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Eisige Versuchung

Eisige Versuchung

Titel: Eisige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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erkannte, doch für jedes Problem gab es eine Lösung. Man musste nur clever und abgebrüht genug sein.
    Erst als Roque sich verabschiedete, hatte sein Vater sich einen abfälligen Kommentar nicht verkneifen können: »Genieße jeden Tag mit der Karre, denn du wirst sie bestimmt bald wieder verticken müssen, um deine Miete zahlen zu können!«
    Seit drei Wochen war Roque nicht mehr zu Hause gewesen. Es machte ihm nichts aus. Überhaupt nichts! Zumindest redete er sich das ein. Sein ganzes Leben lang hatte er versucht, seinem Vater gerecht zu werden. Aber egal, was er tat, es reichte nie. Roque machte sich jedoch keine Sorgen, er könnte es doch nicht weit bringen. Dass sein Dad nicht an ihn glaubte, spornte ihn nur an. Allerdings befürchtete er, irgendwann genauso mürrisch zu enden wie er. Die ersten Anzeichen hatte er schon an sich entdeckt.
    Plötzlich öffnete sich die Tür, und er schreckte aus seinen Gedanken auf. Mr. und Mrs. Cusack traten ein, sie zögerlich, er schon forscher.
    Rasch nahm Roque seine Füße vom Tisch und sprang auf. Ihre vorwurfsvollen Mienen ließen nichts Gutes erahnen. Er setzte sein strahlendstes Verkäuferlächeln auf, ging zu ihnen und reichte ihnen mit einer überschwänglichen Geste die Hand. »Alora, Corkey, wie geht es Ihnen? Sie sehen beide blendend aus! So erholt. Die frische Luft auf dem Land tut Ihnen gut.«
    Ohne Umschweife kam Mr. Cusack auf den Grund ihres Besuchs zu sprechen. »Mr. Rodriguez, wir sind gekommen, um den Kauf rückgängig zu machen.«
    »Bitte, setzen Sie sich doch!« Roques Magen krampfte sich zusammen, als hätte der alte Mann ihn geboxt. Er rückte den Stuhl zurecht, damit Mrs. Cusack sich setzen konnte. »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Ich habe leider nur stilles Selters hier, aber das ist ja bekanntlich am gesündesten.« Dass es sich nur um Leitungswasser handelte, würden sie bestimmt nicht merken. Er musste eben sparen, wo er konnte.
    »Nein danke.« Corkey zog seinen Hosenbund hoch, bevor er neben seiner Frau Platz nahm. Er hatte abgenommen. Seine Wangen waren eingefallen. »Sie haben uns eine Bruchbude vermittelt, die entweder grundsaniert oder abgerissen werden sollte. Wir wollen unser Geld zurück.«
    Beschwichtigend hob Roque seine Arme, als würde er sich ergeben, dabei sagten seine Worte genau das Gegenteil aus. »So einfach geht das nicht. Sie haben das Objekt eingehend besichtigt und können nun nicht behaupten, nicht gewusst zu haben, was Sie da übernehmen.«
    »Es sind Löcher in den Wänden.« Empört rümpfte Alora ihre Stupsnase.
    »Sie wurden einfach übertapeziert, sodass man sie nicht auf den ersten Blick erkannte.« Corkey rutschte bis auf den Rand des Stuhls nach vorn. »Aber mir fiel ein Schemen auf. Zumindest dachte ich zuerst, dass es einer wäre. Da war jedoch nichts, was einen Schatten warf. Also strich ich darüber und spürte, dass kein Putz unter der Tapete war.«
    Roque hatte damit gerechnet, dass sie all die Defizite des Hauses entdecken würden, allerdings nicht so früh. Das Ehepaar war alt, sie konnten bestimmt nicht mehr so gut sehen. Zu dumm, er hatte sich getäuscht. Er tat überrascht und lehnte sich theatralisch zurück, als könnte er es nicht fassen. »Das wusste ich nicht. Ich bedaure das sehr!«
    »Als Erstes mussten wir die Klimaanlage erneuern, das waren Kosten, die wir nicht eingeplant hatten und die eigentlich auch nicht drin gewesen wären.« Corkeys Faust hieb auf die Tischplatte, aber zu sanft, um ein Geräusch zu erzeugen, das Roque hätte zusammenzucken lassen. »Das Garagentor mussten wir reparieren und die Türen streichen lassen, denn irgendjemand – ich vermute, die Kinder des Vorbesitzers – hat sie bemalt. Wir sind alt, Mr. Rodriguez, wir können nichts mehr selbst in Ordnung bringen und haben keine Familie, die uns helfen könnte.«
    »Handwerker sind teuer«, warf Alora ein und fasste den Riemen ihrer Handtasche, die auf ihrem Schoß lag, fester.
    »Wärt ihr doch nur netter zu eurer Tochter gewesen!«, dachte Roque heimlich, gab sich zuerst betroffen und ging dann in die Gegenoffensive. »Ich fühle mit Ihnen, aber dafür kann ich nichts. Kurz nach einem Hauskauf kann immer etwas kaputt gehen. Da steckt man nicht drin.«
    »Der nächste Supermarkt ist genau eine Stunde und sechs Minuten Fahrtzeit entfernt. Das hätten Sie uns sagen müssen!« Corkey nahm seine Baseballkappe ab, holte ein Stofftaschentuch aus seiner Hosentasche und wischte sich über seine Halbglatze. »Einkaufen

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