Elfenglanz
Palast. Jamison brach schließlich das Schweigen, als sie den Torbogen aus weißem Marmor erreichten, an dem der Pfad begann.
»Wenn wir den gleichen Weg zurücknehmen«, sagte Jamison und drehte sich zu ihnen um, »gelingt es uns vielleicht, der Königin ganz aus dem Weg zu gehen.« Der Wind trug seine Stimme zu ihnen.
»Und warum solltest du das tun wollen, Jamison?«, fragte Königin Marion in sanftem Tonfall, obwohl sie vor Wut kochte, als sie an den Torbogen trat. Hinter ihr kamen in einer langen Linie grün gekleidete Wachposten mit Marions Am Fear-faire.
Jamison blieb sichtlich erschrocken stehen, ehe er sich wieder fasste. »Weil du sehr böse auf mich sein wirst«, antwortete er schlicht. »Und dafür haben wir keine Zeit.«
Laurel konnte sehen, dass die Königin eine Frage auf den Lippen hatte, doch sie entschied sich dafür, den Grund selbst herauszufinden und ließ den Blick über die kleine Gruppe schweifen. Als ihr Blick auf Excalibur fiel, verriet ihr Gesichtsausdruck, wie schockiert sie war. »Jamison, was hast du getan?«
»Das, was du nicht tun würdest, wie schon die Schweigsamen wussten«, erwiderte Jamison gelassen.
»Die Folgen müssen dir bewusst sein.«
»Ich bin mir darüber klar, wie sie in der Vergangenheit ausfielen, aber ich weiß auch, dass die Vergangenheit nicht über die Zukunft bestimmt.«
»Eines Tages wirst du Avalon den Tod bringen, Jamison.«
»Nur, wenn ich dich davon abhalte, es als Erste zu tun.« Jetzt war auch Jamison wütend.
Die Augen der Königin funkelten vor Zorn. Dann meinte Laurel Mitleid in ihrem Blick zu erkennen. »Immer musst du deinen Willen durchsetzen«, sagte sie. »Sogar Cora sprach davon, wie unnachgiebig du bist, wenn du dir etwas vorgenommen hast. Bitte, tu, was dir beliebt. Aber bedenke, dass der Ast, der sich nicht biegen lässt, bei einem Sturm als Erster vom Baum fällt. Komm, Yasmine.«
Die junge Winterelfe machte einen Schritt zur Seite und nahm Jamisons Hand. »Ich möchte bei dir bleiben.« Ihre Augen blitzten entschlossen.
Doch Jamison schüttelte bereits den Kopf. »Es tut mir leid.« Nach einem Seitenblick auf Marion flüsterte er Yasmine etwas ins Ohr. »Wenn wir beide dabei wären und dich beschützen könnten, hätte ich nichts dagegen. Aber mir allein traue ich das nicht zu.«
»Das musst du auch nicht«, widersprach Yasmine heftig. »Ich kann dir helfen.«
»Ich darf deine Sicherheit nicht aufs Spiel setzen«, entgegnete Jamison.
»Du stirbst doch nicht etwa?«, fragte Yasmine und sah die Königin vorwurfsvoll an.
»Das habe ich keineswegs vor.«
Yasmine ließ den Blick kurz zu Tamani und Laurel schweifen, ehe sie die Stimme senkte. »Ich kann ungeheure Taten vollbringen«, sagte sie so leise, dass Laurel sie kaum verstand. »Du hast mir vor Jahren gesagt, dass ich Großartiges leisten kann und werde.«
»Deswegen musst du hierbleiben«, erwiderte Jamison und strich ihr über die Wange. »Was wir jetzt vorhaben, hat nichts Großartiges an sich. Es muss eben getan werden. Es war noch nie so wichtig wie heute, dass du am Leben bleibst, damit du diese ungeheuren Taten vollbringen kannst. Avalon darf dich nicht verlieren, sonst waren all unsere Bemühungen, die bald Früchte tragen sollen, vergebens.«
Verstand Yasmine diese rätselhafte Ansprache? Jedenfalls nickte sie zustimmend und lief los, um Marion einzuholen, die nicht auf sie gewartet hatte. Jamison verfolgte die beiden Winterelfen mit Blicken, bis sie am Palast angekommen und sicher mit ihren Am Fear-faire darin verschwunden waren. Erst dann wandte er sich wieder an die Gruppe. »Kommt«, sagte er mit gepresster Stimme und führte sie den Weg hinunter.
»Das sind … so viele«, sagte Laurel zu Tamani, als sie Jamison folgten und immer noch weiteren Wachposten begegneten, die auf dem Weg zum Winterpalast waren.
»Ungefähr zweihundert«, brummte Tamani.
»Zwei hundert ?«, rief Laurel erstickt. »Braucht sie die wirklich?«
»Natürlich nicht.«
Laurel zögerte. »Kann Avalon so viele entbehren?«
»Natürlich nicht«, sagte er noch mal mit leerem Blick. »Komm.«
Er nahm ihre Hand und gemeinsam gingen sie hinter Jamison, David und Chelsea her. Laurels Füße bewegten sich wie von selbst, als die Schwerkraft sie den Hügel hinunter in den Torgarten trieb. Endlich versiegte der Strom der Wachposten und bald verebbte auch das Stampfen ihrer Stiefel, sodass sie nur den eigenen Atem und ihre eigenen Schritte hörten.
Laurel riss den Kopf hoch, als die Stille von
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