Elfenkrieg
Höhlenausgang. »Ja«, sagte er und schien selbst darüber überrascht. »Das ist es.«
Am nächsten Tag waren er und die Priesterin verschwunden.
Er musste wirklich einen großartigen Anblick bieten: bis zu den Knöcheln im Matsch steckend und eine weiße Hochzeitsschleppe um die Hüften gebunden. Hoffentlich beeilte sich Vinae bei ihrer Unternehmung, etwas für ihn zum Anziehen zu finden. Sie war bereits Ewigkeiten weg, und da er nun einmal ein ungeduldiger Elf war, stapfte er ihr seit einer Stunde hinterher – durch ein Moor, das einfach nicht enden wollte.
Die Kühle der Nacht tat seinem glühenden Körper zwar gut, doch Vinae konnte nichts gegen das Brennen in seinem Inneren ausrichten, den Wunsch, endlich mit ihr über die vergangenen Ereignisse zu sprechen.
Sie war ihm aus dem Weg gegangen mit der Begründung, sie könne nicht mit ihm sprechen, solange er nackt sei, und da er sie kaum hatte zwingen können, bei ihm zu bleiben, war ihm nichts anderes übriggeblieben, als sie gehen zu lassen.
Anfangs war Ardemir diese Idee gar nicht so schlecht erschienen. Er hatte gemeint, etwas Zeit für sich würde ihm helfen, seine Gedanken zu sortieren, doch da hatte er sich gehörig getäuscht. Er wollte sich überhaupt nicht mit seiner Veränderung beschäftigen, nicht, ehe er wusste, wie es in Vinae aussah, wie es um ihr Herz bestellt war. Sein Ausflug in die Welt der Drachen erschien ihm im Vergleich dazu weniger wichtig, auch wenn er noch hin und wieder meinte, eine fremde Stimme in seinem Kopf zu vernehmen – einen Befehl, der nicht richtig zu ihm durchkam.
Ardemir wollte gar nicht wissen, was ihm noch bevorstand, aber was auch immer es war, er würde Vinaes Hilfe brauchen. So viele Frauen waren in sein Leben getreten und wieder gegangen, er war von einer Liebschaft zur nächsten gezogen, doch keine von ihnen hatte ihm das Gefühl gegeben, nach Hause zu kommen. Vinae war seine beste Freundin, eine Gesprächspartnerin, bei ihr musste er sich nicht verstellen, und gleichzeitig gelang es ihr, sein Herz ins Stolpern zu bringen. Wieso hatte er es nicht schon früher verstanden? Hatte es an dieser unsäglichen Begegnung mit der Nebelpriesterin in Derial gelegen? Schließlich hatte er Vinae nur beschützen wollen, vor sich, seinen Gefühlen, seiner Unfähigkeit, die Kontrolle über sich selbst zu behalten. Daran hatte sich auch jetzt nichts geändert – er wollte sie immer noch vor dem bewahren, was da in seinem Inneren schlummerte, aber nicht um jeden Preis. Nicht um den Preis, sie zu verlieren – sie an Daeron zu verlieren.
Oder war es dafür bereits zu spät? Hatte sich vielleicht auch dieser Grogon längst zwischen sie gedrängt, während Ardemir zu beschäftigt gewesen war, sich nicht in einen Drachen zu verwandeln? Er musste endlich die Antworten kennen und konnte keinen weiteren Moment mehr warten.
Eine Art innerer Kompass musste ihn wohl geleitet haben, denn als Ardemir sich durch das Moor gekämpft hatte, gelangte er plötzlich an einen Fluss. Es war, um genau zu sein, ein nicht sehr breiter Wasserstreifen, der sich dunkel unter den herabhängenden Zweigen des Waldes hindurchschlängelte.
Mit wild klopfendem Herzen schob Ardemir die letzten Äste beiseite und trat aus dem Dickicht ans schlammige, leicht abfallende Ufer. Die Hochzeit, seine Zeit als Drache, das ständige Drängen in seinem Inneren, einer fremden Stimme zu gehorchen, all das verschwand beim Anblick von Vinaes weißemRücken, auf dem sich das pechschwarze Haar bis zu den Ansätzen des im Wasser verborgenen Pos wie Rabenfedern ausbreitete. Ihre Hände tauchten in das dunkle Nass und strichen über ihren in Mondlicht gehüllten Körper. Wie eine Decke umschmeichelte sie der schwarze Teppich des Flusses, auf dem das fahle Licht bei jeder ihrer Bewegungen tanzte, als wolle es ihre Schönheit betonen.
Aus den Augenwinkeln erkannte Ardemir das weiße Funkeln ihres Kleides auf einem der Beerensträucher zu seiner Seite, doch sein Blick blieb starr auf Vinae gerichtet.
Jeder Muskel seines Körpers war wie eine Bogensehne gespannt, seine Finger gruben sich in die Handflächen, und doch wagte er es nicht, sich bemerkbar zu machen.
Er fürchtete, sie zu erschrecken. Mit nur einem Wort könnte dieser Moment zu Ende gehen. Solange sie ihn nicht bemerkte, durfte er glauben, sie wären einfach Liebende. Doch wenn sie in seine Richtung blickte und zurückschrak, bräche die Realität über ihn herein.
Er durfte sie jetzt nicht verlieren, er konnte
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