EISKALTER SCHLAF: Poesie des Bösen: Thriller (German Edition)
meinen Worten.“ Der Ton wurde lauter, als hätte jemand nachgeregelt. „Zwei bedeutet: Du bist Katharina.“
Anna lauschte angestrengt.
„Zwei … zwei … zwei …“
Auf dem Bildschirm sah man, wie sie ihre kristallblauen Augen öffnete. „Küss mich, Jörg.“
Kreiler umarmte sie mit einem seligen Lächeln. „Du bist bei mir in Sicherheit. Du bist Katharina, die Schöne, die Glückliche, die Erhabene.“ Dann legte er ihr eine Glasperlenkette um den Hals. „Du bist mein Mädchen“, hauchte er.
***
Im Verhörraum des Polizeipräsidiums herrschte eine beklemmende Stille. Hilflos wanderte van Cleefs Blick von Alexandra zu Robert.
„Ich brauche einen Cognac.“
„Es ist der schlimmste Missbrauch, den man an einem erwachsenen Menschen begehen kann“, sagte Alexandra leise.
„Dieses Schwein hat ihr all das suggeriert, was er in den Ermittlungsakten gelesen hat! Und noch ein bisschen mehr. Er brauchte sie nur anzurufen und Zwei in den Hörer zu hauchen, und schon glaubte sie, ihre Schwester Katharina zu sein?“, fragte Neumann sichtlich aufgebracht.
Hirschau nickte.
„Kreiler hat durch die Einsicht in die alten Polizeiakten traumatische Erlebnisse in ihrer Vergangenheit aufgespürt und durch gelenkte Träume und die symbolhafte Bedeutung ihrer Bilder die Sinneswahrnehmungen getäuscht, um sie zu manipulieren“, ergänzte Alexandra.
„Das ist das, was wir beim BKA Gehirnwäsche nennen“, sagte Hirschau.
„Wenn ich euch richtig verstanden habe, wurden ihre Erinnerungen also nicht ausgelöscht, sondern es wurden ihr gewissermaßen falsche eingepflanzt?“, fragte van Cleef.
„Ja. Aber wie alle Suggestionen wirken diese Einflussnahmen zunächst nur einige Tage. Sie können aber durch sehr häufige Wiederholung in mehreren Sitzungen durchaus dauerhaft eingeprägt werden. Wir haben Glück, es rechtzeitig aufgedeckt zu haben. Anna wird irgendwann damit klarkommen, aber sie braucht einen verdammt guten Arzt.“
Van Cleef drehte sich zu Kirstin um. „Ich danke dir. Du hast uns sehr geholfen.“
Kirstins Miene hellte sich auf. „Es tut gut, auch mal wieder einem Erwachsenen helfen zu können. Die Kinder sind manchmal hoffnungslose Fälle. Aber ich gebe nicht auf.“
Van Cleef grinste und betrachtete sie. „Was sagen denn eigentlich deine Kids dazu, dass du mit deinen Haaren aussiehst wie eine Litfaßsäule der Telekom?“
Kirstins Augen sprühten Funken. „Jetzt tut es mir schon fast leid, dass ich dir geholfen habe.“ Sie lachte. „Apropos. Ich muss wieder. Bis dann.“
„Flottes Mädchen“, murmelte Hirschau, als Kirstin Breuer gegangen war.
Neumann grinste. „Bei ihr möchte man auch krimineller Jugendlicher sein, was?“
Van Cleef wandte sich an Hirschau und Alexandra. „Ich danke euch für das perfekte Arrangement. Ich weiß es zu schätzen, zumal ihr beide bestimmt Wichtigeres zu tun habt.“
Hirschau gab Alexandra einen Kuss. „Was meinst du, Alex?“
Sie lächelte verschmitzt und gurrte: „Mal sehen, was sich da machen lässt.“
Hirschau drehte sich zu van Cleef um. „Was machen wir jetzt mit Kreiler?“
„Verhaften“, sagte van Cleef. Seine Augen waren gleichzeitig traurig und kalt. „Es liegt der dringende Tatverdacht vor, dass dieser Mann fünf Menschen umgebracht hat.“
Hirschau schüttelte den Kopf. „Nein, nein. Der ist zu feige, eine solche Tat zu begehen. Kreiler würde eher jemanden manipulieren, als ihn zu töten. Davon konnten wir uns ja eben wohl überzeugen.“
„Tut mir leid, Robert“, sagte van Cleef, „da bin ich ganz anderer Meinung. Neumann, schick einen Streifenwagen in die Praxis. Wir fahren zu Kreilers Villa in der Rudliebstraße.“
„Was ist mit seiner Bude in Salzburg?“, fragte Neumann.
„Stimmt, das hätte ich fast vergessen. Fax den österreichischen Kollegen ein Foto von diesem Drecksack“, sagte van Cleef.
***
Mit Blaulicht und Sirene rasten die beiden Polizisten wenig später durch Münchens Innenstadt und hielt mit quietschenden Reifen vor Kreilers Villa.
Benedikt van Cleef ging ums Haus, die Waffe griffbereit. Er trat auf die Terrasse und ließ Neumann die Tür zum Wohnzimmer aufbrechen.
Dort war es dunkel. Er nahm einen zarten Hauch von Äther wahr und zog sich die Latexhandschuhe über. Er war der Panik nahe. Nicht noch einmal, dachte er. Nein, nicht noch einmal. Ich muss mich zusammenreißen. Er bewegte sich Stufe für Stufe die Treppe hinauf, bevor er an der Schlafzimmertür einen Moment stehen blieb und tief
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