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Eistochter

Eistochter

Titel: Eistochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Rae Miller
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bist nicht dazu ausgebildet, gegen Empfindsame durchzugreifen, und doch war dein erster Gedanke nicht der, dich weiter verborgen zu halten, sondern der, dich gut sichtbar auf einen Hügel zu stellen. Das finde ich sehr interessant.«
    Ihre dunkelblauen Augen huschen zwischen Beck und mir hin und her, als würde sie mit einem Angriff rechnen. Beck schlingt den anderen Arm auch noch um meinen Körper, so dass er mich nun mehr oder minder umarmt. Annalise beißt kurz die Zähne zusammen, überspielt es dann aber mit einem strahlenden Lächeln.
    Sucht ihr mich? Hat Beck das nicht gefragt, als er ihnen gegenüberstand? Meine Gedanken überschlagen sich, ordnen das, was ich gesehen und gehört habe. Irgendetwas stimmt hier nicht.
    »Mein erster und einziger Gedanke ist immer der, Lark zu beschützen.«
    Mich zu beschützen? Wovon spricht er? Er braucht genauso viel Schutz wie ich. Wie Callum sind wir beide direkte Nachkommen der Staatsgründer und daher ständig bedroht.
    Ohne auch nur zu versuchen, unauffällig vorzugehen, verschiebt Beck seinen Körper so, dass ich nun hinter ihm stehe.
    »Was tust du?«, frage ich, während ich versuche, mich an ihm vorbeizudrängen, aber er hält mich zurück. Ich habe bisher noch nie an Beck gezweifelt, aber das hier ist lächerlich.
    Zur Antwort wirft Annalise den Kopf in den Nacken wie diese Mädchen im Film und lässt ein melodisches Lachen ertönen, das angesichts des Tonfalls unseres Gesprächs gespenstisch fehl am Platze ist. »Lark beschützen? So nennst du also das, was du getan hast? Du hast die Empfindsamen geradewegs zu ihr geführt.«
    Ich verstehe nicht, was hier geschieht. Wirft sie Beck irgendetwas vor? Dass er den Empfindsamen geholfen hätte, mich anzugreifen?
    Ich spähe an Beck vorbei und komme mir plötzlich klein vor. Callum spielt sichtlich nervös an seinem Umhang herum, aber Annalise wirkt erzürnt. Beinahe außer sich.
    Zorn kocht in mir hoch.
    »Annalise, was genau meinst du damit?«, frage ich knapp und trete hinter Beck hervor.
    Kurz verrät ihre Miene Entsetzen. »Es tut mir leid, Lark. Habe ich dich gekränkt? Ich dachte, gerade du hättest ein Interesse daran, dieser Sache auf den Grund zu gehen, da es doch so aussieht, als ob sie nach dir gesucht hätten.«
    »Nein, natürlich nicht.« Es ist eine Lüge, aber ich will nicht, dass sie oder ihr Vorgesetzter mich für aufmüpfig hält.
    Sucht ihr mich? , hat Beck gefragt. Ich schüttle den Kopf und balle die Fäuste. Nein. Sie wollten mich. Die Tochter von Malin Greene, der Empfindsamenjägerin, die für die erhöhte Zahl von Arbeitstrupps und die drastischen Einschränkungen ihrer Freiheiten verantwortlich ist. Und Beck hat sich ihnen stattdessen angeboten.
    Annalise schiebt mit einer raschen Bewegung den Computer wieder in die Tasche. »Ich habe alles, was ich brauche.«
    Callum bietet seiner Frau den Arm. »Wollen wir, Annalise?«
    Sie nimmt den Mantel vom Haken und legt die Hand leicht auf seine. Ihr harter Blick bohrt sich in mich, aber sie lächelnd reizend. »Auf Wiedersehen, Lark. Wir sehen uns sicher bald wieder, davon bin ich überzeugt.«
    Callum hebt seinen Hut, bevor er ihn sich wieder aufsetzt, und dann rauschen sie auf den Flur hinaus und hinterlassen ein Durcheinander aus Verwirrung und Misstrauen. Glauben Annalise und Callum etwa, dass Beck wollte , dass die Empfindsamen mich finden? Das ist unmöglich.
    Ich wirble zu Beck herum. »Was sollte das?«
    Er antwortet nicht. Stattdessen starrt er auf den Flur hinaus, den Kopf in Richtung der Stelle geneigt, an der Callum und Annalise verschwunden sind.
    »Beck«, sage ich ärgerlich. »Hörst du mir überhaupt zu?«
    Angst blitzt kurz in seinen olivgrünen Augen auf. Er mustert mein Gesicht einen Moment lang fragend, als ob er versuchen würde zu verarbeiten, was ich gesagt habe. »Komm, Vögelchen, wir müssen unsere Prüfungen ablegen.« Er bückt sich, hebt meine Tasche auf und reicht sie mir.
    »Der Schulleiter hat uns noch nicht entlassen. Wir können noch nicht gehen.«
    »Ich glaube nicht, dass das jetzt noch eine Rolle spielt.«

5
    Anders als noch vor ein paar Minuten, als er gar nicht aufhören konnte, mich zu umarmen, lässt Beck mich jetzt weit hinter sich, als er zum Klassenraum läuft.
    Ich renne los, um zu ihm aufzuschließen. Ich weiß nicht genau, was gerade passiert ist, aber ich glaube, dass er es weiß, und er wird mir schon noch einige Fragen beantworten, selbst wenn ich ihn dazu zwingen muss.
    Ich erreiche vor ihm die Tür

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