Elfenbann
sie an.
»Aber nein«, wütete sie weiter, als wäre in ihrem Inneren etwas geplatzt, das jetzt raus musste und nicht mehr aufzuhalten war. »Nein, Tamani hat ja einen Plan. Tamani manipuliert die dummen nichtsnutzigen Menschen. Tamani hintergeht mich und lügt mich an!«
Er hielt ihrem Blick stand, bis sie wegsehen musste. »Und du fragst mich nicht mal!«
»Was hätte ich denn fragen sollen?«
»Ob ich es getan habe.«
Laurel verdrehte die Augen. »Und, hast du es getan?«, fragte sie um des lieben Friedens willen.
»Nein.«
Das brachte sie nicht aus dem Gleichgewicht. »War es einer von deinen Wachposten?«
»Nicht dass ich wüsste. Und wenn, hätte derjenige sich meinem Befehl widersetzt. Ich würde ihn seines Postens entheben und sofort nach Orick zurückschicken.«
Jetzt sah sie ihn geschockt an. Seine Stimme war zu fest, zu klar. Er log nicht. Es war ihr schrecklich peinlich. »Ist das wirklich wahr?«, fragte sie leise.
»Ja.«
Sie ließ sich auf ihren Stuhl fallen. Allmählich ließ der Groll nach, den sie den ganzen Tag vor sich hergeschoben hatte.
»Ich müsste mich eigentlich daran gewöhnt haben«, sagte Tamani leise.
»Woran?« Laurel war nicht scharf darauf, die Antwort zu hören.
»Daran, dass du mir nicht vertraust.«
»Aber ich vertraue dir doch«, widersprach sie, doch Tamani schüttelte den Kopf.
»Oh nein, das tust du nicht«, sagte er mit einem bitteren Lachen. »Du hast Zutrauen zu mir, du schätzt meine Fähigkeiten. Du weißt, ich rette dich, wenn du in Gefahr gerätst. Vertrauen ist etwas anderes. Wenn du mir vertrauen würdest, hättest du mich wenigstens gefragt, bevor du mich für schuldig erklärst.«
»Das stimmt, ich hätte dich fragen sollen.« Laurel fühlte sich unerträglich klein. Doch er sah sie gar nicht
an, er schaute aus dem Fenster. »Wollte ich ja auch, aber du bist mir aus dem Weg gegangen! Wie hätte ich mir das denn sonst erklären sollen?« Sie stand auf und ging zu ihm. Er sollte sie ansehen! »Es tut mir leid«, flüsterte sie schließlich seinem Rücken zu.
»Ich weiß«, erwiderte er mit einem schweren Seufzer. Mehr aber auch nicht.
Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter und zupfte an seinem Hemd. »Sieh mich an.«
Er drehte sich um und ihre Blicke trafen sich. Schon wünschte sie, er hätte es nicht getan, denn seine Miene strahlte so viel Schmerz aus – Schmerz und Verrat. Er legte seine Hand auf ihre – und aus der Qual wurde Begehren.
Laurel, die überall hingucken wollte, nur nicht in seine Augen, betrachtete die Hand, die auf ihrer lag und ihr gleichzeitig fremd und vertraut war. David hatte starke Pranken, Tamani nicht. Seine Hände waren nicht viel größer als Laurels, mit langen schlanken Fingern und perfekt geformten Fingernägeln. Sie spreizte ihre Hand unter seiner und verschob sie nur ein ganz klein wenig, bis seine Finger in die Zwischenräume glitten. Sie fühlte seinen Blick, während sie auf ihre Hände blickte, und wollte es so sehr!
Doch sie wusste, dass sie es nicht bekommen konnte.
Laurel, die weder vor noch zurück konnte oder wollte, sah Tamani voller Verzweiflung an. Er schien ihre stumme Bitte zu verstehen. Sie las Enttäuschung in seinem Blick, aber auch Entschlossenheit. Als er die Hand hob, hinterließ er einen glitzernden Abdruck auf ihrer Haut. Dann schob er ihre Hand langsam von seinem Arm.
»Es tut mir leid«, flüsterte Laurel noch mal, und es war ihr Ernst. Sie wollte ihn nicht verletzen. Andererseits konnte sie ihm nicht gewähren, was er ersehnte. Sie wurde im Moment von zu vielen Menschen gebraucht, und manchmal hatte sie das Gefühl, alle zu enttäuschen.
Nach einem langen Blick räusperte Tamani sich und sah wieder aus dem Fenster. »Wir wissen also jetzt, dass ich Ryan nichts gegeben habe«, sagte Tamani steif. »Ich werde mich vergewissern, dass es keiner der Wachposten war, und wenn es dabei bleibt, wer könnte es dann gewesen sein?«
»Spontan fällt mir nur Yuki ein.« Laurel setzte sich aufs Bett, stellte die Ellbogen auf die Knie und legte das Kinn in ihre Hände. »Aber wenn sie das Gedächtniselixier zubereitet hat, muss sie eine Herbstelfe sein.«
»Ja. Wenn. « Tamani dachte nach. »Aber warum sollte sie ihm überhaupt ein Gedächtniselixier geben? Er konnte sich doch schon vorher an nichts erinnern.«
»Immerhin hat er die Orks gesehen, wenn auch nur ganz kurz. Vielleicht war es eine reine Vorsichtsmaßnahme? Für den Fall, dass es ihm später wieder einfiele?«
»Es kommt mir
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