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El Silbador

El Silbador

Titel: El Silbador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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daß Michel sie nicht vergessen möge.
    Sie wohne direkt neben dem Privat- und Prunkgemach des Pascha.
    Der Daj hatte nun genug. Er wußte nicht mehr aus noch ein. Da sagte Isolde:
    »Wenn du gestattest, o Sayd, so will ich dir einen Vorschlag machen. Frage doch die anderen Gefangenen nach diesem Menschen aus. Dann weißt du vielleicht, woran du bist.«
    Der Daj war von dem Vorschlag entzückt. Er marschierte mit seiner Sklavin wieder aus dem Raum. Diesmal ging er voran. Die Janitscharen begleiteten ihn.
    Michel atmete auf und legte sich nieder, um neue Kräfte zu sammeln.
    Die vier Spanier waren nicht wenig erstaunt, als die Türen aufsprangen und der Daj mit jener weißen Frau erschien, die sie schon einmal gesehen hatten.
    Sie erhoben sich, machten aber keine Verbeugung. Der Daj schien heute guter Laune. Er sagte nichts und gab den ihn begleitenden Janitscharen auch keinerlei Anweisungen, die Gefangenen zu einem Gruß zu zwingen. Er sagte etwas zu seiner Sklavin, die sich darauf in spanischer Sprache an Deste wandte.
    »Hört, Senor. Der Fürst möchte eingehende Kunde von den Fähigkeiten Eures Gefährten haben. Dieser trug mir auf, Euch zu sagen, daß Ihr ihm überirdische Macht zuschreiben sollt. Ich habe keine Zeit, dies jetzt zu erklären; aber Ihr werdet es dem Gespräch entnehmen. Laßt nicht merken, daß Ihr Arabisch versteht.«Der Daj schaltete sich plötzlich ein. Ein gewisses Mißtrauen schwang in seiner Stimme.
    »Was hast du soviel zu erzählen? Genügt es nicht, wenn du einfach meine Fragen wiederholst, Isidolada?«
    »Verzeih, Sayd, die Sprache der Spanier ist umständlicher. Außerdem weißt du, daß ich in England geboren bin. So beherrsche ich das Spanisch auch nicht wie meine Muttersprache.« »Gut. Frage die Männer, ob sie jemals gemerkt haben, daß der pfeifende Teufel besessen ist.« Isolde fragte:
    »Ihr habt verstanden, was er fragte, nicht wahr, Senor Deste? — Antwortet noch nicht. Erzählt ihm, daß Euer Gefährte oft ohne Seele ist und dann nicht mehr recht weiß, was er tut. Schildert das mit Entsetzen in den Augen, damit Euch der Fürst glaubt.«
    Deste war ein hervorragender Schauspieler und nickte mit angstvoll aufgerissenen Augen dem Fürsten zu. Dann sagte er:
    »Ihr habt gehört, companeros, worum es geht. Jetzt spielt auch Eure Rollen gut; denn der Daj muß von der Besessenheit des Doktors überzeugt werden.«
    Baba Ali hielt diese Worte für die Antwort auf seine Frage und wandte sich daraufhin an seine Sklavin. Diese meinte:
    »Es stimmt, daß jener deutsche Gesandte im Pakt mit dem Teufel steht. Er ist besessen.« Deste warf mit schreckensvollen Gebärden auf spanisch dazwischen:
    »Sagt dem Fürsten, Senorita, daß er diese Unterhaltung beenden soll. Wir möchten nicht darüber sprechen. Die Gefahr für unser Leben ist zu groß.« Isolde übersetzte.
    Die Spanier machten jetzt Gesichter, als säße ihnen der Leibhaftige bereits im Nacken. »So weiß er wohl oft nicht, was er tut?« fragte der Daj. Deste antwortete mit lebhaften Gesten:
    »Sagt ihm, daß er das nie weiß, wenn sich etwas Besonderes ereignet. Der Teufel treibt ihn dann, und er ist imstande, alles um sich herum zu vernichten. Einmal hat jemand den Silbador hinterrücks verwundet«, log Deste. »Aber die Strafe folgte auf dem Fuße. Jener Mensch konnte nicht leben und nicht sterben. Er liegt noch heute darnieder, und niemand kann ihm helfen, denn der Teufel hat ihn mit dem eiternden Aussatz geschlagen. Zuweilen haben wir selbst Furcht vor dem Silbador.«
    Deste schauspielerte überaus echt, und auch die anderen drei taten, was sie konnten, um mit ihren Gebärden den Daj das Gruseln zu lehren.
    »So meinst du, daß er die Macht hat, jeden Widerstand zu brechen?« vergewisserte sich der Fürst nochmals durch seine Dolmetscherin.
    »Ja!« sagte Deste mit fester Überzeugung. »Aber er kann auch Wunder vollbringen und den Menschen helfen. Er befreit dich sogar vom Teufelsbiß und vom Hexenschuß. Er ist gut und schlimm zugleich.«
    Baba Ali dachte einen Augenblick nach. Dann leuchteten seine Augen auf.
    »So, und warum hat er sich nicht von den Banden befreit, in die ihn seine eigenen Soldaten schlugen?«
    Deste überlegte blitzschnell.
    »Es gelingt zuweilen, ihn zu fesseln und ihn zu überwältigen. Aber die Strafe bleibt nicht aus. Ich bin davon überzeugt, daß die Soldaten und der deutscheHauptmann noch schlimmes Unheil auf ihrer weiteren Reise erfahren werden.«
    »Hm«, machte der Pascha. »Könnt ihr uns

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