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Elfenglanz

Elfenglanz

Titel: Elfenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aprilynne Pike
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versammelt. Plötzlich merkte Laurel, wie der rötliche Nebel über den oberen Treppenabsatz waberte und sich in langen Ranken durch die verzierten Geländerstäbe nach unten ergoss wie ein Wasserfall aus Öl.
    »Achtung!«, rief Laurel und zog Tamani und Chelsea zurück, sodass die dünnen Nebelströme knapp neben ihnen landeten.
    Doch so schnell waren nicht alle Elfen; die roten Wellen erfassten sie wie Sandbäche. Sie fielen lautlos um, wo sie gerade standen.
    »Los!«, sagte Tamani und zog Laurel mit sich. Sie wollte nicht – sie wollte die toten Elfen mitnehmen, doch Tamanis Griff war fest und sie ließ sich mitziehen.
    Im Speisesaal wies Yeardley die Schüler an, nasse Tücher vor die Türen zu legen. Die Helfer in der Eimerkette, die von dem tödlichen roten Gift verschont geblieben waren, schütteten das Wasser direkt auf die Türen und tränkten das Holz damit. Der Rauch trieb dank der geöffneten großen Oberlichter, durch die sie den trüben Abendhimmel sehen konnten, weiter nach oben, sodass Laurel sich aufrichten und atmen konnte. Ein Blick zu Chelsea zeigte, dass ihr Gesicht und ihre Anziehsachen schwarz waren. Das dürfte bei ihr selbst nicht anders sein, dachte Laurel. Als sie sich umschaute, erschrak sie angesichts der geringen Anzahl von Elfen im Raum, zumal viele von ihnen das Bewusstsein verloren hatten. Schon vorher waren hier die Verletzten behandelt worden, doch durch den Qualm waren viele in Ohnmacht gefallen.
    »Was jetzt?«, fragte Laurel.
    »Ich gehe mit David voran«, antwortete Tamani und zeigte mit dem Speer auf eine Handvoll Elfen, die eine Holzleiter unter einem der Fenster aufstellten. »Es gibt sicher bessere Ausgangssituationen für eine Evakuierung, aber angesichts der Oberlichter, der Brandschutzmaßnahmen und des Brunnens sollte es uns gelingen, alle heil heraus zu bekommen – falls wir uns dort oben an den Fenstern bewegen können, ohne erschossen zu werden.«
    An der Art, wie er in den Himmel blickte, spürte Laurel, dass ihn noch etwas beunruhigte. »Was ist?«, fragte sie.
    Nach einigen Sekunden drehte er sich zu ihr um. »Klea ist bestimmt nicht mehr in der Nähe – sie weiß, dass sie hier gewonnen hat. Ich denke, sie ist auf dem Weg zum Winterpalast – irgendwer muss sie aufhalten. Und das bin ich.«
    Er hatte recht. »Nimm mich mit«, forderte Laurel.
    »Laurel, bitte«, flehte er, doch sie schüttelte den Kopf.
    »Ich meine doch gar nicht, dass du mich zu Klea mitnehmen sollst. Ich möchte nur raus. Mit Yeardley. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass wir Jamison holen sollten.« Sie trat noch näher, damit niemand, nicht einmal Chelsea oder David, sie hören konnten. »Er ist unsere letzte Chance, das weißt du.«
    »Glaubst du denn, dass Yeardley überhaupt mitkommen will?«, fragte Tamani. Laurel sah zu ihm hinüber. Er beruhigte immer noch das panische Elfenvölkchen. Yeardley war Avalons akademisches Vorbild und jetzt wollte sie ihn entführen.
    »Ihm bleibt nichts anderes übrig, findest du nicht auch?« Laurel erstickte beinahe an ihren Worten.
    Als das Licht auf einmal einen sonderbaren kränklichen Farbton annahm, gab es erneut große Aufregung. Laurel begriff sofort, dass nun ein Angriff von oben drohte. Der rote Nebel war aus den Fenstern der oberen Etage gequollen und bahnte sich jetzt einen Weg über das Dach zum Speisesaal. Er waberte bereits über die Scheiben der Oberlichter und strömte in dem Moment nach unten in den Saal, als Laurel hochblickte.
    Die breite Kaskade tödlichen Gifts fiel mindestens sechs Meter tief, bevor sie einen bewusstlosen, rußverschmierten Elf traf, der auf einem mit Leintüchern bedeckten Tisch lag. Er zuckte tonlos, bis er sich nicht mehr regte und das ölig rote Gas auf den Boden schwappte.
    Entsetztes Raunen. Dann drehten sich alle Elfen von Panik ergriffen gleichzeitig um und drängten an Laurel vorbei, die sich nur mit Mühe auf den Beinen halten konnte. Sie nahmen sie kaum wahr, sie hatten nur noch ihre eigene Verzweiflung vor Augen.
    Laurel fixierte den roten Dunst und umklammerte Tamanis Finger, als ihr klar wurde, was gerade geschehen war.
    Sie waren Kleas Gift nicht einen Augenblick lang entronnen. Im Gegenteil, sie hatten ihr in die Hände gespielt.
    Und jetzt gab es keinen Ausweg mehr.

Siebzehn
    D er rote Tod kam langsam, ganz langsam, in qualmenden Ranken, die lebendiger wirkten als banales Gas. Es wand sich um seine Opfer und suchte sich zuerst die einfache Beute, die bewusstlosen Elfen, die am Boden

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