Elfen-Jagd
nicht so leicht bluffen oder einschüchtern, vor allem dann nicht, wenn sie in der Überzahl waren. Dennoch zögerte dieser Kobold. Drei oder vier Frauen, das war eine Sache; eine ganz andere war es, sich mit einem Oger anzulegen. Zwar konnten hundert entschlossene Kobolde einen Oger wahrscheinlich überwinden, doch dabei würden sehr viele von ihnen zu Brei gehauen werden, und noch viel mehr würden ihre Schädel in Baumstämme gerammt bekommen, während ein paar von ihnen sogar so weit in die Luft geschleudert werden würden, daß sie auf dem Mond kleben blieben. Und den meisten anderen würde es wohl noch schlimmer ergehen. Also entschied sich der Kobold, zu verhandeln, während die anderen ihren bewußtlosen Anführer forttrugen.
»Die hier muß bestraft werden«, sagte der Unterführer. »Wenn unser Häuptling stirbt, muß auch sie sterben. So lautet das ungeschriebene Gesetz: Auge um Auge, Backzahn um Backzahn.«
Krach wußte, wie man mit Kobolden verhandeln mußte. Es war alles nur eine Frage der richtigen Umgangssprache. Er ballte seine Hand zu einer riesigen Metallfaust. »Wenn sie tot, seh’ ich rot.«
Der Unterführer verstand ihn ausgezeichnet, aber er befand sich in einer schwierigen Lage. Anscheinend ließ sich ein Kampf nicht mehr vermeiden.
Da begann der Koboldhäuptling sich zu rühren. Vielleicht war es ihm auf die Dauer zu unbequem, an den Ohren über den felsigen Boden geschleift zu werden. Langsam kam er wieder zu sich.
»Er ist nicht tot«, bemerkte der Leutnant erleichtert. Das erweiterte immerhin seinen Handlungsspielraum. »Aber bestraft werden muß sie dennoch. Wir werden sie auf einer Insel aussetzen.«
Tandy aussetzen? Das hörte sich nicht allzu schlimm an. Dennoch blieb Krach mißtrauisch. »Welcher Haken dabei, sag’s mir frei.« Er kratzte sich dümmlich an dem flohlosen Schädel.
Der Kobold musterte ihn und versuchte offensichtlich, das Ausmaß von Krachs Dummheit abzuschätzen. »Die Insel sinkt«, antwortete er schließlich. »Du kannst sie retten, wenn du willst. Aber im Sumpf gibt es ein paar ziemlich unangenehme Dinger.«
Damit hatte Krach gerechnet. Er wollte nicht, daß Tandy auf einer untergehenden Insel in dem Sumpf ausgesetzt wurde. Doch er war nicht im Vollbesitz seiner Kräfte, und der Hunger schwächte ihn noch mehr, so daß er im Augenblick keinen Kampf mit den Kobolden riskieren durfte. Außerdem, so erinnerte ihn seine Schlauschlinge gehässig, hatte Tandy sich die Sache ja eigentlich auch selbst eingebrockt. Wenn die Kobolde zwar nicht völlig im Recht waren, waren sie andererseits aber auch nicht völlig im Unrecht.
Der Koboldleutnant schien den Kampf zu verstehen, der sich im Schädel des Ogers abspielte. Wenn sie sich auch von Körpergröße und Intelligenz her voneinander unterschieden, waren Oger und Kobolde einander durchaus ähnlich, was ihre Persönlichkeitsstruktur anging. Beide zogen es vor, das Gemetzel zu vermeiden, in das jeder Kampf unweigerlich ausarten mußte. »Wir geben dir eine faire Chance, sie zu retten.«
»Was für eine – große, kleine?« fragte Krach.
»Einen Zauberstab.« Der Leutnant gab seinen Gefolgsleuten ein Zeichen, und einer der Kobolde reichte ihm einen eleganten schwarzen Stab.
»Zauberstab – ich nicht mag«, reimte Krach zweifelhaft und zweifelnd. Er gab sich lieber weiterhin als dummer Oger aus, weil er sich davon Vorteile versprach.
»Du mußt rauskriegen, wie er funktioniert«, meinte der Kobold. »Dann kannst du mit seiner Magie das Mädchen retten. Wir kennen zwar sein Geheimnis nicht, aber wir wissen, daß er magische Eigenschaften besitzt. Wenn du willst, helfen wir dir dabei, es herauszubekommen.«
Das war aber ein gewaltiges Risiko! Er sollte Tandy mit einem Zauberstab retten, dessen Funktionsprinzip den Kobolden derart schleierhaft war, daß sie ihm gestatteten, damit zu versuchen, ihr Urteil zunichte zu machen. Die hatten wahrscheinlich schon Tage, Monate oder Jahre damit erfolglos experimentiert, während ihm wohl nur wenige Minuten bleiben würden. Welche Chance hatte da ein intelligenter Mensch, geschweige denn ein dummer Oger? Welches Wesen von auch nur durchschnittlicher Intelligenz würde sich auf solch ein Geschäft einlassen?
Und warum gingen die Kobolde dieses Risiko überhaupt mit einem Fremden ein? Wenn er durch schieres Glück herausfinden sollte, wie der Zauberstab funktionierte, würde er für die Kobolde doch eine noch viel größere Gefahr sein!
Aber das war ja auch die Antwort! Ein
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