Eiskalt in Nippes
Feierabend machen wollte und ihm entgegenkam. Auf der Verkehrsinsel an der Ampel an der Geschwister-Katz-Straße blieben sie stehen, und Schuster erzählte von dem Anruf am Abend und dass er für die Mordkommission einen Vermerk geschrieben hatte.
„Und mehr hat die Frau nicht gesagt?“, wollte Westhoven wissen.
„Nein, die hat ja einfach aufgelegt, ich glaube, die war viel zu aufgeregt.“
„Hast du ihre Rufnummer notiert?“
„Die Telefonnummer war unterdrückt, ich konnte sie nicht lesen“, schüttelte Schuster den Kopf.
„Komm gut nach Hause und schlaf gut“, setzte Westhoven seinen Weg zum KK 11 fort. Immerhin ein erster, wenn auch minimaler Hinweis, freute er sich.
Auf dem Weg zu seinem Büro holte er sich auf der Kriminalwache den erwähnten Vermerk und nahm auch den Rest der Dienstpost für das KK 11 gleich mit. Er durfte nur nicht vergessen, der guten Seele des Geschäftszimmers Bescheid zu sagen, dass dies schon erledigt sei. Im Fach mit der Beschriftung KK 11 lag ein dicker Stapel Papier. Die Kriminalwache musste über Nacht zu gleich drei Todesfällen ausrücken und die ersten Maßnahmen treffen. Arndt Siebert würde die Unterlagen gleich an die Ermittler verteilen. Diese würden die Fälle dahingehend prüfen, ob es sich um sogenannte „natürliche“ Tode handelte oder ob Fremdverschulden vorlag und jemand beim Sterben nachgeholfen hatte. Auf jeden Fall hieß das viel Telefonieren mit Angehörigen und Ärzten. Die Informationen der Ärzte waren in der Regel recht dünn, denn nur zu gern beriefen sich die Herren in Weiß grundsätzlich auf ihre ärztliche Schweigepflicht.
Die Kriminalwache hatte die drei Leichen zur Rechtsmedizin bringen lassen. Dort würde durch den diensthabenden Gerichtsmediziner gegen09.00 Uhr die tägliche „Visite“ bei den Neuankömmlingen durchgeführt. Wenn von dort dann kein alarmierender Anruf kam, war in der Regel von einem natürlichen Ableben auszugehen. So musste man nur noch die Routine erledigen, d. h. die Kapitalabteilung der Staatsanwaltschaft Köln informieren, die dann darüber befand, ob eine Freigabe zur Bestattung erteilt werden konnte oder ob weitere Ermittlungen durchzuführen waren.
Westhoven schaltete das helle Bürolicht ein, setzte sich hinter seinem Schreibtisch auf den Stuhl und las Schusters Vermerk. Später würde er diesen Gerber in die Hand drücken, damit dieser feststellte, wer Erna Schmitz war und was sie eigentlich mit ihrem Anruf mitteilen wollte.
ZWÖLF
Die schwarze 5er-BMW-Limousine parkte im Schatten unter der Eisenbahnbrücke auf dem Bürgersteig. Die digitalen Ziffern im Armaturenbrett zeigten 09.33 Uhr.
Katrin Oehmchen hielt etwa zur gleichen Zeit mit ihrem Taxi 1022 vor dem Polizeipräsidium, um einen Fahrgast abzusetzen, der dort zur zeugenschaftlichen Vernehmung in einem Ermittlungsverfahren gegen einen Kommunalbeamten im KK 32 vorgeladen war.
Der Fahrgast hatte gerade gezahlt, als ihr einfiel, dass sie heute Morgen in der Werbebeilage ihrer Zeitung gelesen hatte, dass in den Köln-Arcaden ein pinkfarbener Samt im Ausverkauf angeboten wurde. Darauf hatte Katrin Oehmchen nur gewartet, schon lange träumte sie von einer selbst genähten Jacke aus pinkfarbenem Samt. So nutzte sie also die Gelegenheit, fuhr um das Gebäude herum und parkte ihr Taxi im Parkhaus der Köln-Arcaden. Überschäumend vor Freude unterhielt sie mit ihrem Gekicher den halben Laden. Mit dem Stoff unterm Arm suchte sie sichauch gleich die passenden Knöpfe aus.
Eiligen Schrittes, Zeit ist Geld im Taxigeschäft, verließ Katrin Oehmchen die Köln-Arcaden und machte sich auf den Weg zu ihrem Taxi 1022. Sie verließ das Parkhaus und fuhr zurück zur Kalker Hauptstraße.
Die Ampel am Walter-Pauli-Ring zeigte Rot. Gleichzeitig hörte Katrin Oehmchen einen laut aufheulenden Motor und quietschende Reifen. Sie dachte nur
Was für ein Idiot muss da am Steuer sitzen?
und schüttelte den Kopf.
Kurz darauf sah sie auf der entgegenkommenden Fahrbahn ein schwarzes Auto heranrasen und Sekundenbruchteile später hörte sie den dumpfen Schlag eines Aufpralls und einen kurzen, abrupt endenden Schmerzensschrei.
Ein Rollator flog mit einem lauten Scheppern durch die Luft und knallte gegen die Fußgängerampel. Eine ältere Frau, die eben noch über den Fußgängerüberweg ging, wurde auf die Motorhaube geschleudert, prallte mit dem Kopf gegen die Frontscheibe, wirbelte über das Autodach und schlug mit einem dumpfen Aufprall, ähnlich dem einer auf den Boden
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