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Elfenschiffe (Mithgar 03)

Titel: Elfenschiffe (Mithgar 03) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis L. McKiernan
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zu werden, doch sie bewegte sich nicht von der Stelle. Überall ringsumher veränderten sich die Wände des Schlosses, bewegten sich, zitterten. »Halte aus, Jinnarin!«, rief sie. »Nur noch einen Moment länger.«
    Das glitzernde Gemach verlor seine Glätte, wurde unregelmäßig und scharfkantig und gezackt, so als ob…
    Eine Woge des Grauens überkam sie, und in der Ferne veränderte sich das schwarze Schiff.
    Jinnarin ächzte, und auf ihrer Stirn bildete sich Schweiß.
    »Nein, Jinnarin!«, rief Aylis, deren eigenes Herz in ihrer Brust wie verrückt schlug. »Flieh nicht, noch nicht.«
    Plötzlich verwandelte sich das schwarze Schiff in eine riesige schwarze Spinne, die über das wogende grasgrüne Meer auf sie zukam. Eine grauenhafte Furcht bemächtigte sich Aylis, Entsetzen erfüllte ihr ganzes Wesen und lähmende Angst kroch in ihre Glieder. Aus ihrer Kehle drang ein Heulen, ein wortloser Schrei.
    Jinnarin schrie und schrie…
    Und von irgendwoher rief Weiße Eule: »Flieh, Lichtschwinge!«
    Die Wände begannen zu beben, verblassten dann und lösten sich auf.
    Ein Tunnel öffnete sich. »Lauf!«
    Aylis lief hinein, von blinder Furcht getrieben, während sie immer noch heisere Schreie ausstieß. Eine schwarze Wand hüllte sie ein und drückte sie nieder…
    … und ihr wildes Geschrei erfüllte die Hütte. Aravan hielt sie fest, während Aylis um sich schlug, die Augen im blicklosen Wahn weit aufgerissen, und Jinnarins Schreie im allgemeinen Lärm untergingen.
    Plötzlich sackte Aylis leblos in sich zusammen.
    Doch Jinnarin war wach und rief nur immer wieder schluchzend, »Oh. Oh. Oh«, während sie sich an ihre Furcht erinnerte.
    Aravan zog die Pysk sanft zu sich heran, und sie kletterte seine Armbeuge empor, drückte sich an ihn und klammerte sich auf der Suche nach Trost ganz fest an ihn. Sie hatte die Augen weit aufgerissen, sah jedoch nichts, da das Entsetzen ihre Sicht verhüllte. Und Aravan hielt Aylis und Jinnarin ganz fest und wiegte sie sanft hin und her, denn er wusste, mehr konnte er im Moment nicht tun. Plötzlich schlug Aylis die Augen auf, und sie holte tief Luft, als wolle sie schreien. »Schsch, schsch«, beruhigte Aravan sie. »Du bist in Sicherheit, Chieran. Du bist in Sicherheit.«
    Sie sah ihn an, und ihr Blick war nicht mehr irr. »Ontah«, keuchte sie, während sie sich aus seiner Umarmung zu befreien versuchte, »geht es ihm gut?«
    Aravan ließ Aylis los, und auch Jinnarin kletterte herunter. Gemeinsam schauten sie nach dem alten Mann.
    Er lag auf dem Rücken, ohne sich zu bewegen, ohne zu atmen, Arme und Beine abgeknickt, als sei er eine zerbrochene Puppe. Aylis warf sich förmlich zu Boden, legte ein Ohr auf seine Brust und horchte… horchte… und stöhnte dann schließlich: »Ach, nein, nein, nein…«
    Mit Tränen in den Augen erhob sie sich auf die Knie und kauerte sich dann auf die Fersen. »Er ist tot. Weiße Eule ist tot.«
    Ontah lag vor ihr, die Augen vor Schreck geweitet, den Mund in einem lautlosen Angstschrei verzerrt. Der alte Mann war von einem Traum getötet worden.

15. Kapitel
    ABSCHIEDE
     
    Herbst, 1E9574
    [Die Gegenwart]
     
    Ein kalter Wind wehte, als Aylis und Aravan als Teil der stummen Prozession der Waldbewohner über den heiligen Boden in einem Gehölz aus Silberbirken schritten. Überall ringsumher standen luftige Plattformen auf hohen Pfählen. Auf diese Gerüste wurden die verhüllten sterblichen Überreste der Toten gelegt. Die Hüllen selbst waren zerfleddert und von Wind, Regen und Sonne gebleicht. Stellenweise waren sie vollkommen verschwunden, und gelbliche Knochen ragten daraus hervor. Schließlich kam die Prozession vor einer neu errichteten Plattform zum Stillstand, und der von Kopf bis Fuß in zeremonielle Tücher gehüllte Leichnam Ontahs wurde auf die ebene Fläche auf den Stangen gehievt. Ontahs Bestattungsurne entnahm der Häuptling vier Büschel Eulenfedern, Daunen, die Ontah persönlich schon vor langer Zeit für eben diesen Tag dort aufbewahrt hatte. Während der Clan leise sang, legten der Häuptling und drei andere Personen jeweils eines der daunenweichen Büschel locker auf jeden Eckpfosten, denn die Waldbewohner glaubten, dass die Seele jedes Menschen von Totemgeistern in die Nachwelt geleitet wird – in Ontahs Fall würden ihn Eulen in das Land Über Allem bringen –, und wenn sie kamen, würde der Luftzug ihrer Flügel die Daunen fortwehen und Ontahs Seele würde in den Himmel getragen.
    Praktisch noch während sie die Büschel

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