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Elfenmeer: Roman (German Edition)

Elfenmeer: Roman (German Edition)

Titel: Elfenmeer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabrina Qunaj
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Kopf und schob die Tür weiter auf. Fahles Tageslicht, das durch die verglaste Galerie hereinfiel, erhellte den Raum. Meerjungfrauen, tanzende Elfen, prächtige Segelschiffe und gefährlich aussehende Fische zierten die Holzvertäfelungen. Welch wunderbare Arbeit, stellte Liadan nicht zum ersten Mal fest, und sie war sich sicher, dass sich das Schiff ursprünglich in Rinieler Hand befunden hatte. Wie, wenn nicht durch Raub, sollten einfache Piraten an solche Kunstwerke gelangt sein?
    Vor der Galerie befand sich ein schwerer Holztisch, an demzehn Elfen Platz gefunden hätten, doch im Moment befanden sich nur zwei Stühle dort. Neben einem von ihnen stand der Korallenfürst und blickte ihr entgegen. Genau wie bei ihren letzten Begegnungen trug er sein dunkelgoldenes Haar zu einem Zopf geflochten, was das kantige Kinn mit der Kerbe darin hervorhob. Auch bevorzugte er es immer noch, seinen Oberkörper lediglich in eine ärmellose Weste zu hüllen, die er an der Brust offen ließ. Seine langen Beine steckten in schwarzen Hosen, welche die schmalen Hüften und den stählernen Bauch betonten. Ein ums andere Mal fiel Liadan die zerknittert aussehende Haut auf, die sie schon bei so manchem Seefahrer gesehen hatte. Als wäre sie von Narben gezeichnet, was im Grunde auch der Wahrheit entsprach. Nur waren die Narben keine Verletzungen, sondern den Jahrhunderten unter gleißender Sonne, Salz und Wind geschuldet.
    Schweigend hieß sie der Korallenfürst ihm gegenüber Platz zu nehmen, und er wartete, bis sie saß, ehe auch er sich niederließ. Eine Weile sah er sie mit seinen silberfarbenen Augen an, und obwohl es Liadan schwerfiel, seinem Blick standzuhalten, ließ sie sich ihre Beunruhigung nicht anmerken. Stattdessen konzentrierte sie sich darauf, jede Einzelheit seiner Augen zu studieren. Das Silber färbte nicht nur den Bereich um die Pupille, sondern hatte sich auch in etwas abgeschwächter Form im Weiß der Augen ausgebreitet. Ein Nebeneffekt des verantwortungslosen Umgangs mit der Magie, wie Liadan mittlerweile wusste. Beim Feuerprinzen hatte sie Ähnliches in den roten Augen entdeckt.
    Eine Handbewegung des Korallenfürsten war die erste Regung seit einigen langen Momenten, und Liadan erkannte, dass er ihr einen Kelch Wein einschenkte. Ihr Blick fiel auf die feingliedrigen Finger, und sie bemerkte, dass seine Hände sehr groß waren, wenn auch schlank und sehnig. Kein Schmuckzierte sie, was für die stolzen Piraten eher ungewöhnlich war. Ob es ihr wohl gelingen würde, dem Korallenfürsten das Pulver ihres Schattenkristalls in den Wein zu mischen? Wenn der Korallenfürst die Macht der Magie verlor, dann würde er auch die Macht über das Meer verlieren. Er könnte nie wieder zu seinem Unterwasserpalast zurückkehren und wäre den Gezeiten und Winden genauso hilflos ausgeliefert wie jeder andere auch. Vielleicht sollte sie einen Versuch wagen …
    Ein Prickeln im Nacken breitete sich zu einem Schauer aus, der ihren ganzen Körper überzog, und als Liadan aufblickte, bemerkte sie, dass der Korallenfürst sie genau beobachtete. Ob er ihre Gedanken erraten konnte?
    Gelassen erwiderte sie seinen Blick, griff nach dem Kelch und trank von dem leicht säuerlichen Wein, ohne den Korallenfürsten dabei aus den Augen zu lassen. Seine Miene blieb unbewegt, während er sie ansah, und Liadan kam der Gedanke, ob er gar ihren Wein vergiftet hatte. Schließlich hatte sie gerade selbst diese Möglichkeit erwogen. Doch welchen Nutzen hätte der Korallenfürst davon? Er brauchte sie lebendig.
    »Das Schicksal der Menschen scheint Euch nicht gleichgültig zu sein«, brach er dann so unvermittelt das Schweigen, dass Liadan überrascht die Augenbrauen in die Stirn zog. Sie stellte den Kelch nieder und faltete ihre Hände auf dem Tisch. Offensichtlich hatte der Korallenfürst erkannt, dass es einiges gab, was ausgesprochen werden musste. Sie wartete gespannt, ob noch weitere Worte folgen würden, und sah ihm fest in die Augen.
    Einen Moment lang erwiderte er ihren Blick mit prüfender Intensität und schließlich fuhr er fort: »Es fällt mir schwer nachzuvollziehen, dass Ihr einerseits die Versklavung der Menschen billigt und andererseits das Blut von ihren Leibern wascht.«
    Liadan rührte sich nicht und schwieg weiterhin. Es wäre sinnlos, einem Piraten Politik erklären zu wollen. Für Elfen wie ihn war alles so einfach. Er fuhr hinaus aufs Meer und ließ sich den Wind durchs Haar wehen, immer weiter der Freiheit entgegen. Er wusste nicht,

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