Elementarteilchen kuessen besser
heute Morgen noch sehen muss, bevor ich den ganzen Tag mit meinen Kollegen und meinem Chef über ein neues Projekt berate. Dass der zweite Besprechungstag unbedingt heute sein muss, passt mir gar nicht. Ich hatte nämlich andere, wichtigere Dinge mit dir vor, die ich nicht aufschieben will.“ Er legte seine Handfläche besitzergreifend auf ihre Pobacke und gab ihr einen kurzen Kuss. Dann stutzte er. „Oh, du hast ja einen Knutschfleck am Hals.“ Vorsichtig fuhr er über die kleine blaue Stelle unterhalb ihres linken Ohrläppchens.
Überrascht legte Linda ihre Finger darauf. Das hatte sie heute Morgen völlig übersehen.
Als er lächelte, spielte um seine Lippen eine Spur Besitzerstolz. „Ich habe mein Zeichen auf dir hinterlassen. Jetzt gehörst du zu mir.“
„Denkst du!“, entgegnete Linda und boxte ihm spielerisch mit der Faust an die Brust.
An Deck schlugen sie ein leichtes Tempo an. Keiner von beiden hatte genügend Kraft, schnell zu laufen. Nach zwei Runden fragte Linda etwas atemlos: „Was ist?“, da sie Philipps Blicke immer wieder auf sich spürte. „Habe ich Zahnpasta im Gesicht oder was?“
Ohne zu antworten, fasste er ihre Hand und zog sie in eine ruhige Ecke, um sie mit seinem Körper an eine Wand zu drücken. „Ich bin ein alter Mann und muss mich ausruhen. Ich kann nicht die ganze Nacht durchmachen und dann noch eine Stunde joggen. Da spare ich doch lieber meine Kräfte für etwas Wichtigeres.“
Schon senkte sich sein Mund auf ihre Lippen, die ihn begierig willkommen hießen. Eine seiner Handflächen wanderte zu ihrer Brust, die er zärtlich liebkoste, bis sich ihm ihre Brustspitze hart entgegenreckte.
„Mmh“, seufzte sie an seinen Lippen. „Hör nicht auf.“
„Keine Angst. Dafür bin ich viel zu egoistisch“, lächelte er und fuhr fort, sie zu verwöhnen.
„Oh, V-V-Verzeihung“, stotterte eine kieksende Stimme. „Ich wollte nicht stören.“
Beide drehten sich um und entdeckten eine ältere Frau mit einem Buch in der Hand und einer riesigen Sonnenbrille auf der kleinen Nase, die fatal an die Augen einer Schmeißfliege erinnerten. Mit roten Wangen drehte sie ab und suchte woanders nach einem freien Liegestuhl.
„Ich hätte nicht gedacht, dass ich mit meinen dreiunddreißig Jahren mal von einer älteren Dame beim Knutschen und Fummeln erwischt werde wie ein Sechzehnjähriger. Davon lassen wir uns aber nicht stören, meinst du nicht auch?“, fragte Philipp und machte genau da weiter, wo er unterbrochen worden war.
„So entspannt habe ich Linda noch nie erlebt“, meinte Anna leise zu Betty. „Jetzt liegt sie schon den ganzen Vormittag auf der Liege, ohne zu lesen, und träumt vor sich hin. Nur einmal war sie kurz im Wasser. Und wenn man sie anspricht, muss man alles zweimal wiederholen, bis sie verstanden hat, was man will.“
„Das war das, was ihr die ganze Zeit über gefehlt hat. Hatte ich also doch recht. Ein Mann im Leben macht zwar vieles komplizierter, lässt einen aber auch vieles vergessen. Und Linda ist der lebende Beweis dafür.“
„Du weißt aber nicht, was die beiden gestern getrieben haben, als sie plötzlich verschwunden waren, oder?“ Betty schüttelte leicht den Kopf. „Linda schweigt sich mit einem seligen Lächeln auf den Lippen aus und hat nur kurz bestätigt, dass die Stunden danach mit Philipp wundervoll gewesen seien.“ Anna blickte auf ihre vor sich hinträumende Freundin.
„Nach dem Knutschfleck zu urteilen, haben sie auf jeden Fall nicht Mikado gespielt“, witzelte Betty.
Anna beugte sich zu ihrer Freundin und schmunzelte: „Und das Beste ist, dass sie noch nicht mal mitbekommt, was wir hier reden, obwohl sie keine zwei Meter von uns weg liegt. Da kann sie aber froh sein, dass wir keine Lästermäuler sind und über sie herziehen.“
„Das stimmt“, meinte Betty und fügte mit lauterer Stimme hinzu: „Denn sie hat gestern richtig scheiße gesungen. Stimmt's, Linda?“
„Mmh?“
„Ich habe gesagt, 'Stimmt's, Linda?'“
„Was soll stimmen?“ Linda hob verwirrt ihre Sonnenbrille und blinzelte Betty an.
„Ach, vergiss es und träum weiter von Philipp.“ Betty musste sich ein Grinsen verkneifen, als sich Linda mit einem Seufzen wieder zurücklehnte und die Augen schloss.
Doch schon eine halbe Stunde später setzte sie sich verschlafen wieder auf. „Wie viel Uhr haben wir?“, fragte sie verwirrt.
„Fast zwei“, kam es von Anna, die von ihrem Buch aufschaute.
„Erst ...“ Linda sank wieder auf ihren Liegestuhl.
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