Elenium-Triologie
Plan vor: das Mädchen zu entführen, zu einem Priester zu bringen, der sie mit meinem Sohn verheiraten würde, und Gerrich schließlich mit Enkelkindern zu besänftigen. Sie erklommen die Mauern der Burg des Grafen und schlichen in das Schlafgemach des Mädchens.
Ich habe inzwischen herausgefunden, daß der falsche Freund meines Sohnes den Grafen gewarnt hatte, und dieser mit den sieben Söhnen seiner Schwester aus ihrem Versteck hervorsprang, als die beiden das Gemach betraten. Mein Sohn, der annahm, daß es des Grafen Tochter gewesen war, die ihn verraten hatte, stieß ihr seinen Dolch in die Brust, ehe die Neffen des Grafen sich mit ihren Schwertern auf ihn stürzten.« Alstrom hielt mit feuchten Augen inne und biß die Zähne zusammen.
»Mein Sohn«, fuhr er schließlich fort, »war zweifellos im Unrecht, und ich hätte die Sache nicht verfolgt, so groß meine Trauer auch war. Erst was nach dem Tod meines Sohnes geschah, hat zur ewigen Feindschaft zwischen Gerrich und mir geführt. Der Graf und die wilde Brut seiner Schwester gaben sich nicht damit zufrieden, meinen Sohn lediglich niederzustrecken, sie verstümmelten seine Leiche auch noch und entledigten sich ihrer, indem sie die Teile höhnisch vor das Tor meiner Burg warfen. Ich war außer mir, doch der cammorische Ritter, dem ich immer noch vertraute, riet zur List. Er behauptete, dringender Angelegenheiten wegen nach Cammorien eilen zu müssen, versprach mir jedoch die Hilfe von zweien seiner zuverlässigsten Diener. Erst vergangene Woche meldeten sich die beiden bei mir und ließen mich wissen, daß die Gelegenheit zur Rache nun gegeben sei. Sie führten meine Soldaten zum Haus der Schwester des Grafen und metzelten die sieben Neffen des Grafen nieder. Inzwischen habe ich auch erfahren, daß diese beiden Bediensteten meine Soldaten aufhetzten und sich gewisse Freiheiten mit Gerrichs Schwester erlaubten.«
»So kann man es wohl auch nennen«, flüsterte Kalten Sperber zu.
»Halt den Mund!« zischte Sperber leise.
»Die Dame wurde – nackt, fürchte ich – zur Burg ihres Bruders gebracht. Eine Versöhnung ist nun völlig unmöglich. Gerrich hat viele Verbündete, genau wie ich. Und nun schwebt Westlamorkand am Rand eines Bürgerkriegs.«
»Welch traurige Geschichte, Baron«, sagte Sperber betrübt.
»Der bevorstehende Krieg ist meine Angelegenheit. Wichtig ist jetzt, daß mein Bruder sicher aus der Burg und nach Chyrellos kommt. Sollte er bei Gerrichs Angriff fallen, hätte die Kirche keine andere Wahl, als ihre Ritter zu schicken. Der Mord an einem Patriarchen – schon gar an einem, der in engere Wahl für den Erzprälatenthron kommen könnte – wäre ein Verbrechen, das sie nicht ungestraft hinnehmen könnte. Deshalb flehe ich Euch an, geleitet ihn sicher zur Heiligen Stadt.«
»Eine Frage noch, Baron«, sagte Sperber. »Das Vorgehen dieses cammorischen Ritters kommt mir bekannt vor. Könnt Ihr ihn und seine Diener beschreiben?«
»Der Ritter selbst ist ein hochgewachsener Mann mit dünkelhaftem Gebaren. Einer seiner Diener ist ein viehischer Riese, kaum menschlich zu nennen. Der andere ist ein unscheinbarer kleiner Mann, jedoch versessen auf berauschende Getränke.«
»Hört sich ganz nach unseren alten Freunden an, nicht wahr?« sagte Kalten zu Sperber. »War an diesem Ritter etwas Ungewöhnliches?«
»Er hatte reinweißes Haar«, antwortete Alstrom, »obwohl er noch nicht so alt war.«
»Martel kommt wahrhaftig herum«, stellte Kalten fest.
»Ihr kennt diesen Mann, Ritter Kalten?« fragte der Baron.
»Der Weißhaarige heißt Martel«, antwortete Sperber an Stelle seines Freundes, »Seine beiden Handlanger sind Adus und Krager. Martel ist ein abtrünniger pandionischer Ritter, der sich offenbar überall auf Gottes weiter Erde als Söldner verdingt. Seit einiger Zeit arbeitet er für den Primas von Cimmura.«
»Aber was könnte der Primas sich von der Blutfehde zwischen Gerrich und mir versprechen?«
»Ihr habt es bereits angesprochen, Baron«, sagte Sperber. »Die Hochmeister der vier Kriegerorden sind entschieden gegen Annias auf dem Erzprälatenthron. Sie werden bei der Wahl in der Basilika von Chyrellos anwesend sein und daran teilnehmen. Und ihre Meinung hat in der Hierokratie ein großes Gewicht. Außerdem würden die Ordensritter beim kleinsten Anzeichen von Wahlbeeinflussung einschreiten. Wenn Annias gewählt werden möchte, muß er dafür sorgen, daß die Ordensritter sich zum Zeitpunkt der Wahl nicht in Chyrellos aufhalten.
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