Elenium-Triologie
meinte es nicht persönlich, Bevier«, versicherte ihm Kalten. »Er ist nur noch nicht so recht mit dem Wort diplomatisch vertraut. Wir hoffen alle, daß er eines Tages dessen Bedeutung verstehen wird.«
Bevier lächelte zunächst schwach, doch dann mußte er lachen. »Ich glaube, ich werde noch eine Zeitlang brauchen, bis ich mich an Euch Pandioner gewöhnt habe.«
»Betrachtet es als Bildungsreise«, schlug Kalten vor.
»Euch ist sicher klar, daß wir auf dem Rückweg nach Cimmura mit so allerlei Schwierigkeiten rechnen müssen, falls es der Erhabenen und Euch gelingt, ein Heilmittel zu bekommen«, wandte sich Tynian an Sperber. »Möglicherweise stellt man uns ganze Armeen entgegen.«
»Madol«, murmelte Ulath rätselhaft, »oder Sarrinium.«
»Tut mir leid, aber ich verstehe nicht«, gestand Tynian.
»Die Armeen, von denen Ihr sprecht, werden versuchen, uns den Weg nach Chyrellos zu versperren und uns abhalten wollen, dorthin zu gelangen – und von dort nach Elenien. Wenn wir südwärts reiten, zu einer dieser beiden Hafenstädte, können wir ein Schiff heuern und bis Vardenais an der Westküste von Elenien segeln. Auf dem Seeweg geht es ohnehin schneller.«
»Besprechen wir das, nachdem wir eine Heilmöglichkeit gefunden haben«, schlug Sperber vor.
Sephrenia kam mit Flöte die Treppe herunter. »Können wir aufbrechen?«
Sperber nickte.
Sephrenia redete kurz mit Flöte. Die Kleine nickte und ging durch die Gaststube zu Talen. »Du wurdest auserwählt, Talen«, sagte Sephrenia zu ihm. »Paß auf sie auf, während ich weg bin.«
»Aber…«, wollte er protestieren.
»Tu, was sie sagt, Talen«, befahl Kurik ihm müde.
»Ich wollte gerade los und mich ein bißchen umsehen.«
»Nein«, widersprach sein Vater. »Daraus wäre sowieso nichts geworden.«
Talen verzog mürrisch das Gesicht. »Na gut«, brummte er, als Flöte auf seinen Schoß kletterte.
Da es nur einen Katzensprung bis zur Universität war, entschloß sich Sperber, die Pferde beim Gasthof zu lassen, und so spazierten er und Sephrenia durch die schmalen Straßen von Borrata. Die zierliche Frau schaute sich um. »Ich war schon lange nicht mehr hier«, murmelte sie.
»Ich kann mir nicht vorstellen, von welchem Interesse eine Universität für Euch sein könnte.« Sperber lächelte. »Wenn man Eure Einstellung zum Lesen bedenkt.«
»Ich habe hier nicht studiert, Sperber, ich habe gelehrt.«
»Das hätte ich mir denken müssen. Wie kommt Ihr mit Bevier zurecht?«
»Ganz gut. Nur will er nicht zulassen, daß ich irgend etwas selbst tue – und er versucht, mich zum elenischen Glauben zu bekehren.« Es klang ein wenig spitz.
»Er will Euch ja nur beschützen – Eure Seele ebenso wie Euren Leib.«
»Soll das ein Witz sein?«
Sperber entschied sich, nicht darauf zu antworten.
Die Gebäude der Universität von Borrata befanden sich in einem parkähnlichen Gelände. Studenten und Lehrer spazierten gedankenversunken über die gepflegten Rasenflächen.
Sperber hielt einen jungen Mann in limettengrünem Wams an. »Entschuldigt, werter Herr, könntet Ihr mir sagen, wie ich zum Medizinischen Institut komme?«
»Seid Ihr krank?«
»Nein, aber eine Bekannte von uns.«
»Ah. Ihr findet die Ärzte in dem Gebäude dort drüben.« Der Student deutete auf ein gedrungenes Haus aus grauem Stein.
»Vielen Dank, guter Mann.«
»Ich hoffe, Eure Bekannte wird rasch wieder gesund.«
»Das hoffen auch wir.«
Als sie das Haus betraten, stießen sie auf einen rundlichen, schwarzgekleideten Mann.
»Verzeiht, mein Herr«, redete ihn Sephrenia an. »Seid Ihr Arzt?«
»Ja.«
»Wunderbar. Hättet Ihr einen Augenblick Zeit für uns?«
Der Dicke hatte Sperber eingehend gemustert. »Tut mir leid«, sagte er barsch. »Ich bin beschäftigt.«
»Könntet Ihr uns dann sagen, wo wir einen Eurer Kollegen finden?«
»Versucht es an irgendeiner Tür.« Er deutete auf einen Korridor und schritt rasch weiter.
»Das ist eine merkwürdige Einstellung für einen Heiler«, meinte Sperber.
»Jeder Stand hat seine Rüpel«, entgegnete Sephrenia.
Sie überquerten die Eingangshalle, und Sperber klopfte an eine dunkelgestrichene Tür.
»Was ist los?« erkundigte sich eine müde Stimme.
»Wir möchten einen Arzt konsultieren.«
Nach einer längeren Pause antwortete die müde Stimme. »Na gut. Tretet ein.«
Sperber hielt die Tür für Sephrenia auf und folgte ihr.
Der Mann, der hinter einem überhäuften Schreibtisch in der Kammer saß, hatte tiefe Ringe um die Augen
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