Elfenglanz
die Evakuierung einleiten. Wir haben in der Akademie jede Menge Fenster und Seile, von den Brandmauern ganz zu schweigen. Als Forschungsinstitut wären wir nicht viel wert, wenn wir nicht in Brandschutz investiert hätten.«
Tamani runzelte die Stirn. »Draußen warten Kleas Soldaten mit Gewehren. Die schießen doch jeden ab, der durchs Fenster kommt?«
»Ich fürchte, das ist nicht mein Fachgebiet«, erwiderte Yeardley mit einem vielsagenden Blick auf Tamanis Speer.
Als Laurel tief einatmete, verbrannte sie sich gleich die Kehle. Auch ihre Augen tränten, weil der Rauch nach unten sank.
»In den Speisesaal«, krächzte Yeardley, duckte sich und gab ihnen ein Zeichen, ihm zu folgen.
Als sie sich der Flügeltür näherten, kamen sie an den Elfen vorbei, die mit einer Eimerkette das Wasser vom Brunnen durch die Flure verteilten, um das Feuer zu löschen. Andere rissen leicht entflammbare Dinge von den Wänden und Böden, um dem Feuer nicht noch mehr Nahrung zu geben. Doch der beißende Rauch behinderte sie bei ihrer Arbeit, und auch wenn viele Elfen sich nützlich machten, gab es genug andere, die blindlings hin und her liefen und Bücher oder Experimente an sich drückten. Andere standen an den Treppenabsätzen und stritten, ob sie treppauf oder treppab gehen sollten. Laurel brüllte sie an, sie sollten ihr folgen, doch dann atmete sie zu viel Rauch ein und konnte nicht mehr aufhören zu husten.
»Alle Elfen hier entlang!« Davids Stimme drang durch die Düsternis wie ein Leuchtfeuer im Nebel. Er stand hoch aufgerichtet da und machte den Eindruck, als könnten ihm die dunklen Wolken, die ihn umwirbelten, nichts anhaben. Laurel riss die Augen auf, als sie begriff, dass Excalibur sie von ihm abhielt. Die Schicht der klaren Luft, die ihn umgab, war hauchdünn, doch er atmete reine Luft. »Alle in den Speisesaal! Dort werden die Oberlichter geöffnet!«
Zunächst waren die Elfen an den Treppen wie gelähmt, aber dann fiel Laurel auf, dass sie einfach die Luft anhielten, weil sie nicht wussten, ob sie auf Davids Kommando hören sollten.
Weil er ein Mensch ist.
Schließlich drängte sich ein Mixer, den Laurel nicht kannte, durch die Menge in seine Richtung. Einen Augenblick lang befürchtete sie, er wollte Streit anzetteln, doch er blieb nur kurz vor David stehen, nickte und lief in den rauchigen Flur, der zum Speisesaal führte. Somit kam die Botschaft dann auch bei den anderen Elfen an, die sich langsam, schrecklich langsam auf den Weg machten. Sie schlichen tief gebückt, um überhaupt Luft zu bekommen.
Doch es gab immer noch Elfen, die gegen den Strom schwammen. Ein gutaussehender junger Elf kämpfte sich in die andere Richtung vor. Er hatte bereits einen Fuß auf der untersten Stufe, als jemand ihn zurückhalten wollte. »Galen, stopp!«
Galen blieb stehen.
Etwas Dunkles floss sehr langsam die Treppe herunter. Erst dachte Laurel, es wäre Öl, doch es war rot und flaumig – so ähnlich wie der allgegenwärtige Rauch. Doch es handelte sich nicht wie an den Toren um Schlafgas, das sich ausgebreitet hatte und hochgestiegen war. Dieser Nebel war schwer und kroch in Zeitlupe über den Boden wie Trockeneisdampf. Er füllte jede Stufe mit einer Art Brei, bevor er sich wieder verflüssigte und auf die nächste Stufe schwappte.
Galen presste die Lippen aufeinander. »Oben sind noch Elfen«, rief er. »Ich muss sie warnen.« Und damit ging er weiter die Treppe hinauf.
In dem Moment, in dem der rot rankende Rauch seinen Fuß berührte, taumelte Galen. Sein Blick war leer, während sein Körper wild zuckte. Als er auf die Treppe sank, wirbelte der dunkelrote Dunst um ihn herum. Obwohl er drei Meter von ihr entfernt war und sie in dem Rauch nicht gut sehen konnte, wusste Laurel, dass er tot war.
Die anderen begriffen das auch und sie flohen kreischend vor dem roten Unheil – einige von ihnen direkt zu den brennenden Ausgängen.
»Stopp! Stopp!« Yeardleys Stimme drang gedämpft durch den Qualm. »Keine Panik!«, rief er. »Im Speisesaal wurden die Oberlichter geöffnet. Lauft alle in den Speisesaal!«
»Aber Galen hatte recht: Oben sind noch Leute! Können wir denn nichts für sie tun?«, fragte eine der zögerlichen Elfen.
Yeardley betrachtete das gefährliche Gas, das über die beiden Treppen flutete, die nach oben führten. »Möge die Göttin ihnen beistehen«, sagte er ratlos.
Bis auf einige wenige, die beharrlich die Treppe hinaufblickten, waren schließlich doch die meisten Elfen im Speisesaal
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