Elfenglanz
Jamison und zog sie beiseite. »Ich flehe euch an, mir zu vertrauen! Bitte!«
Eine Welle der Furcht übermannte Laurel, doch sie wusste, dass sie Jamison von allen auf der Welt am meisten vertrauen konnte. Tamani zögerte einen Moment länger und blickte zurück zu den kalifornischen Wachposten, die gerade durch das Tor kamen und mit ihren Kollegen redeten. Doch als Laurel an seinen Fingerspitzen zupfte, drehte er sich wieder um und folgte dem betagten Winterelf.
»Hier entlang«, sagte Jamison und zeigte auf einen Baum mit einem fassähnlichen Stamm und weit ausgebreiteten Ästen. »Beeilung! Bevor meine Am Fear-faire merken, dass ich weg bin!«
Hinter dem Baum waren sie außer Sichtweite der meisten Elfen im Garten. Jamison blieb nur kurz stehen, um zu verschnaufen, und legte dann die Hände zusammen, um direkt danach über die Steinmauer zu streichen. Die schlanken Äste des Baumes hoben sich neben Laurel und strichen ihr dabei über die Wange. Dann fuhren Ranken aus dem Boden und krallten sich wie spindeldürre Finger in die Steine, um sie auseinanderzuziehen und einen schmalen Ausgang zu schaffen.
Sobald Laurel und ihre Freunde die Mauer passiert hatten, zogen sich die Ranken und Äste auf eine Geste von Jamison hin wieder zurück und versetzten die Mauer in ihren ursprünglichen Zustand. Jamison blieb einen Augenblick stehen und lauschte, ob sie vielleicht doch beobachtet worden waren, doch offenbar waren sie entkommen. Er zeigte auf den Winterpalast und begann mit dem Aufstieg.
»Warum schleichen wir uns davon?«, fragte Chelsea Laurel flüsternd, als sie in seinem Gefolge den steilen Hügel hochstiegen. Da sie nicht den sanft in Bögen ansteigenden Weg benutzen konnten, der vom Tor zum Garten führte, mussten sie klettern. Es war eine Abkürzung, aber leicht war es nicht.
»Das weiß ich auch nicht«, antwortete Laurel, die sich dieselbe Frage stellte. »Aber ich habe Vertrauen zu Jamison.«
»Wenn wir wissen, was los ist, kehre ich in den Garten zurück«, murmelte Tamani. »Ich lasse meine Wachposten nicht im Stich.«
»Das weiß ich doch«, flüsterte Laurel, die sich trotzdem wünschte, dass auch er sich in Sicherheit bringen würde.
Auf dem langen Anstieg zum Winterpalast gingen Chelsea die Augen über. Laurel versuchte, Avalon mit ihren Augen zu sehen und erinnerte sich an ihren ersten Besuch: die lichtdurchlässigen Kugeln weiter unten, in denen die Sommerelfen wohnten, die Art, wie der Palast mit Zweigen und Ranken zusammengehalten wurde und die Wege aus fruchtbarer dunkler Erde.
Sie gelangten erstaunlich schnell zu dem weißen Torbogen oben auf dem Hügel. Sogar Tamani hielt sich die Seiten und holte keuchend Luft.
»Wir müssen weiter«, japste Jamison, obwohl sie sich höchstens eine Minute ausgeruht hatten. »Das Schlimmste liegt hinter uns.«
Als sie das Palastgelände durchquerten, bestaunte Chelsea die beschädigten Statuen und die bröckelnde Mauer. »Wird hier nichts repariert?«, flüsterte sie Laurel zu.
»Manchmal ist es wichtiger, die natürliche Kraft eines Gegenstands zu bewahren, als sein äußeres Erscheinungsbild zu verbessern«, erklärte Jamison.
Chelsea machte große Augen. Sie hatte so leise gesprochen, dass sogar Laurel sie kaum verstanden hatte, doch sie stellte keine weiteren Fragen mehr, während sie die Treppe hinaufstiegen und das große Eingangstor aufstießen.
Es war still im Palast; nur die Schritte ihrer kleinen Gruppe waren zu hören. Die weißgekleideten Diener waren nirgends zu sehen. Hatten sie schon von dem bevorstehenden Angriff gehört? Laurel hoffte, dass sie in Sicherheit waren, wo auch immer, doch mittlerweile bezweifelte sie, ob sie alle jemals wieder irgendwo sicher sein würden.
Jamison machte sich bereits an den Aufstieg in die oberen Räume. »Bitte kommt mit!«, sagte er, ohne sich noch mal umzusehen. Auf eine kurze Handbewegung von ihm öffneten sich langsam die oberen Flügeltüren. Obwohl Laurel schon wusste, was kam, schnappte sie nach Luft, als die Wellen der Macht sie erreichten. Chelsea klammerte sich an Laurels Arm; sie hatte es auch gespürt.
»Wir laufen übrigens nicht weg«, sagte Jamison unvermittelt. »Ich kann mir denken, dass ihr das vermutet.«
Laurel fühlte sich ertappt, doch genauso war es.
»Wenn wir hier fertig sind, gehen wir wieder zurück und nehmen gemeinsam den Kampf auf. Doch erst müssen wir hier etwas erledigen – etwas, das ich nicht allein tun kann. Kommt.«
Am Ende des langen seidenen Teppichs bogen
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