Eisrosensommer - Die Arena-Thriller
soll ich gesagt haben? Nichts.«
»Ich mein ja nur. Man will schließlich keinen Ärger.«
Lennart legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und schwieg.
»Und beweisen kannst du dem Jungen eh nichts«, fügte Tamara Peters hinzu.
»Komm, lass mich das machen«, sagte Lennart und nahm ihr den Spaten aus der Hand.
Während er Naguals Grab aushob, nestelte seine Mutter ein Päckchen »Golddollar« aus der Tasche, zündete sich eine Zigarette an und inhalierte gierig.
»Die Setterhündin von den Dreschmanns hat Junge«, sagte sie nach ein paar Zügen, »wenn du willst, kannst du dir morgen eins aussuchen.«
»Danke. Nein.«
Als die Grube tief genug ausgehoben war, stützte Lennart sich einen Moment lang auf den Spaten, um wieder zu Atem zu kommen. »Sag mal: Warum hast du dem anderen Mädchen eigentlich nicht ein paar von deinen alten Reitklamotten geliehen?«
»Welchem anderen Mädchen?«
»Der mit dem Hippiekleid.«
»Keine Ahnung, wovon du redest.«
»Rebecca Martens oder Matzek oder so. War um halb drei angemeldet. Ich hab stundenlang in der Halle auf sie gewartet.«
»Halb drei?« Tamara Peters zuckte die Achseln und zerknüllte das leere »Golddollar«-Päckchen. »Da hat niemand geklingelt.«
5
Als Pia Jonas vor der nächsten Cavalleria-Vorstellung endlich auf seinem Handy erreichte, wirkte er fahrig und unkonzentriert. Von dem missglückten Abend war keine Rede mehr. Auch nicht davon, dass er keine von Pias verzweifelten SMS beantwortet hatte.
Auf ihre Frage, wie es denn auf dem Petershof gelaufen wäre – Pia kam sich ein bisschen schäbig dabei vor, aber sie hatte sich entschlossen, Jonas nichts von ihrem Besuch dort zu erzählen –, sagte er kurz angebunden: »Ich geh da nicht mehr hin.«
»Was?!« Pia kam sich gleich noch ein wenig schäbiger vor, als sie so tat, als wisse sie von nichts, aber sie wollte nun mal unbedingt Jonas’ Version der Ereignisse hören.
»Wieso das denn nicht?«
»Ich hab doch gesagt: Der Typ ist krank im Kopf! Erst behauptet er, ich hätte ihn absichtlich angefahren, und dann ersäuft er seinen eigenen Hund, um mir das anzuhängen!«
»So ein Quatsch! Wer macht denn so was?!«
»Sag ich doch: Der tickt nicht richtig! Voll schizo!«
So kam mir Lennart Peters aber überhaupt nicht vor. Andererseits…
Pia wusste beim besten Willen nicht, wie sie auf Jonas’ Unterstellungen reagieren sollte, und so trat sie – wie immer – die Flucht nach vorn an.
»Mensch, Jonas! Das kannst du nicht machen! Geh ihm doch einfach aus dem Weg! Wenn du an den nächsten drei Wochenenden da nicht aufkreuzt, ist das Teen-Court-Urteil hinfällig, und du landest vor Gericht! Fabian hat doch klar und deutlich gesagt, was dann passiert!«
»Ich denk ja nicht dran! Ihr habt euch den Mist mit dem Stalldienst doch ausgedacht! Dann sorgt ihr doch dafür, dass dieser Peters sich verzieht, wenn ich da bin!«
Pia drehte es schier den Magen um: Was hatten sie mit ihrem gut gemeinten Urteil bloß angerichtet!
Dabei hat Lennart Peters doch total sympathisch ausgesehen; ein bisschen zu ernst und erwachsen vielleicht, aber beileibe nicht wie ein gefährlicher Irrer…
»Okay«, sagte sie schließlich, nachdem Jonas am anderen Ende der Leitung beharrlich schwieg, »ich kann ja mal mit Fabian drüber reden, was wir da machen können…«
Nein, ich werd den Teufel tun! Ich werd noch mal direkt mit Lennart Peters reden! Aber das muss ich dir jetzt wirklich nicht auf die Nase binden!
Jonas gab einen abschätzigen Schnalzlaut von sich.
»Tz! Mit Psychopathen wie dem Peters kann auch euer lieber Fabian keine Deals machen. Aber bitte: Tu, was du nicht lassen kannst!«
Dann legte er auf, bevor Pia auch nur den Hauch einer Chance hatte, auf ihre ganz privaten Schwierigkeiten einzugehen.
Während sie noch hin und her überlegte, ob es vielleicht besser wäre, Fabian Schmücke in ihr Vorhaben einzuweihen, wechselte Jonas, allein in seinem Zimmer, auf die Videofunktion seines iPhones. Der Film zeigte eine kleine schwarz-weiße Hündin, die in einem halb leeren Swimmingpool verzweifelt um ihr Leben kämpfte.
»Was heißt denn Psychopath? Und Schizo?«, fragte Nele aufgebracht. Die beiden Schwestern hatten sich in der Mädler-Passage getroffen. Die Zeit zwischen zwei Jura-Vorlesungen reichte gerade für einen Kaffee und ein Stück hausgebackenen Apfelkuchen in der Mephisto-Bar.
Pias Plan, für Jonas in die Bresche zu springen, fand bei Nele erwartungsgemäß kein sonderlich positives
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