Elbenfürstin (Die Geschichte der Lilia Joerdis van Luzien) (German Edition)
Zum ersten Mal durfte ich Schutzmagie anwenden, sah ja
niemand.
Am Tatort legte ich mich in das Futonbett und
lenkte die Konzentration auf den Energiefluss. Ein unsichtbarer Schutzfilm
legte sich um meinen Körper. Die Zeit tröpfelte. Leise öffnete er die Tür. Sein
Messer prallte an mir ab, ich stieß mit der Wucht meines Oberkörpers gegen ihn
und schon fand er sich bäuchlings auf dem Teppichboden wieder.
„Jan, John, Handschellen!“
Der kleine Junge schlief
friedlich in seinem Bettchen, leise vor Glück weinend saß seine Mutter daneben.
Ins Bett würde ich jetzt
auch gerne fallen, gähnte ich.
Du darfst.
Aus dem Buch „Inghean“
Die Dämonen scheinen sich wie ein Krebsgeschwür
in den Eingeweiden der Stadt auszubreiten. Ohne Hilfe sind wir bald verloren.
Kapitel 12
Z wei Monate nach meinem
ersten Arbeitstag zog ich Mitte September eine niederschmetternde Bilanz.
Sicher, auf der einen Seite wurden etliche Verbrechen vereitelt, die
Aufklärungsrate betrug sogar satte hundert Prozent. Andererseits gab es für
meine Kollegen dadurch zwangsläufig noch mehr statt weniger Arbeit. Ihre
ausgelaugte Stimmung lag auf dem Gefrierpunkt. Für das Team hatte ich nichts
erreicht, das Böse sog erbarmungslos jeden Krafttropfen heraus. Selbst der
coole John brachte selten mehr als „Scheiße“ über die Lippen.
Resigniert ließ ich die
Sternelben meine Überlegungen wissen. Ihr haltet nicht zufällig einen Plan B
parat?
Tja, sie hielten. Lilia,
dein Wissen reicht nun aus, einen Teil der Aufgaben allein zu bewältigen. Deine
Magie wird dich schützen.
Bei genauerer Betrachtung gefiel mir ihre
Idee, ohne menschliche Komplikationen ein bisschen aufzuräumen. Schritt für
Schritt legte ich aus eigenem Antrieb die vorgesehene Strecke auf dem Weg des
Schicksals zurück. Allein, mir fehlte die innere Distanz, dies zu erkennen.
Zuerst orderte ich eine Kiste voll
Handschellen und ein Prepaidhandy in mein Haus. So ausgerüstet, pendelte ich
entweder zwischen Wohnung und Tatort oder Präsidium und Tatort hin und her. Sieben
Tage die Woche abrufbar, inklusive Nächte. Einerseits war mein Dämonerlebnis längst
ganz tief unten im Gedächtnis versickert. Andererseits bekundeten die Sternelben
bereits vor Längerem, dass mein Auto nicht als luxuriöser Schnickschnack,
sondern bei Dunkelheit als ein galvanischer Käfig gegen die schwarzen Monster
dienen sollte. Das würde aber nur bei geschlossenen Türen und laufendem Motor
funktionieren, trichterten sie mir ein. Magische Physik? Keinen blassen
Schimmer. Ich legte mit dem Soloprogramm los, ohne zu bemerken, wie die
Anforderungen dabei langsam auf der sphärischen Skala empor kletterten. Hier
einige Kostproben:
A ngetan mit einem langen
weißen Kleid, von leichtem Schimmern umgeben, betrat ich die Behausung. Das
vierjährige Mädchen wimmerte erbärmlich in einer Ecke des Wohnzimmers. Seine
Mutter hing besoffen schnarchend auf der Couch. Es stank nach Müll, Fäkalien
und Alkohol.
„Bist du ein Engel?“
schluchzte es.
Ich ging vor ihm in die
Hocke. „Ja, ein Schutzengel“, lächelte ich und zauberte einen Teddy hinter
meinem Rücken hervor.
Sie presste sein weiches
Kuschelfell an ihren mageren Körper.
„Gleich kommen liebe Leute,
die dich mitnehmen, damit du nicht mehr weinen musst“, erklärte ich ihr.
Sie nickte ernst. Ich wählte
die 110, bat für die Kleine um einfühlsame Beamtinnen und verschwand.
D ie Pistole war bereits auf
den Kopf des Kioskbesitzers gerichtet, als ich leise eintrat. „Waffe runter“,
hörte der Jugendliche plötzlich dicht hinter sich. Seine Schrecksekunde nutzte
ich, schlug ihm die Pistole blitzschnell aus der Hand und drehte ihm beide Arme
auf den Rücken. Mit einem Stoß in die Kniekehlen auf den Boden befördert, sah
er sich im nächsten Moment als handliches Schnürpaket außer Betrieb gesetzt. Er
gaffte mich stumm an. Den Rest konnten die herbeigerufenen Kollegen erledigen.
Der kollabierte Kioskbesitzer würde in wenigen Minuten zu sich kommen.
W ährend der Mann auf seine
Ehefrau einprügelte, nahm er im Augenwinkel ein Leuchten an der Tür des
Wohnzimmers wahr.
„Was zum Teufel…?“ Weiter
kam er nicht.
Ich feuerte eine Blendkugel
ab, trat ihm die Füße weg und platzierte hastig, der Kerl mochte hundert Kilo
wiegen, Handschellen an seinen Händen und Füßen. Die übel zugerichtete Frau lag
reglos da. Nacheinander verständigte ich Notarzt plus Polizei und verließ rasch
den Wohnblock.
F risch aus dem
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