Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)
ein Mann mit kurzgeschnittenen, dunklen Haaren und freundlichen Augen. Er lächelte Holtz an, sagte aber nichts.
Holtz wusste nicht, was er von ihm halten sollte. Wollte er etwas verkaufen? Eine Alarmanlage, einen Staubsauger? Wollte er ihm eine obskure Religion aufzwingen? Holtz fröstelte es. Er errötete etwas, als ihm klar wurde, dass er seinen Judoanzug trug.
»Ja, bitte?«, sagte er, als er nicht länger darauf warten wollte, dass ihn der Mann über den Zweck seines Besuchs unterrichtete.
»Darf ich reinkommen?«, fragte der Mann. Er hatte einen leichten Akzent.
»Das kommt ganz darauf an, warum Sie hier sind, und vor allen Dingen, wer Sie sind.«
»Entschuldigen Sie, ich dachte, Sie würden mich erkennen. Ich bin Nahids Vater.«
Es dauerte mehrere Sekunden, bis Holtz verstand, was der Mann gesagt hatte. Nahids Vater? Seine Gedanken wirbelten durcheinander. War etwas mit Nahid? Wieso hätte er Nahids Vater erkennen sollen? Er hatte zwar viel über ihren Vater gehört, aber begegnet waren sie sich nie.
»Ist ihr etwas zugestoßen? Wo ist sie?«, brachte er schließlich hervor.
»Nein, nein, es ist nichts passiert. Darf ich jetzt reinkommen?«, fragte Nahids Vater ein weiteres Mal.
»Ja natürlich, treten Sie ein.« Holtz ließ ihn in die Diele treten, nahm ihm den Mantel ab und hängte ihn auf einen Bügel. »Behalten Sie die Schuhe an, das tue ich auch immer«, sagte er, obwohl sein Besucher keinerlei Anstalten gemacht hatte, die Schuhe auszuziehen.
Nahids Vater, der immer noch nicht seinen Namen gesagt hatte, ging ihm voran auf eine Art und Weise ins Wohnzimmer, wie es nur sehr selbstsicheren Männern eigen ist. Männern, die das Befehlen gewohnt sind. Männern mit angeborener Autorität. Holtz überkam das seltsame Gefühl, selber der Besucher zu sein, als er ihm in sein eigenes Wohnzimmer folgte. Die Tatsache, dass er einen Judoanzug trug, steigerte nicht unbedingt sein Selbstwertgefühl.
»Sie haben ein schönes Zuhause.«
»Danke. Aber warum sind Sie hier? Wo ist Nahid?«
Der Mann betrachtete Holtz, musterte ihn von Kopf bis Fuß. Langsam und gründlich und die ganze Zeit mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen.
»Meine Tochter ist eine sehr eigensinnige junge Frau. Eigensinnig und sehr energisch.«
»Danke für diese Information, aber könnten Sie jetzt so freundlich sein und mir die Frage beantworten, warum Sie hier sind?«, entgegnete Holtz, der langsam sein Selbstvertrauen zurückgewann. »Was wollen Sie?«
»Sie hat viel von Ihnen erzählt, nur Gutes natürlich. Sie sind bei der Polizei.«
»Ja.«
»Nahid ist alles, was mir geblieben ist. Sie ist der einzige Mensch, der unsere Familie weiterführen kann.« Holtz wurde langsam ärgerlich. Wer war dieser Mann, der einfach zu ihm nach Hause kam und mit ihm sprach, als wäre er ein kleiner Junge? Der sich das Recht herausnahm …
»Ich möchte Ihnen eine Geschichte erzählen«, sagte der Mann und deutete fragend auf das Sofa.
Ulf Holtz nickte. Schließlich war er Nahids Vater.
»Bitte nehmen Sie doch Platz.« Holtz setzte sich selbst auf den Sessel gegenüber dem Sofa. Er erwog, seinem Gast etwas anzubieten, entschied sich dann aber dagegen.
»Ich heiße übrigens Morteza Ghadjar«, sagte der Besucher, nachdem er es sich auf dem Sofa bequem gemacht hatte.
»Angenehm.« Holtz glaubte nicht, dass sein Gegenüber die Ironie bemerkte.
Morteza Ghadjar lächelte und schien darüber nachzudenken, wie er beginnen sollte.
»Als wir hierherkamen, besaßen wir überhaupt nichts. Wir hatten nur, was wir am Leib trugen. Alle unsere Verwandten blieben im Iran, als wir flohen. Soweit ich weiß, lebt von ihnen niemand mehr. Nur wir drei, Nahid, ihre Mutter und ich, entkamen. Ich ließ ein gut gehendes Unternehmen im Iran zurück und war fest entschlossen, in einem anderen Land neu zu beginnen.«
»Sie kamen nach Schweden?«
»Das war Zufall. Ich hatte mir Deutschland vorgestellt, aber unterwegs änderte sich die Route, und wir gerieten in dieses kalte Land im Norden.«
»Dieses kalte Land im Norden?«, erwiderte Holtz trocken.
»Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin sehr dankbar für alle Möglichkeiten, die mir geboten wurden.«
Ulf Holtz ahnte die Verbitterung hinter der ruhigen und eloquenten Fassade. Und dieses Gefühl sollte sich im Laufe der folgenden Stunde verstärken. Morteza Ghadjar erzählte von der ersten Zeit in dem fremden Land, vom Kampf ums Überleben und davon, ganz von vorne anfangen zu müssen. Er war nachts Taxi
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