Elenium-Triologie
»Wolltest du was von uns?« fragte Kurik, als er, Berit und Talen aus der Dunkelheit der Treppe stiegen.
»Ja. Da draußen bewacht eine Kompanie Kirchensoldaten das Tor, damit ja niemand ein oder aus geht. Ich muß aber Dolmant eine Nachricht schicken. Irgendwelche Vorschläge?«
Kurik kratzte sich am Kopf, während er darüber brütete.
»Gebt mir ein schnelles Pferd, dann stürme ich durch«, erbot sich Berit.
»Er wird mal ein guter Ritter«, sagte Talen. »Ritter stürmen leidenschaftlich gern, wie ich hörte.«
Berit blickte den Jungen durchdringend an.
»Keine Ohrfeigen mehr!« Talen wich zurück. »Wir haben uns geeinigt, daß Ihr mich nicht mehr schlagt. Ich passe gut auf, wenn Ihr mir was beibringt, und Ihr schlagt mich nicht mehr!«
»Hast du eine bessere Idee?« fragte ihn Berit.
»Mehrere.« Talen schaute über die Mauer. »Patrouillieren die Soldaten die Straßen rundum?«
»Ja«, antwortete Sperber.
»Nun, es ist im Grunde kein Problem, aber es wäre leichter, wenn sie es nicht täten.« Talen schürzte die Lippen und überlegte. »Berit«, fragte er schließlich, »seid Ihr gut mit dem Bogen?«
»Bogenschießen gehörte zu meiner Ausbildung«, erwiderte der Novize steif.
»Das habe ich nicht gefragt. Ich möchte wissen, ob Ihr gut mit dem Bogen umgehen könnt?«
»Ich treffe aus hundert Schritten ins Schwarze.«
Talen blickte Sperber an. »Habt ihr Ordensritter eigentlich nichts Besseres zu tun?« Er wandte sich wieder an Berit. »Seht Ihr den Stall dort drüben?« Er deutete über die Straße. »Den mit dem Strohdach?«
»Ja.«
»Könnt Ihr einen Pfeil in das Stroh schießen?«
»Mühelos.«
»Vielleicht macht sich Üben doch bezahlt.«
»Wie viele Monate hast du geübt, Säckel zu klauen?« knurrte Kurik.
»Das ist etwas anderes, Vater. Es bringt was ein.«
»Vater?« fragte Berit verblüfft.
»Es ist eine lange Geschichte«, brummte Kurik.
»Jeder auf der Welt lauscht, wenn eine Glocke läutet, gleichgültig aus welchem Grund«, sagte Talen in Schulmeisterton, »und keiner bringt es fertig, einen Brand zu ignorieren. Könnt Ihr Seil besorgen, Sperber?«
»Wie lang muß es sein?«
»Daß es bis auf die Straße reicht. Paßt auf. Berit wickelt Zunder um seinen Pfeil und zündet ihn an. Dann schießt er damit auf das Strohdach, daß es Feuer fängt. Daraufhin werden die Soldaten alle zu dieser Straße rennen, um sich das Schauspiel nicht entgehen zu lassen. Ich werde dann auf der hinteren Mauer am Seil hinunterklettern. Ich kann in weniger als einer Minute unten sein, ohne daß es irgend jemand merkt.«
»Du kannst doch nicht einfach jemandes Stall in Brand stekken!« sagte Kurik entsetzt.
»Sie werden das Feuer rasch löschen«, versicherte Talen ihm geduldig. »Sie werden schnell und unüberhörbar alarmiert werden, denn wir werden hier oben stehen und ›Feuer!‹ brüllen. Dann rutsche ich an der Rückseite am Seil hinunter und bin mindestens fünf Straßen entfernt, ehe sich die Aufregung legt. Ich weiß, wo Dolmant wohnt, und ich kann ihm ausrichten, was Ihr ihm mitteilen wollt.«
»Gut«, erklärte sich Sperber einverstanden.
»Sperber!« entrüstete sich Kurik. »Das kannst du doch nicht zulassen!«
»Es ist taktisch ausgezeichnet, Kurik. Ablenkung und Irreführung sind Teil jedes guten Planes.«
»Hast du eine Ahnung, wieviel Stroh – und Holz – es in diesem Teil der Stadt gibt?«
»Es wird eine nützliche Beschäftigung für die Kirchensoldaten sein.« Sperber zuckte die Schultern.
»Das ist hart, Sperber!«
»Bei weitem nicht so hart wie die Vorstellung, daß Annias auf dem Thron des Erzprälaten sitzt! Besorgen wir, was wir brauchen. Ich will Chyrellos bereits ein gutes Stück hinter mir haben, wenn die Sonne morgen aufgeht, und das kann ich nicht, wenn diese Soldaten vor dem Tor kampieren.«
Sie stiegen die Treppe hinunter, um ein Seil und Zunder zu holen.
»Was tut sich?« erkundigte sich Tynian, als er, Kalten, Bevier und Ulath den anderen auf dem Hof begegneten.
»Wir benachrichtigen Dolmant«, erklärte Sperber.
Tynian blickte auf den Bogen in Berits Hand. »Damit?« fragte er. »Ist das nicht ein etwas zu weiter Schuß?«
»Es steckt ein wenig mehr dahinter«, entgegnete Sperber und weihte sie rasch in den Plan ein. Dann, als sie die Treppe hinaufstiegen, legte er die Hand auf Talens Schulter. »Es wird nicht ungefährlich sein«, warnte er den Jungen. »Ich möchte, daß du da draußen sehr vorsichtig bist.«
»Ihr macht Euch zuviel Sorgen,
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