Eiszeit
Monsterklingel sie nicht weckt.«
»Ja, finde ich auch.«
»Wollen wir es noch einmal probieren?«
» Hmm «, machte Lenz, ging zur Haustür zurück und legte den Finger für fünf Sekunden auf den Knopf. Der Krach im Flur war spektakulär, doch es tat sich nichts im Haus. Er wiederholte seinen Versuch. Keine Reaktion.
»Vielleicht versuchen Sie es morgen noch einmal«, schlug der Uniformierte vor. »Sie wirkte sichtlich mitgenommen.«
»Und deshalb wollen wir auch unbedingt noch heute mit ihr sprechen. Morgen hat sie vielleicht schon die Hälfte von dem vergessen, was sie uns heute erzählt hätte.«
Der Beamte in Blau sonderte eine Geste der Anerkennung ab.
» Wow , so habe ich das noch gar nicht gesehen.«
»Er hat recht, Paul«, bestätigte Hain die Meinung des Mannes in Blau. »Ich fahre entweder heute Abend oder morgen früh wieder hier vorbei, bis dahin hat sie wahrscheinlich ausgeschlafen.« Er bedankte sich bei dem Wachmann und schob seinen Chef Richtung Gartentor. »Ich weiß, dass du das gerne selbst machen würdest, aber du kannst nicht auf der einen Seite sagen, dass du mir den Fall zutraust, und auf der anderen Angst haben, dass ich es verkacke. Also, ich bringe dich jetzt nach Hause, womit praktisch in dieser Minute dein Urlaub beginnt.«
Lenz war nicht restlos überzeugt, doch die Argumentationskette seines Kollegen war wasserdicht.
»Gut, wie du meinst. Dann ist es ab jetzt dein Fall.« Er folgte Hain zum Wagen und stieg ein. »Aber ruf mich bloß nicht an, wenn du mit dem Arsch an der Wand stehst«, schickte er grinsend hinterher.
*
Es war noch früh am Nachmittag, deshalb war der Verkehr erträglich. Die beiden Kommissare saßen stumm nebeneinander und hingen ihren Gedanken nach. Als Hain in die Wilhelmshöher Allee einbog, blickte er zum wiederholten Mal in Lenz unzufriedenes Gesicht.
»Irgendwas stört dich doch, mein Freund. Willst du es ausspucken oder lieber drei Wochen lang mit dieser fiesen Maske deine armen Mitmenschen nerven?«
Lenz presste die Lippen aufeinander. »Wenn ich sage, was ich denke, hab ich die nächste Diskussion mit dir am Hals, und die brauche ich nicht. Also verkneife ich es mir und sitze meine Gedanken aus. Weit ist es ja nicht mehr.«
Hain lenkte nach rechts, ließ das Cabrio auf dem Seitenstreifen ausrollen und schnaufte durch.
»Du verdammte Mimose. Entweder kotzt du dich jetzt aus oder du gehst den Rest zu Fuß. Verstanden?«
Lenz kratzte sich am Kinn und drückte auf den Knopf der Zentralverriegelung in der Mittelkonsole. Mit einem lauten Klacken sprangen die Verschlussriegel in den Türen nach vorne. »Bei dieser Hitze gehe ich keinen Meter zu Fuß.«
Hain ließ den Kopf sinken und griff sich an die Stirn. »Wie ein kleines Kind …«
»Also«, begann der Hauptkommissar, »mir geht es darum, vielleicht noch etwas aus der Frau herauszubekommen. Du bist ein Guter, davon bin ich überzeugt, und das weißt du auch, aber ich hab nun mal ein paar Jahre mehr an Erfahrung auf dem Buckel. Also fährst du mich jetzt nach Hause und hörst auf, in mich hineinzuhorchen und meine Befindlichkeit zu interpretieren, oder du fährst zurück und wir holen sie aus dem Bett.«
Es gab eine Pause von ein paar Sekunden, in denen keiner etwas sagte. Dann griff Hain zum Zündschlüssel, startete den Motor und fuhr den gleichen Weg zurück, den sie gekommen waren.
*
Der Uniformierte hatte es sich auf einem Blumenkübel neben der Haustür bequem gemacht. Als die beiden Kommissare auftauchten, sprang er erschrocken auf.
»Nur keine Panik«, beruhigte Hain den Mann. »Von uns aus können Sie sich gerne wieder hinsetzen. Hat sich irgendwas getan im Haus?«
»Nein«, antwortete der Beamte. »Niemand rein, niemand raus. Wahrscheinlich schläft sie noch.«
»Wir werden jetzt durch die defekte Terrassentür reingehen, wenn sie nicht aufmacht, und sie wecken.«
»Na ja, wenn Sie meinen. Ich würde …« Er sprach nicht weiter, weil die beiden Kripobeamten sich umdrehten und demonstrativ der Tür zuwandten. Hain legte den Finger auf die Klingel und wartete. Nach 15 Sekunden wiederholte er den Versuch, doch es gab keine Reaktion aus dem Haus.
»Dann los.«
Die beiden gingen ums Haus, betraten die Terrasse und ein paar Augenblicke später rollte die defekte Terrassentür zur Seite.
»Frau Lappert ?«, rief Lenz laut ins Innere. »Hallo, Frau Lappert ! Hier ist noch einmal die Polizei.«
Vorsichtig betrat Hain das ausladende Zimmer mit dem riesigen
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