auch dort arbeitet.«
»Aber das ist doch unlogisch. Warum sollte seine Enkelin den gleichen Fehler machen wie ihre Mutter? Und selbst wenn sie mit einem Ritter etwas anfangen sollte, sie muss ja nicht gleich schwanger werden.« Evi war aufgestanden, zum Fenster gegangen und sah starr hinaus. »Das ist doch nicht logisch«, wiederholte sie und sprach zur Fensterscheibe.
»Gegen die Angst ist die Logik machtlos, Frau Straßgütl. Völlig machtlos.« Das hatte Baier erst vorhin gesagt, und es war jetzt so richtig wie zuvor.
»Wir müssen Holzer und Steffi finden.«
»Ja, das tun wir jetzt auch. Auf nach Rottenbuch.«
»Er wird ja wohl kaum zu Hause mit Kaffee und Kuchen auf uns warten«, schimpfte Gerhard.
»Wo soll er denn hin? Er ist krank. Er hat Steffi angerufen, sie kam mit dem Wohnmobil und hat das gegen den Polo ausgetauscht. Wahrscheinlich weil der besser zu handhaben ist. Und unauffälliger. Steffi wird ihren Opa angefleht haben, in ein Krankenhaus zu gehen. Das wird er abgelehnt haben. Und mit einem Kranken in ein Hotel? Steffi wird ihn überzeugt haben. Ich bin mir sicher: Die sind in Rottenbuch. Außerdem ist die Idee, einfach nach Hause zu fahren, gar nicht schlecht. Da rechnet man am wenigsten mit ihm. Sie fahren Weinzirl.«
Gerhard fuhr schweigend. Es war stark bewölkt, ein trister Tag. Die Wolken klebten an den Bergen. Die Welt lag unter einem grauen Tuch. Als er hinter Böbing die Kurven zur Ammer hinunterchauffierte, stiegen Nebel auf. Er musste den Scheibenwischer betätigen. Aber der wischte seinen Ärger und seine ganze Anspannung nicht weg. Erst als er auf der anderen Seite wieder an Höhe gewann, auftauchte aus der geheimnisvollen Düsternis der Ammerschlucht, lichtete sich der Nebel.
Es war elf Uhr, als sie ankamen. Holzer wohnte in einem Haus unweit des Terrassencampings. Der Polo war nirgends zu sehen. Sie gingen um das Haus herum, spähten durch die Fenster, rüttelten an den Türen. Evi klingelte wie wild.
Gerhard rief: »Holzer, wir wissen, dass Sie drin sind.« Stimmte zwar nicht, konnte aber nicht schaden.
Baier winkte ihn zu sich. Auf der Gartenseite des Hauses führte eine Treppe in den Keller. Da gab es eine einfache Holztür. Baier hatte seine Pistole gezückt. Gerhard sah ihn überrascht an.
»Soll ich etwa?«
»Ja meinen Sie, ich vielleicht? Mit meinem Knie!«
Er brüllte aus dem Schacht. »Frau Straßgütl, sichern Sie die Eingangstür, wir gehen rein.«
Gehen war gut. Gerhard sah Baier nochmals zweifelnd an. Der nickte.
Also sprang Gerhard, riss das Bein hoch und trat gegen die Tür. Die flog augenblicklich auf.
»Na also!«
Sie gingen durch den Keller, dann eine Treppe hinauf, die sie in den Gang brachte. Es gab eine Küche, ein Gästeklo und eine Stube mit Eckbank und Herrgottswinkel. So wie sich das gehörte. Baier öffnete die Eingangstür, winkte Evi herein und rief: »Holzer, wenn Sie oben sind, melden Sie sich.«
Nichts.
Langsam und im Gänsemarsch gingen sie die Treppe hinauf. Ein Bad, ein Zimmer, das wohl Steffi gehörte. Noch eine Tür. Baier stieß sie auf, die Pistole im Anschlag.
Holzer lag auf einem altertümlichen Kastenbett oder besser saß, zwei dicke weiße Kissen stützten seinen Rücken.
»Das Ding können Sie wegstecken«, sagte er ganz ruhig und machte eine resignierte Handbewegung in Richtung der Stühle.
»Wo ist Steffi?«, fragte Gerhard.
»Zur Apotheke.« Er sagte das so, als kämen ein paar alte Freunde zum Krankenbesuch und man plaudere ein bisschen.
Baier steckte die Waffe weg und setzte sich. »Holzer, warum sind Sie abgehauen?«
»Ich wollte mit Steffi reden. Ihr erklären, warum das alles passiert ist. Ich wollte unbedingt mit ihr reden. Sie soll doch nicht denken, dass ihr Opa ein Verbrecher ist.«
»Das wird aber schwer werden, Holzer! Sie sind zum Beispiel ein Einbrecher. Warum waren
Weitere Kostenlose Bücher