Eistochter
immer: Selbst wenn ich ein rasendes, wahnsinniges Wrack bin, reicht eine einzige Berührung oder ein einziger Blick von Beck aus, und alles ist vergessen.
Mein Herz gerät ins Stolpern, und mein Zorn wird zu einem schwachen Glimmen. Mit jeder Berührung gewinne ich die Kontrolle über meine Gefühle weiter zurück. Seine Hand liegt an meinem Kiefer: Ich vergebe ihm, weil ich ihm vertraue. Seine Finger streichen über meine Schulter: Ich vergebe ihm, weil er das hier genauso wenig gewollt hat wie ich. Seine Hand fährt an meinem Arm entlang: Ich vergebe ihm, weil er Beck ist.
An der Art, wie seine Brust sich hebt und senkt, erkenne ich, dass mein Ausbruch ihn erschreckt hat.
»Es tut mir leid«, sage ich.
Er bückt sich und legt die Stirn gegen meine. Wenn wir einander so anstarren und die Pünktchen in unseren Augen sich genau gegenüberliegen, werde ich immer ruhig. Sein warmer Atem spült über mich hinweg.
»Auch mir tut es leid.« Er berührt meine Nase mit dem Finger. »Ich verspreche, künftig nichts mehr vor dir geheim zu halten.«
Da ich mich ihm näher fühlen möchte, drücke ich mein Ohr an seine Brust und lausche seinem Herzschlag. Es pocht stark und stetig, und ich zwinge meine Atmung, sich ihm anzupassen.
»Hörst du mir überhaupt zu, Junge?«, fragt Eamon herrisch.
Mir gefällt die Art nicht, wie er mit Beck redet, und ich drehe mich zu ihm um.
Beck packt mich an der Schulter. »Ganz ruhig, Lark. Lass mich das erledigen.«
Er marschiert über den Rasen und lässt mich allein stehen. Es ist zu heiß. Die Sonne brennt auf mich herab und droht, meine blasse Haut rot werden zu lassen. Ich hasse dieses Wetter, aber noch mehr hasse ich die vielen Augen – Hunderte, wenn nicht gar Tausende –, die auf mich gerichtet sind. Sie starren mich an, als ob ich eine Attraktion im Zirkus wäre.
Wenn ich nur verschwinden könnte!
Beck baut sich breitbeinig vor den anderen auf. Es sind neun Hexer bei Eamon, und bis auf den Anführer wirkt keiner von ihnen so, als ob er Beck gewachsen wäre.
Er muss wirklich etwas Besonderes sein, wenn diese Gruppe von Erwachsenen bereit ist zu tun, was er sagt.
Eamon lacht triumphierend auf. Es ist ein langgezogenes, spöttisches Geräusch, das mir gilt.
Es verlangt mir jedes Quäntchen Selbstbeherrschung ab, über das ich verfüge, nicht über den schmalen Grasstreifen zu stürmen, der mich von den Hexen trennt. Beck hat gesagt, dass ich ihn die Sache erledigen lassen soll, und obwohl mein Körper sich nach einer Konfrontation sehnt, glaube ich, dass er recht hat.
Ich schließe die Augen und tue mein Bestes, Eamon zu ignorieren.
Leicht ist das nicht.
»Bring sie unter Kontrolle«, sagt er. »Sonst müssen wir es für dich tun.«
Ich reiße die Augen auf und stürme nun doch über das Gras. »Mich unter Kontrolle bringen?«, kreische ich. »Ich bin hier nicht diejenige, die durch die Gegend läuft und andere bedroht!«
Instinktiv reiße ich die Hand mit weit ausgebreiteten Fingern über den Kopf. Jemand in der Menge schreit auf, und Beck stürzt sich auf mich. Er schiebt mich hinter seinen Rücken und nimmt die gleiche schützende Haltung ein, die er in der Schule Callum und Annalise gegenüber an den Tag gelegt hat.
Nur dass wir beide diesmal zehn gegen uns haben, die zahlreichen Hexen noch nicht einmal mit eingerechnet.
Eamon bedenkt uns mit einem drohenden Lächeln. »Sie wird nicht lange durchhalten.«
Mit einer ruckartigen Kopfbewegung verschwinden er und seine Begleiter.
19
Eine einzelne Trauerweide steht am gegenüberliegenden Rand des Rasens, weit entfernt von all den Zelten und neugierigen Blicken. Sie ist das perfekte Versteck.
Beck hält mir den Vorhang aus langen grünen Zweigen auf. Hier drinnen ist es kühler – das gefällt mir schon besser. Als Beck die Zweige loslässt, ist es so, als wären wir in unserer ganz eigenen, privaten Welt.
»Was sollte das?«, frage ich, während wir es uns bequem machen, ich an den Stamm gelehnt und Beck ausgestreckt mit dem Kopf auf meinem Schoß.
Er seufzt tief. »Du darfst nicht einfach herumlaufen und Leute bedrohen, Lark. Das hilft deiner Sache auch nicht weiter.«
»Leute bedrohen? Wann habe ich denn jemanden bedroht?« Ich kann nicht glauben, dass er mir Vorwürfe macht. Hat er die Feindseligkeit in Eamons Tonfall etwa nicht gehört?
Er fährt sich mit der Hand durch die Haare. »Du hast keine Ahnung, oder?« Er starrt zu mir hinauf; sein Gesicht steht für mich auf dem Kopf. »Als du die Hand
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