Elenium-Triologie
folgten weitere. Eine nach der anderen traten sie aus Eingängen und Gassen und schlossen sich dem stummen Zug an, und jede folgte mit ihrem Tonkrug auf der Schulter einem uralten Ritual, das zur Gewohnheit geworden war. Wie immer auch die Männer ihren Tag begannen, die Frauen fingen ihn damit an, daß sie sich zum Brunnen begaben.
Lillias rührte sich. »Mahkra«, sagte sie mit schlaftrunkener Stimme, »komm wieder ins Bett.«
Selbst über dem unaufhörlichen Muhen der halbwilden Kühe konnte er die Glocken in der Ferne hören. Die Religion dieses Königreichs mißbilligte Glocken, deshalb wußte Sperber, daß das Läuten von eine Stätte erklang, an dem Angehörige seines eigenen Glaubens zusammenkamen. Es gab keinen anderen Ort, zu dem er sich sonst hätte begeben können, darum schleppte er sich auf dieses Läuten zu.
Der Griff seines Schwertes war klebrig von Blut, und die Waffe erschien ihm nun unsagbar schwer. Er hätte sich gern von dieser Last befreit. Es wäre so einfach, sie den Fingern entgleiten und in der nach Dung riechenden Dunkelheit zurückzulassen.
Doch ein wahrer Ritter überließ sein Schwert nur dem Tod, und so krampfte Sperber grimmig die Hand um den Schwertgriff und taumelte weiter auf die Glocken zu. Ihm war kalt, und das Blut, das aus seinen Wunden floß, fühlte sich warm an, fast angenehm. Und so stolperte er durch die kalte Nacht, in der nur das Blut ihn wärmte, das aus seiner Seite strömte.
»Sperber!« erklang Kuriks Stimme, und die Hand, die seine Schulter schüttelte, war unerbittlich. »Sperber, wach auf! Du hast wieder einen Alptraum!«
Sperber schlug die Augen auf. Er war schweißgebadet.
»Der gleiche?« fragte Kurik.
Sperber nickte.
»Vielleicht bist du davon befreit, wenn du Martel endlich getötet hast.«
Sperber setzte sich im Bett auf.
Kurik hatte das Gesicht zu einem breiten Grinsen verzogen. »Ich dachte, diesmal wäre es ein anderer Traum. Schließlich ist heute dein Hochzeitstag.
Bräutigame haben in der Nacht vor der Trauung fast immer schlimme Träume. Das ist schon so was wie Tradition.«
»Hast du denn in der Nacht, bevor du Aslade geheiratet hast, auch schlecht geträumt?«
»O ja!« Kurik lachte. »Irgendwas verfolgte mich, und ich mußte unbedingt an die Küste, um mich auf ein Schiff zu retten. Das Problem war nur, daß das Meer immer weiter zurückwich. – Möchtest du gleich frühstücken oder erst, wenn du gebadet hast und ich dich rasiert habe?«
»Ich kann mich selbst rasieren.«
»Das wäre gerade heute keine gute Idee. Streck die Hand aus.«
Sperber hielt ihm die Rechte vors Gesicht. Sie zitterte.
»Nein, heute solltest du dich wirklich nicht selber rasieren. Betrachten wir es als Hochzeitsgeschenk für die Königin. Ich werde dich in eurer Hochzeitsnacht schon nicht mit zerschnittenem Gesicht in euer Bett steigen lassen.«
»Wie spät ist es?«
»Etwa eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang. Steh auf, Sperber. Du hast einen ausgefüllten Tag vor dir. Ach, übrigens, Ehlana hat dir ein Geschenk geschickt, gestern nacht, nachdem du bereits eingeschlafen warst.«
»Du hättest mich wecken sollen.«
»Warum? Im Bett könntest du es sowieso nicht tragen.«
»Was ist es denn?«
»Deine Krone.«
»Meine was? «
»Krone. Eine Art Hut. Als Schutz vor Wind und Wetter allerdings nicht sehr geeignet.«
»Wo hat sie diese Krone her?«
»Sie hat sie für dich anfertigen lassen, gleich nachdem du von Cimmura abgereist warst. Und sie hat sie mit hierher genommen – so, wie ein Angler stets eine Schnur und einen Haken irgendwo in einer Tasche hat. Ich nehme an, deine Braut wollte für den Fall eines Falles nicht unvorbereitet sein. Sie möchte, daß ich deine Krone bei der heutigen Zeremonie auf einem Samtkissen trage. Sobald ihr getraut seid, wird sie dir die Krone aufs Haupt drücken.«
»Idiotisch!« schnaubte Sperber und schwang die Beine aus dem Bett.
»Möglich, aber du wirst schon noch dahinterkommen, daß Frauen die Welt mit anderen Augen sehen als wir. Das macht das Leben interessant, Prinzgemahl! Also, wie sieht's aus? Frühstück oder Bad?«
Sie kamen an diesem Morgen im Ordenshaus zusammen, da in der Basilika ein ziemliches Durcheinander herrschte. Dolmant nahm tiefgreifende personelle Änderungen vor, und die Geistlichkeit rannte herum wie Ameisen, in deren Haufen man herumgestochert hat. Der hünenhafte Patriarch Bergsten, immer noch in Kettenhemd und dem Helm mit Ogerhörnern, grinste, als er Ritter Nashans Studiergemach
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