Elenium-Triologie
entfernt voneinander, wie es nur möglich war. »Baron«, wandte sie sich an Alstrom. »Achtet darauf, daß die beiden Ingredienzen nicht miteinander vermischt werden. Und haltet sie von jeglicher Art Feuer fern.«
»Wozu dient das Ganze eigentlich?« fragte Tynian sie.
»Wir müssen den Sucher vertreiben. Wir werden den Inhalt des Fasses mit Naphtha und Pech mischen und des Barons Katapulte damit füllen. Dann entzünden wir es und schleudern es unter Graf Gerrichs Soldaten. Die Dämpfe werden sie zum Rückzug zwingen, eine Zeitlang jedenfalls. Doch das ist nicht der Hauptzweck. Der Sucher hat einen anderen Geruchssinn als wir. Der Gestank der Dämpfe ist für Menschen zwar abscheulich, für den Sucher jedoch tödlich. Er wird entweder fliehen oder sterben.«
»Hört sich hoffnungsvoll an.«
Nunmehr wandte Sephrenia sich an Ortzel. »War es wirklich so schrecklich, Eminenz? Es wird Euch das Leben retten, wißt Ihr?«
Sein Gesicht war gequält. »Ich dachte immer, styrische Magie sei lediglich Scharlatanerie. Doch was Ihr da getan habt, was ich mit eigenen Augen sah, kann kein Trug gewesen sein. Ich werde beten und Gottes Rat erflehen.«
»Ich würde damit nicht zu lange warten, Eminenz«, meinte Kalten. »Denn sonst wäre es möglich, daß Ihr gerade noch rechtzeitig genug in Chyrellos eintrefft, um den Ring des Erzprälaten Annias zu küssen.«
»Dazu darf es auf keinen Fall kommen!« rief Alstrom heftig. »Die Belagerung ist meine Sache, Ortzel, nicht deine. Deshalb muß ich dir bedauerlicherweise meine Gastfreundschaft entziehen. Du wirst die Burg so bald wie möglich verlassen.«
»Alstrom!« keuchte Ortzel. »Ich bin hier daheim! Ich bin hier geboren!«
»Aber unser Vater hat die Burg mir hinterlassen. Dein Zuhause ist in der Basilika von Chyrellos. Ich rate dir, umgehend dorthin aufzubrechen.«
6
»Wir müssen uns an den höchsten Punkt Eurer Burg begeben, Baron«, sagte Sephrenia, nachdem der Patriarch von Kadach erzürnt aus dem Gemach gestürmt war.
»Das wäre der Nordturm.«
»Kann man die Belagerer von dort aus sehen?«
»Ja.«
»Gut. Doch zunächst wollen wir Euren Soldaten die nötigen Anweisungen erteilen, wie sie damit umzugehen haben.« Sie deutete auf das Faß. »Nun, meine Herren, steht nicht untätig herum. Tragt das Faß und kommt mit. Aber daß Ihr es ja nicht fallen laßt oder damit in die Nähe eines Feuers kommt!«
Die Anleitung, die sie den Soldaten gab, war für alle zu verstehen. Sie erklärte ihnen das genaue Mischungsverhältnis von Pulver, Naphtha und Pech. »Und jetzt hört gut zu«, fuhr sie fort, »eure eigene Sicherheit hängt davon ab. Zündet das Naphtha erst im allerletzten Moment an, und falls etwas vom Rauch in eure Richtung weht, dann haltet den Atem an und lauft. Atmet die Dämpfe unter keinen Umständen ein!«
»Sind sie tödlich?« fragte ein Soldat angstvoll.
»Nein, aber sie würden euch krank machen und den Verstand verwirren.
Bindet euch nasse Tücher vor Mund und Nase, das wird euch ein wenig schützen. Wartet auf das Signal, das der Baron euch vom Nordturm aus geben wird.« Sie prüfte die Windrichtung. »Schleudert die brennenden Geschosse nordwärts hinter die Soldaten auf dem Damm und auf die Schiffe.« Sie drehte sich zu Baron Alstrom um. »Begeben wir uns zum Turm.«
Wie schon seit einigen Tagen war auch jetzt der Himmel wolkenbedeckt, und starker Wind pfiff durch die Schießscharten des Nordturms. Graf Gerrichs Belagerer sahen von hier ameisenhaft aus, eine Masse winziger Männlein, deren Rüstungen in dem bleichen Licht die Farbe von Zinn hatten. Trotz der Höhe des Turms klirrte hin und wieder ein Armbrustbolzen gegen den verwitterten Stein.
»Seid vorsichtig, Sephrenia«, mahnte Sperber besorgt, als sie den Kopf durch eine Schießscharte steckte, um die Truppen zu beobachten, die sich vor dem Tor zusammengeballt hatten.
»Ich bin nicht in Gefahr«, beruhigte sie ihn, während der Wind wild mit ihrem weißen Kapuzenumhang spielte. »Meine Göttin beschützt mich.«
»Vertraut Eurer Göttin, soviel Ihr wollt«, entgegnete er, »aber für Eure Sicherheit bin ich zuständig. Könnt Ihr Euch vorstellen, was Vanion mit mir machen würde, wenn man Euch auch nur ein Härchen krümmte?«
»Und das erst, nachdem ich mit ihm abgerechnet habe«, knurrte Kalten.
Sie trat von der Schießscharte zurück und tippte nachdenklich mit einem Finger auf die Lippen.
»Verzeiht, meine Dame«, sagte Alstrom. »Ich sehe zwar die Notwendigkeit, die
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