Elenium-Triologie
übrigbleiben, als schärfere Maßnahmen zu ergreifen.«
»Hoffen wir, daß es nicht dazu kommen muß.«
»Das ist die Tür dieser Kammer.« Der Graf holte einen anderen Schlüssel hervor. Er sperrte auf und öffnete die Tür. DerÜbelkeit erregende Gestank von Blut und verwesendem Fleisch schlug ihnen entgegen.
Im flackernden Fackelschein erkannte Sperber sogleich, weshalb diese Kammer bei Occuda solches Entsetzen ausgelöst hatte. In der Mitte des blutbefleckten Bodens stand eine Folterbank, und spitze Haken ragten aus den Wänden. Er zuckte zusammen, als er sah, daß an vielen dieser Haken noch Haut- und Fleischreste klebten. An einer Wand hingen die furchtbarsten Folterinstrumente: Messer, Zangen, Brandeisen und nadelspitze Dornen. Ebenso gab es Daumenschrauben, einen spanischen Stiefel und verschiedene Peitschen.
»Das könnte geraume Zeit dauern«, sagte Sephrenia, »und wir müssen es vor dem Morgengrauen geschafft haben. Kurik, nehmt die Fackel und hebt sie so hoch über den Kopf, wie Ihr könnt. Sperber, haltet den Speer bereit. Etwas könnte uns davon abhalten wollen.« Sie nahm Beviers Arm und führte ihn zur Folterbank. »Also gut, Bevier«, sagte sie, »wacht auf!«
Bevier blinzelte und schaute sich verwirrt um. »Wo bin ich?«
»Ihr seid zum Beobachten hier, Bevier, nicht zum Reden!« sagte sie scharf. Sie begann styrisch zu sprechen, und ihre Finger gestikulierten in der Luft. Dann deutete sie auf die Fackel und gab den Zauber frei.
Zunächst tat sich scheinbar nichts; dann aber sah Sperber eine kaum wahrnehmbare Bewegung nahe der grauenvollen Folterbank. Die Gestalt war verschwommen; erst als die Fackel aufflackerte, konnte er sie klarer sehen. Es war die Gestalt einer Frau, und er erkannte ihr Gesicht. Sie war die Pelosierin, die er aus dem styrischen Haus in Chyrellos hatte kommen sehen. Ihr Gesicht war das des Sukkubus, der sich in dieser Nacht über Bevier gebeugt hatte. Sie war nackt und ihre Miene verzückt. In einer Hand hielt sie ein langes, scharfes Messer, in der anderen einen Haken. Allmählich erschien eine zweite Gestalt, die auf die Folterbank gebunden war. Ihrer Kleidung nach war sie eine Leibeigene. Ihr Gesicht war vor unbeschreiblichem Entsetzen verzerrt, und sie kämpfte hilflos gegen ihre Fesseln an.
Die Frau mit dem Messer ging auf die Gefangene zu und schnitt betont langsam die Kleidung ihres Opfers auf. Als die Leibeigene völlig entblößt war, machte die Schwester des Grafen sich methodisch über ihr Fleisch her und murmelte dabei unentwegt in einem styrischen Dialekt, der Sperber unbekannt war. Die Leibeigene schrie, und die grausame Verzückung auf Komteß Bellinas Gesicht wurde zu einem gräßlichen Grinsen. Voll Abscheu sah Sperber, daß ihre Zähne zugespitzt waren. Er wandte den Blick ab; er konnte nicht mehr zuschauen. Da sah er Beviers Gesicht. Der Arzier beobachtete in entsetztem Unglauben, wie Bellina das Fleisch des Mädchens zu verschlingen begann.
Als sie ihr gräßliches Mahl beendet hatte, rann Blut aus ihren Mundwinkeln, und ihr Körper war rot verschmiert.
Dann änderten sich die Bilder. Diesmal war Bellinas Opfer ein Mann, der von einem Haken hing und sich hilflos wand, während Bellina langsam kleine Fleischstücke von ihm abschnitt und genußvoll verzehrte.
Ein Opfer nach dem anderen erschien. Bevier schluchzte inzwischen und versuchte, die Augen mit den Händen zu bedekken.
»Nein!« sagte Sephrenia scharf und zog seine Hände herunter. »Ihr müßt alles ansehen!«
Opfer um Opfer wurde von Bellina zerstückelt. Am schlimmsten war es bei den vielen Kindern. Das ertrug Sperber nicht mehr.
Und dann, nach einer Ewigkeit von Blut und Qualen, war es vorbei. Sephrenia blickte angespannt in Beviers Gesicht. »Wißt Ihr, wer ich bin, Herr Ritter?« fragte sie ihn.
»Natürlich«, schluchzte er. »Bitte, Sephrenia«, flehte er sie an. »Nicht noch mehr!«
»Wer ist dieser Mann?« Sie deutete auf Sperber.
»Ritter Sperber vom Orden der Pandioner. Mein Mitstreiter.«
»Und er?«
»Kurik. Sperbers Knappe.«
»Und dieser Herr?«
»Graf von Ghasek, der bedauernswerte Besitzer dieser Burg.«
»Und er?« Sie deutete auf Occuda.
»Er ist der Diener des Grafen, ein guter und ehrlicher Mann.«
»Habt Ihr immer noch die Absicht, die Schwester des Grafen zu befreien?«
»Sie befreien? Seid Ihr wahnsinnig? Diese Bestie gehört in die tiefste Hölle!«
»Es hat gewirkt«, wandte Sephrenia sich an Sperber. »Wir brauchen ihn nicht zu töten.« Ungeheure
Weitere Kostenlose Bücher