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Eisiges Blut

Eisiges Blut

Titel: Eisiges Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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Michael einen Windschutz, dann schlang er seine
Nylonjacke vorsichtig um Kristins Kopf, ohne ihr den zertrümmerten Helm abzunehmen. Ihr Gesicht war zum Glück unversehrt, und sie sah ganz friedlich aus. Sie schien keine Schmerzen zu haben. Zumindest dafür war er dankbar. Bis zur frühen Morgendämmerung, wenn er sich an den Abstieg wagen konnte, blieb ihm nichts zu tun, außer seine eigenen Ängste zu unterdrücken, sich hinzukauern und zu versuchen, sie zu wärmen, so gut es ging. Er unternahm einen letzten Versuch und blies die Pfeife, doch das Geräusch schien sich in den Gipfeln um ihn herum zu verlieren. Er kroch zu Kristin unter den Schlafsack und flüsterte ihr ins Ohr: »Mach dir keine Sorgen, ich bring dich hier raus. Ich verspreche dir, ich bring dich nach Hause.«

17 . Kapitel 9 .Dezember, 13 : 00 Uhr
    Darryl fühlte sich wie ein Astronaut, dem gerade mitgeteilt wurde, dass sein Ausflug in den Weltraum ausfiel.
    »Aber es geht mir gut«, wiederholte er, als Dr.Barnes sich auf einer Karteikarte Notizen machte.
    »Aber deine Körpertemperatur sagt etwas anderes«, erwiderte sie. »Du hast immer noch eine leichte Unterkühlung vom gestrigen Tauchgang, und ich werde dich heute nicht da runterlassen, egal, was du sagst.«
    Wie Darryl es Michael prophezeit hatte, hatte der Chief tatsächlich einen weiteren Tauchgang genehmigt, um zumindest die versunkene Truhe zu bergen. Und was die Eisprinzessin anging, hatte er gesagt, die sollten sie auch mitbringen, wenn sie mitkommen wollte.
    »Aber Michael lässt du auch gehen«, beschwerte sich Darryl jetzt in einem allerletzten Versuch bei Charlotte.
    »Michael ist auch gesund«, erklärte sie, »und außerdem, wenn Michael von einer Brücke springt, würdest du das dann auch machen?« Sie lachte und kritzelte noch etwas auf sein Krankenblatt. Darryl wusste, dass er bei ihr nicht weiterkam.
    Er knöpfte sein Hemd zu und sprang von der Untersuchungsliege. Im Grunde wusste er, dass Charlotte recht hatte. Er spürte tatsächlich immer noch die Nachwirkungen von gestern. Egal, wie viel heißen Tee er trank und wie viele Pfannkuchen mit Sirup
und Butter er aß, ein Teil in seinem Innern war immer noch kalt. Letzte Nacht hatte er sich mit allen verfügbaren Decken im Zimmer zugedeckt, und war trotzdem um drei Uhr morgens mit klappernden Zähnen aufgewacht.
    »Spielverderberin«, sagte Darryl, als er die Krankenstation verließ. Im Flur stieß er auf Michael, der Murphy gerade sein eigenes Gesundheitsattest vorbeigebracht hatte.
    »Können wir los?«, fragte er, und Darryl musste ihm die schlechte Nachricht beibringen.
    Michael machte ein überraschtes Gesicht. »Soll ich mit ihr reden?«, fragte er und nickte in Richtung Charlottes Büro.
    »Das würde nichts bringen. Diese Frau ist aus Granit. Du musst losziehen und die Entdeckung des Jahrhunderts ohne mich machen. Ich werde inzwischen im Labor deinen Wein niedermachen. Er dürfte inzwischen aufgetaut sein.«
    Michael klopfte ihm auf die Schulter und schritt durch den Korridor davon. Darryl schlüpfte in den Parka und setzte die Mütze auf. Selbst bei den kürzesten Strecken zwischen den Gebäuden musste man sich vor den Unbilden des Wetters schützen. Nach einem kurzen Aufenthalt in der Küche ging er zu seinem meeresbiologischen Labor.
    Obwohl er eine Menge weit wichtigerer Aufgaben zu erledigen hatte, wartete direkt vor seinem Laborstuhl die Flasche Wein auf ihn, und er fand die verdammte Flasche merkwürdig faszinierend. Gewiss, damit würde er sich im Kreis der Wissenschaftler keinen Namen machen oder sein Ansehen erhöhen, aber wie oft bot sich einem schon die Gelegenheit, ein historisches Artefakt zu untersuchen? Er fühlte sich wie einer der Männer, die beim Geschirr der
Titanic
an den verkrusteten Oberflächen kratzten, um den Namen des versunkenen Schiffes wieder auftauchen zu sehen. Mit ein bisschen Glück war diese Flasche wesentlich älter als irgendetwas auf dem Schiff der White Star Line.
    Er griff in das Becken, dessen Wasser inzwischen Raumtemperatur
hatte, und holte die Flasche heraus. Unlesbare Fetzen des Etiketts schwammen im Wasser. Als er die Flasche gegen das Licht hielt und neigte, sah er die Flüssigkeit darin herumschwappen. Es war noch jede Menge Wein übrig, und womöglich war es ein guter alter Jahrgang, mit dem sie heute Abend anstoßen konnten. Für seine Routineuntersuchung benötigte er nur ein paar Tropfen. Es wäre doch nett, wenn er herausfinden könnte, was für ein Wein es war, für

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