Eisfieber - Roman
Möchtest du heute Abend auswärts essen?«
»Auswärts …?«
»Ja.«
»Also … gewissermaßen … mit dir ausgehen?«
»Noch einmal ja.«
Das war nun das Letzte, womit sie gerechnet hätte. »Nein!«, sagte sie laut, ehe ihr einfiel, wie gefährlich dieser Mann werden konnte. Rasch versuchte sie, der Zurückweisung ihre Schärfe zu nehmen. »Es tut mir Leid, Carl, du hast mich total überrascht. Ich kenne dich schon so lange, aber eben nicht … nicht so. «
»Vielleicht kann ich dein Bild von mir ändern …« Er sah plötzlich sehr jungenhaft und verletzlich aus. »Gib mir eine Chance!«
Sie blieb bei ihrem Nein, zögerte aber einen Augenblick. Carl war ein gut aussehender, charmanter Mann, sogar eine lokale Berühmtheit, und er verdiente gutes Geld. Die meisten unverheirateten Frauen, die auf die vierzig zugingen, hätten sich eine solche Chance nicht entgehen lassen – nur, was sie selbst betraf, so fühlte sie sich überhaupt nicht zu ihm hingezogen. Mit Carl auszugehen hätte sie selbst dann nicht gereizt, wenn sie ihr Herz nicht längst an Stanley verloren hätte. Warum, fragte sie sich.
Die Antwort zu finden kostete sie nur eine Sekunde. Carl war nicht integer. Bei einem Mann, der um einer Sensationsstory willen jederzeit bereit war, die Wahrheit zu verdrehen, musste man davon ausgehen, dass er auch in anderen Lebensbereichen unehrlich war. Nein, ein Ungeheuer war er nicht. Es gab viele solche Männer wie ihn und auch einige Frauen dieses Schlages. Aber für Toni war es einfach nicht vorstellbar, mit einem so seichten Typ wie Carl intim zu werden. Wie hätte sie einen Menschen, dem sie kein Vertrauen schenken konnte, küssen können, ihm kleine Geheimnisse anvertrauen, all ihre Hemmungen ablegen, ihm ihren Körper überlassen können? Allein schon bei der Vorstellung wurde ihr übel.
»Ich fühle mich sehr geschmeichelt«, log sie. »Aber trotzdem – nein.«
So leicht gab er allerdings nicht auf. »Weißt du, dass ich schon immer von dir geträumt habe, selbst als du noch mit Frank zusammen warst? Das musst du doch gespürt haben.«
»Du hast gern mit mir geflirtet – aber das hast du auch mit den meisten anderen Frauen.«
»Das war nicht dasselbe.«
»Bist du nicht mit diesem Mädchen von der Wetterkarte befreundet? War da nicht erst kürzlich ein Bild in der Zeitung?«
»Mit Marnie? Aber das war doch nichts Ernstes. Das war doch hauptsächlich publicityhalber.«
Toni hatte mit ihrer Frage offenbar einen Nerv getroffen. Vermutlich hat Marnie ihn abblitzen lassen, dachte sie. »Tut mir Leid«, sagte sie mitfühlend.
»Lass Taten sprechen, keine Worte. Komm, geh einfach heute Abend mit mir essen. Ich hab im La Chaumière schon einen Tisch bestellt.«
Das La Chaumière war ein Luxusrestaurant. Die Reservierung musste daher schon eine Zeit lang zurückliegen – wahrscheinlich war Marnie die Auserwählte gewesen. »Ich hab heute Abend zu tun«, sagte sie.
»Du trauerst doch nicht etwa immer noch Frank nach, oder?«
Toni lachte bitter. »Das habe ich tatsächlich eine Weile getan, dumm, wie ich bin. Aber inzwischen bin ich darüber hinweg. Und zwar meilenweit.«
»Jemand anders also?«
»Nein, nichts Festes.«
»Aber du interessierst dich für jemanden. Doch nicht etwa für den alten Herrn Professor?«
»Mach dich nicht lächerlich«, sagte Toni.
»Du wirst doch nicht etwa rot, oder?«
»Ich hoffe, nein – obwohl jede Frau, die sich einem solchen Verhör ausgesetzt sieht, mit vollem Recht erröten dürfte.«
»Mein Gott, du spekulierst wirklich auf Stanley Oxenford!« Carl konnte eine Zurückweisung nicht ertragen. In seiner Wut verzerrte sich sein Gesicht zu einer hässlichen Fratze. »Ja, natürlich, er ist ja Witwer, nicht wahr? Die Kinder sind aus dem Haus, und dann das viele Geld, das ihr zwei ganz alleine verjubeln könnt.«
»Das ist wirklich ekelhaft, Carl …«
»Die Wahrheit ist oft ekelhaft. Du hast eine Vorliebe für Überflieger, was? Erst Frank, der Mann mit der schnellsten Karriere in der Geschichte der schottischen Polizei, und nun ein steinreicher Wissenschaftler und Unternehmer. Du bist ein Prominenten-Groupie, Toni!«
Sie musste dem ein Ende setzen, ehe sie noch die Beherrschung verlor. »Ich danke dir, dass du zu unserer Pressekonferenz gekommen bist«, sagte sie und reichte ihm die Hand. Er schüttelte sie automatisch. »Und nun gehab dich wohl.« Toni machte kehrt und ließ ihn stehen.
Sie zitterte vor Wut. Der Kerl hatte ihre tiefsten Empfindungen in
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