Eiszeit
Polizeiarbeit noch nie ernsthaft weitergeholfen, Paul.«
Lenz nickte. »Stimmt.«
»Lass Thilo die Sache übernehmen und fahr in Urlaub. Der Junge ist ein Guter, der kommt auch ohne dich klar.«
»Mälzer und seine Frau sind harte Brocken. Ob Thilo damit umgehen kann, weiß ich nicht«, erwiderte der Hauptkommissar und griff zur Türklinke. »Aber danke für deinen Rat, Heini.«
»Gerne. Obwohl ich glaube, ich hätte das auch der Tapete erzählen können. Du kannst nun mal nicht aus deiner Haut raus.«
Wieder ein bestätigendes Kopfnicken von Lenz. »Machs gut.«
*
»Wir haben keine Fingerabdrücke von Molina Mälzer in der Kartei«, erklärte Thilo Hain ihm ein paar Minuten später. Der junge Oberkommissar saß hinter seinem Schreibtisch und fuhr mit der Computermaus hin und her.
»Was nicht anders zu erwarten war. Also können wir sie zur erkennungsdienstlichen Behandlung herbestellen oder uns was anderes überlegen.«
»Das mit dem Herbestellen überlasse ich dir. Außerdem sollten wir abwarten, ob Heini und seine Jungs überhaupt Fingerabdrücke finden, die zugeordnet werden müssen.«
»Auch wieder …« Weiter kam Lenz nicht, weil sein Mobiltelefon ihn unterbrach. Er sah auf die Uhr, während er das Gespräch annahm.
»Lenz.«
» Winterschied hier, hallo, Herr Lenz.«
»Und, was gibts , Herr Winterschied ?«
»Waldemar hat es sich durch den Kopf gehen lassen. Er ist jetzt bereit, eine Aussage zu machen.«
»Wo steckt er denn?«
»Holen Sie mich an der Weserspitze ab, dann bringe ich Sie zu ihm. In Ordnung?«
»Natürlich. Wir sind in einer Viertelstunde da.«
»Herr Lenz?«
»Ja.«
»Da wär noch was.«
»Was denn, Herr Winterschied ?«
»Der Waldemar ist ziemlich durch den Wind. Die ganze Sache hat ihn mächtig mitgenommen. Also wundern Sie sich bitte nicht, wenn er ein bisschen angetütert sein sollte.«
»Nein, Herr Winterschied , das ist schon in Ordnung.«
*
Hain ließ den Vectra langsam ausrollen und blickte hinüber zu dem kleinen Park, wo Winterschied mit seinem Telefon am Ohr auf einer Bank saß.
»Von wegen, ›ich habe niemanden, mit dem ich telefonieren könnte‹«, echauffierte er sich. »Wahrscheinlich ruft der gerade seine Obdachlosenkumpels in Japan an.«
»Du kannst es auf die Spesenrechnung setzen, ich zeichne es ab«, versuchte Lenz ihn zu beruhigen und stieg aus. Winterschied gab ihnen mit einer Geste zu verstehen, dass sie näher kommen sollten.
»Ich hatte doch jemand, den ich anrufen konnte«, begrüßte er Hain grinsend. »War aber nur ein Ortsgespräch.«
»Geschenkt«, erwiderte der Oberkommissar brummig und griff sich sein Mobiltelefon.
»Was ist mit Waldemar?«, mischte Lenz sich ein.
»Der liegt hoffentlich im Holzklotz und wartet auf uns.«
Der Polizist verstand nur Bahnhof. Winterschied stand auf und ging auf den zivilen Polizeiwagen zu.
»Sie werden es gleich verstehen, es ist fast um die Ecke.«
Damit öffnete er die Beifahrertür und ließ sich in den Sitz fallen. Er dirigierte Hain an den Straßenbahnschienen entlang, dann bogen sie rechts ab, ließen einen großen Einkaufsmarkt links liegen und stoppten kurze Zeit später am Ende einer Sackgasse.
»Aussteigen, meine Herren, der Rest geht nur zu Fuß«, erklärte Winterschied und sprang aus dem Auto. Über einen schmalen, baumgesäumten Weg erreichten sie die Fuldawiesen, überquerten den Fahrradweg und standen schließlich vor einer hölzernen Skulptur, wie Lenz sie noch nie gesehen hatte. Der Handwerker hatte aus einem vollen Baumstamm eine Liege geschaffen, die sich dem menschlichen Körper anschmiegte. Der Kommissar fuhr bewundernd mit der Hand über das polierte, warme Holz.
»Schön hier«, meinte er anerkennend. »Aber ich kann niemanden entdecken, der auf uns wartet.«
Winterschied sah sich suchend um. »Wahrscheinlich hockt er irgendwo im Gebüsch und wartet ab, wer hier so alles auftaucht. Geben wir ihm ein paar Minuten.«
Aus den paar Minuten wurde eine Viertelstunde. Die beiden Polizisten saßen auf der Bank und blickten zum Fluss, ihr Begleiter war auf der Suche nach seinem Kollegen.
»Wusstest du, dass es hier in Kassel so eine schöne Situation mit einem solchen Kunstwerk gibt?«, wollte Hain wissen.
Lenz schüttelte stumm den Kopf.
»Hier fahre ich auf jeden Fall mal mit meiner Freundin hin zum Picknicken.« Er sah dem Fluss hinterher, der etwa 300 Meter weiter in einer Rechtsbiegung verschwand. »Das ist doch echt geil, oder?«
Nun nickte sein
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