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Elfenkind

Elfenkind

Titel: Elfenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
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und was ich dir schon erzählt habe. Deine Mutter hieß Marie Boux und war mit deinem Vater nicht verheiratet. Es muss eine kurze, aber intensive Zeit der Liebe gewesen sein, die der Tod jäh beendete. Sie starb nur fünf Tage nach deiner Geburt im Krankenhaus.»
    «Und mein Vater?», fragte sie.
    «Tut mir leid, über den konnte ich nichts herausfinden. Absolut nichts. Nicht einmal einen Namen.»
    Aliénor richtete sich auf und dachte laut nach. «Abgesehen davon, dass mein Vater ein Elf war – wer war er, wie war er?»
    Frédéric zuckte mit den Schultern. «Das musst du die Elfen fragen. Ich könnte dich in die Nähe des Château des Fleurs bringen. Das ist das Elfenschloss im Wald von Brocéliande. Ich könnte mir vorstellen, dass er von dort stammt.»
    «Von Brocéliande habe ich noch nie gehört. Wo liegt dieser Wald?»
    «In der Nähe von Rennes, im Westen Frankreichs, in der Bretagne. Da, wo du geboren bist.»
    Aliénor atmete tief durch. In ihrem Kopf summten die Fragen hin und her, aber welche war ihr im Augenblick die Wichtigste? Warum bin ich erst jetzt eine Elfe geworden?
    Sie ahnte, es würde noch einige Zeit und viele Fragen mehr brauchen, bis sie über alles Bescheid wusste. Vermutlich war Frédéric auch nicht der Richtige, um Licht ins Dunkel zu bringen. Nur die Elfen würden ihr wirklich weiterhelfen können. Schade, denn sie begann, sich immer mehr an das angenehme Gefühl seiner Nähe zu gewöhnen.
    «Warum hatte ich nicht schon seit meiner Geburt Flügel? Ist es bei Elfen üblich, dass die Flügel erst später wachsen, Frédéric?»
    Er lächelte. «Nein, jedenfalls nicht soviel ich weiß. Es ist ein Wunder, meine kleine Elfe.»
    Aliénor wurde es noch heißer bei seinen Worten und bei der Art, wie er sie dabei ansah. Sie fühlte sich nicht auf unangenehme Weise klein, wenn er dies zu ihr sagte. Es klang eher liebevoll. Sie hörte in ihrem Kopf die höhnischen Stimmen, die sie die ganze Schulzeit über gehänselt hatten: Spitzmaus, Zwerg, halbe Portion. Es war so schön, dass Verniedlichungen sich auch nett anhören konnten.
    Frédérics Augen erschienen ihr im Halbdunkel wie zwei schwarze Diamanten, auf die der Kerzenschein ein paar kleine funkelnde Reflexe hinterließ. Sein langes schwarzes Haar fiel ihm in großen Locken auf die Schultern, milderten seine harten Gesichtszüge und gaben ihm ein verführerisches Aussehen, das in Einklang mit seiner samtigen, tiefen Stimme stand.
    Seine Anwesenheit war auch ohne Berührung fast körperlich zu spüren und sie ertappte sich dabei, sich zu wünschen, er würde sie in seine Arme nehmen und ihr einfach versichern, dass alles gut werden würde. Die Informationen über ihre bisher unbekannte Vergangenheit zu verarbeiten, war alles andere als einfach, und sie würde sich ohne ihn in ihrer roten Suite ohne Zweifel sehr einsam fühlen.
    «Ein Wunder …», wiederholte sie.
    «Ich bin kein Experte in solchen Dingen. Ich weiß nur soviel: Wenn Elfen und Menschen ein gemeinsames Kind zeugen – was im Übrigen so gut wie nie vorkommt –, dann geht der Elfenzauber verloren. Weil Menschen im Gegensatz zu Elfen die schlichteren Geschöpfe sind, wird das Kind ein ganz normaler Mensch ohne Flügel.»
    «Und wieso sind mir dann trotzdem Flügel gewachsen? Und warum erst jetzt?», beharrte sie. Ihre Flügel zitterten vor Nervosität. Sie bemühte sich, ihre Ungeduld zu zähmen, aber es gelang ihr nicht. Immerhin ging es hier um ihr Leben, ihre Zukunft.
    Frédéric stand auf und kam zu ihr hinüber. Er setzt sich neben sie auf das Sofa und nahm ihre Hand. Vermutlich wollte er sie nur beruhigen, aber seine Geste bewirkte genau das Gegenteil. Sie spürte die Berührung seiner Hand auf ihrer Haut bis tief in ihren Unterleib.
    «Ich weiß es nicht. Es gibt eben Mysterien, die sich unserer Kontrolle und unserem Verständnis entziehen. Vielleicht werden wir nie eine Antwort auf diese Frage finden. Du musst einfach akzeptieren, dass du jetzt so bist, wie du bist.»
    Nur mit Mühe war sie seinen Worten gefolgt. Sie spürte das Brennen in ihrem Körper, das heiße Blut, das in ihren Adern pochte. Ihre Lippen schienen ihr unendlich empfindlich und sie sehnte sich nach seiner Berühru«Frédéric?», flüsterte sie.
    «Oui, ma petite?», erwiderte er sanft.
    «Küss mich», forderte sie atemlos. Sie spürte, wie ihr die Hitze ins Gesicht schoss. Nie hätte sie gedacht, dass sie es sich trauen könnte, so etwas zu sagen. Aber ihre Welt war auf den Kopf gestellt, die alte

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